Notizen einer Verlorenen
mit einem seiner hässlichen Hunde an der Leine. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.
»Was wollen Sie?«, fragte ich.
»Wir haben lange nichts mehr von Ihnen gehört.«
Er setzte seinen Fuß über meine Schwelle und zog den Hund mit. Vollkommen verdutzt ließ ich ihn eintreten.
»Odin! Platz!«
Damit positionierte er das Tier vor meiner eigenen Wohnungstür, die er hinter sich zuzog. Von da an wusste ich, dass es ein großer Fehler gewesen war, Buchheim überhaupt in meine Wohnung zu lassen.
»Nun wissen Sie ja, dass ich noch hier bin«, sagte ich und beobachtete ihn, wie er durch mein Wohnzimmer schritt und mit herablassendem Blick meine Privatsachen musterte.
»Hübsch, hübsch«, meinte er ironisch. Langsam kam er auf mich zu und blieb nur wenige Zentimeter vor mir stehen. »Wir sehen es nicht gerne, wenn sich eins unserer Mitglieder so selten blicken lässt. Wenn Alexander in einer Anwandlung von Unzufriedenheit eine Weile nicht kommt, habe ich keinerlei Bedenken, aber Ihnen kann ich leider nicht vertrauen.«
»Was wäre denn, wenn ich es täte?«
»Wenn Sie was täten?«
»Zur Polizei gehen oder zur Zeitung zum Beispiel.«
Er spitzte seine Lippen wie in Zeitlupe und es entstand eine angespannte Pause.
»Sie haben einen Schwur geleistet!«, knurrte er dann.
»Ich weiß, ich habe auch nicht gesagt, dass ich es tun werde.«
Sein Tonfall wurde bedrohlich. »Das würde ich Ihnen auch nicht raten!«
Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei dachte. Ich wollte mir seinen Auftritt in meiner Wohnung nicht ohne Weiteres gefallen lassen, deshalb provozierte ich ihn ein wenig.
»Was sollte mir denn geschehen? Wir sind doch sowieso alle so gut wie tot. Womit wollen Sie mir also drohen?«
Mein Herz raste, als ich das sagte und mit einem mulmigen Gefühl merkte ich, wie Wut in ihm aufstieg und er sich immer mehr beherrschen musste.
»Ich glaube, Sie können sich gar nicht vorstellen, was Ihnen alles zustoßen könnte«, sagte er gepresst. »Abgesehen davon, dass Sie bei den Vorbereitungen für einen angekündigten Selbstmord teilgenommen haben. Es sind zwei senile alte Leute, denen nicht klar war, was sie sagten. Ihre Manipulation der Wohnwagenheizung ... So etwas nennt man Mord!«
Dann drehte er sich um und schlenderte wieder mit seinen Schuhen auf meinem sauberen Hochflorteppich umher. Sein Blick blieb an den zwei Kissen auf meinem ausgezogenen Schlafsofa haften.
»Hier haben Sie also mit Alex geschlafen?«
»Möglich!«
»Und …«, er grinste unausstehlich, als er vor dem Sofa stehen blieb, »… wie ist er so?«
»Das geht Sie gar nichts an! Und jetzt möchte ich, dass Sie gehen!«
»So, das möchten Sie also gern?«
Dreckig lachend setzte er sich mit seinem Hintern auf unser Bett und wippte auf und ab. Das Bett, auf dem nur Alex und ich Platz hatten, auf dem wir uns liebten und uns so nahe waren. Nun kochte in mir Wut hoch und ich versuchte, ebenso dreckig zu lachen, wie er.
»Sie auf diesem Bett – das wirkt geradezu lächerlich!«
Seine Lache verebbte mit jedem meiner Worte ein bisschen mehr und was übrig blieb, war das boshafte Antlitz eines gekränkten Machos.
»Odin! Achtung!«, befahl er unvermittelt.
Misstrauisch beobachtete ich den Hund an der Tür, der bei seinen Worten aufsprang und die Ohren spitzte, als wartete er auf den Befehl, mich zu zerreißen. Alarmiert wich ich zurück und suchte mit den Augen nach einer geeigneten Waffe, mit der ich auf den Hund eindreschen könnte, aber da war nichts in greifbarer Nähe. Eine Tischleuchte? Ein Rucksack? Ein Stuhl? Ein Stuhl kam noch am ehesten infrage. Oder ich müsste es bis zur Küche schaffen, um mir ein Fleischmesser zu greifen. Ich bereute es nicht zum ersten Mal, dass ich keine richtige Waffe im Wohnzimmer aufbewahrte.
Auf meinem Rückzug vor dem Hund, stieß ich rücklings gegen etwas und sah, dass es Buchheim war, der aufgestanden war. Plötzlich packte er mich am Hals und warf mich mit Wucht auf das Bett. Noch ehe ich mich rühren konnte, fixierten seine Knie meinen Körper.
»Hör zu, du kleines Miststück! Ich finde das nicht witzig!« Sein Griff war wie eine Zange, als wäre seine Hand aus Stahl. Hektisch wehrte ich mich dagegen und trat um mich. Neben uns am Bett sah ich den Hund kläffen. Mit meinem Strampeln erreichte ich gar nichts. Buchheim warf sich auf mich und das Gewicht seines Körpers machte mir Abwehrbewegungen unmöglich.
»Hast du verstanden?«, drohte er laut.
Ich stöhnte auf und röchelte unter
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