Notruf 112
irgend möglich hinauszuzögern. So verhält es sich auch mit der unausweichlichen Statistik – einer Fronarbeit, die an jedem Jahresende so sicher auf uns niederkommt wie der erste Schnee.
Wenn das Zahlenwerk dann aber fertig gedruckt vor einem liegt – dann sind wir schon ein bisschen stolz, was wir von der Integrierten Leitstelle in den letzten zwölf Monaten für die 1,7 Millionen Bürger dieser Stadt und des angrenzenden Landkreises so alles geleistet haben. Kleiner Einblick in die Hitliste unserer Superlative gefällig? Bitte sehr:
Die Disponenten der Integrierten Leitstelle haben zum Beispiel im Jahr 2011 rund 920.000 Notrufe und Anfragen auf insgesamt 31 ISDN-Leitungen entgegengenommen. Das entspricht einem Durchschnitt von etwa 2500 Anrufen pro Tag. Rund 475.000 Gespräche waren Notrufe und weitere 116.000 betrafen Krankentransporte. Aus der Flut dieser Anrufe entwickelten sich zirka 420.000 echte Einsätze. Unsere Notärzte rückten rund 50.000-mal aus. Die Kindernotärzte versorgten etwa 2330 kleine Patienten, weitere 330-mal wurde die Hilfe des Neugeborenennotarztes benötigt. Unsere Besatzungen der Rettungswagen eilten zirka 15.000-mal zu Hilfe und der ADAC-Hubschrauber »Christoph 1« startete knapp 1900-mal zum Rettungseinsatz aus der Luft.
Von insgesamt rund 4500 Brandalarmen waren 1907 echte Brände. Zwölf davon wurden als Großbrände eingestuft. Etwa 660 Menschen haben unsere Kollegen in zum Teil hochdramatischen Wettläufen gegen Flammen und Rauch retten können.
Die restlichen knapp 500.000 Anrufe entfielen auf Vermittlungen zur Polizei oder zur Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns sowie Beratungen, Dokumentationen oder Verständigung anderer Behörden …
Zirka 92 Millionen Euro ließ sich die Stadt im Jahr 2011 unseren Full-Service rund um die Uhr kosten. Abzüglich aller Einnahmen und dividiert durch die rund 1,4 Millionen Bewohner mit Hauptwohnsitz in unserer Stadt, ergab sich letztlich ein Betrag von ungefähr 15 Cent pro Tag und Bürger. Dafür gibt es am Kiosk draußen maximal eine Lakritzschnecke.
Nicht schlecht, oder?
Tücken der Technik
Wie das immer so ist mit Pannen: Hinterher kann man darüber meistens lachen. Im jeweiligen Moment jedoch haut es dich fast um vor Schreck. So war das auch mit unserem totalen Stromausfall in der Anfangszeit der Integrierten Leitstelle München. Ein Stromausfall ist das Schreckensszenario Nummer eins in jeder Einsatzzentrale. Kurz nach der Inbetriebnahme unserer großen neuen Zentrale musste damals während des laufenden Betriebs die Stromversorgung erweitert werden. Selbstverständlich unterbrechungsfrei. Das war ja klar. So hatten wir uns das jedenfalls vorgestellt.
Man schickte uns also eine Fachfirma ins Haus. Pünktlich um 9.30 Uhr verschwand der Monteur im Schaltraum und ließ sich per Handy erklären, wo er was abschalten sollte. Dann kamen die Hauptschalter dran: »Hauptschalter links auf Aus stellen.«
Das tat er. Nur dass er dabei den linken Hauptschalter auf der rechten Seite erwischte. Mit fatalen Folgen: Der Mann hatte mit einem Schlag unsere Stromversorgung lahmgelegt!
Mit leisem Summen verabschiedete sich das System des gesamten Einsatzleitrechners. Ein Bildschirm nach dem anderen wurde schwarz. Wir schauten uns an wie die Kühe, wenn es blitzt und donnert. Scheiße!
Der kleine Irrtum mit der verheerenden Wirkung hatte uns von einer Sekunde zur anderen in die blaulichttechnische Steinzeit zurückkatapultiert. Immerhin funktionierten die Telefone noch …
In der Integrierten Leitstelle der Berufsfeuerwehr München gehen an jedem neuen Tag und rund um die Uhr etwa 2500 bis 3000 Anrufe ein. Ein hoher Prozentsatz davon sind Notrufe von Bürgern, die auf der Stelle unsere Hilfe benötigen: ein Mensch mit akuten medizinischen Problemen vielleicht. Ein schwerer Unfall. Oder ein Brand, den wir so schnell wie möglich in den Griff bekommen müssen. Weil es um Menschenleben, um eine Wohnung, das Haus einer Familie, eine Firma oder wertvolle Sachwerte geht, die wir retten könnten, wenn uns der Notruf rechtzeitig erreicht. Es ist daher immer und unter allen Umständen unser oberstes Gebot, dass kein einziger Notruf verloren geht. Selbst dann, wenn uns ein umnachteter Techniker mal eben den Saft abgedreht hat.
Von jetzt auf gleich waren die Kollegen damals auf elementarste Hilfsmittel zurückgeworfen: nämlich auf Papier und Bleistift. 20 schier endlose Minuten lang wurde jeder Anruf nun stichwortartig handschriftlich notiert. Wenn
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