Notruf 112
Anweisungen Schritt für Schritt zu folgen. Solch eine Reanimation kann durchaus mal zehn Minuten dauern. Das ist sehr belastend – für den Ersthelfer, für den Disponenten und den Rest der Leitstelle, die zehn Minuten lang auf den Kollegen verzichten muss, weil der am Telefon blockiert ist.
In diesem Fall ist die Telefonreanimation nicht notwendig. Denn unser Kollege überreißt in Sekundenschnelle, dass genug offensichtlich fachkundige Ersthelfer vor Ort sind und schon reanimieren. Und dass der Rettungswagen auf dem Weg nach Fürstenfeldbruck in unmittelbarer Nähe des Sportplatzes sein muss. Genau so ist es!
Sofort leitet der Funksprecher den Rettungswagen um. Nur eine Minute später sind die Kollegen vor Ort, beginnen sofort mit dem Elektroschock. Mit großem Erfolg: Noch bevor der nachgeforderte Notarzt eintrifft, ist der Fußballspieler schon wieder bei Bewusstsein und ansprechbar und wird dann mit eigenem Herzschlag ins Krankenhaus transportiert. Ein weiteres schönes Beispiel für die Unersetzlichkeit erfahrener Disponenten. Keine noch so moderne Technik kann ihn ersetzen. Glückwunsch, Kollegen, das war eine reife Leistung.
Der Notfalleinsatz nach Fürstenfeldbruck wurde unterdessen selbstverständlich von einem anderen Fahrzeug übernommen.
Die gelbe Gefahr
Dass in einer Justizvollzugsanstalt (JVA) besondere Regeln gelten, ist klar. Wie weit das Repertoire der denkbaren Befreiungsszenarien tatsächlich geht, weiß ich seit jenem denkwürdigen Tag, an dem ich einem in Lebensgefahr schwebenden Häftling der JVA eine Blitzrettung ermöglichte. Nicht ahnend, dass ich damit einen Großalarm in Münchens größter Haftanstalt auslösen würde.
In seiner Zelle im Untersuchungsgefängnis Stadelheim hatte sich der Mann mit einem Kleidungsstück massiv stranguliert. Die Beamten hatten ihn gerade noch rechtzeitig gefunden. Atmung und Kreislauf waren jedoch instabil. Der Häftling benötigte auf der Stelle die Hilfe des Notarztes.
Noch während des Notrufs aus der JVA sah ich auf dem Statusbildschirm der gerade verfügbaren Münchner Rettungsflotte, dass sich der Notarzt und sein Team im Rettungshubschrauber »Christoph 1« soeben ohne Patient auf dem Rückflug zu ihrem Standort im Krankenhaus München-Harlaching befanden – zufällig gerade keinen Kilometer mehr von Stadelheim entfernt!
Ein Glücksfall für meinen Patienten, fand ich und leitete den Gelben Engel sogleich nach Stadelheim um. Keine Minute nach dem Notruf landete der Hubschrauber mit dem üblichen Getöse im Gefängnis-hof. Die Reaktion auf diese zeitliche Glanzleistung fiel allerdings ganz anders aus, als ich erwartet hatte. Die Torwachen hatten nämlich einen ganz normalen Notarztwagen von der Straße erwartet und kamen gar nicht auf die Idee, dass der Hubschrauber etwas mit dem Notfall zu tun haben könnte. Wir waren wohl einfach zu schnell gewesen.
In Sekundenschnelle lösten die Vollzugsbeamten daher den Notfallplan für eine mögliche Häftlingsbefreiung aus der Luft aus. Türen schlossen sich daraufhin wie von Geisterhand, überall gingen Signale los, die unser leicht irritierter Notarzt überhaupt nicht deuten konnte. Nachdem die »gelbe Gefahr« jedoch keinerlei kriminelle Aktivitäten zeigte, entspannte sich die Lage wieder und das Rettungsteam wurde zum Patienten geführt. Wenig später startete der Hubschrauber mit dem mittlerweile stabilisierten Patienten in Richtung Klinik.
Seit jenem denkwürdigen Einsatz erscheint vor jeder Alarmierung für das Gefängnis Stadelheim auf unseren Bildschirmen unübersehbar ein blauer Button mit der sehr klaren Dienstanweisung: »Wird die Integrierte Leitstelle bei einem Notfall in einer JVA mit dem Hubschrauber tätig, so muss folgende Nummer vorher zwingend ohne Ausnahme angerufen werden: …« Noch deutlicher geht es ja wohl nicht.
Mich wundert es übrigens gar nicht, dass ein Justizvollzugsbeamter einen ADAC-Rettungshubschrauber mit der Aufschrift »Notarzt« nicht sofort erkannt hat. Es soll auch schon Feuerwehrführungskräfte gegeben haben, die den Gelben Engel mit der Aufschrift ADAC irrtümlich als »Pannenhubschrauber« bezeichnet haben. Aber das wäre auch wieder eine andere Geschichte …
Superlative
Was haben die überfällige Steuererklärung, der Zahnarztbesuch und der lästige Gang zum Amt gemeinsam? Sehr einfach: Man kommt nicht drum herum. Man weiß es natürlich schon lange vorher und versucht doch jedes Jahr aufs Neue, den Zeitpunkt für die ungeliebte Aufgabe so lange wie
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