Notrufsender Gorsskij
muß ich Ihnen überlassen. Deshalb bin ich gekommen.«
Ich schaute Dr. Beschter an. Im gleichen Augenblick betrat Professor Dr. Gargunsa den großen Raum, der unterdessen von den weniger beteiligten Personen verlassen worden war. Wir waren unter uns.
»Wie geht es dem Kleinen, Professor?« überfiel ich den Tibeter mit meiner Frage. Er winkte beruhigend ab.
»Gut. Ich habe ihn unter Kontrolle. Die Schockeinwirkung ist beseitigt; die Oberarmfraktur dürfte in drei Tagen verheilt sein. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich darf Ihnen Grüße ausrichten. Ihr Freund ist hypnomechanisch beruhigt worden. Er wird zehn Stunden traumlos schlafen.«
»Das ist mir recht. Danke, Professor. Konnte er sich noch zu den Dingen äußern?«
Der asketisch wirkende Mann nahm Platz. Heute trug er wieder die gelbe Robe seiner Glaubensbrüder. Der kahlgeschorene Kopf glänzte im Schein der Kunstlichtröhren.
»Ja, sogar exakt. Major Utan bestätigt Ihre Aussagen. Er konnte sich im letzten Augenblick gegen den paraenergetischen Druck wehren und eine übermäßige Beschleunigung seines Körpers verhindern. Es steht fest, daß dieses Mädchen mit Hilfe eines durch Geisteskraft aufgebauten Esper-Feldes hoher Intensität arbeitete. Sie war sehr stark und weit über die erste Psi-Stufe hi nausgewachsen.«
»Eine Drittkläßlerin, nicht wahr?« erkundigte sich Beschter.
Der Tibeter nickte. Er beherrschte selbst beachtenswerte Dinge. Vor vielen Jahren war es ihm nach der Entdeckung der unterlunaren Marsstädte erstmals gelungen, die komplizierten Schlösser der Panzertüren zu öffnen. Sie reagierten nur auf eine telepathische Impulsgebung, die für die ausgestorbenen Marsianer selbstverständlich gewesen zu sein schien.
»Ja. Sie war bereits in den Bereich der Telekinese vorgedrungen. Sie sollten ausgeschaltet werden, denn nur Sie und Hannibal können diesen Leuten die Stirn bieten.«
»Sie bestätigen meinen schlimmsten Verdacht, Professor.«
»Ich bin leider dazu gezwungen. Es erscheint sicher, daß die Mutantengruppe, denn nur um eine solche kann es sich infolge der Geschehnisauswertung handeln, über die beiden übersinnlich begabten GWA-Schatten informiert ist. Menschen dieser Art besitzen grundsätzlich ein extrem logisches Denkvermögen. Eine fast abartige Gefühlskälte ist eine typische Begleiterscheinung.«
Ich hörte mich gegen meinen Willen bezeichnend hüsteln. Gargunsa schaute mich aus seinen unergründlichen, tiefliegenden Augen an. Sie schienen wie soeben anbrennende Holzkohlen von innen heraus zu glühen.
»Sie brauchen sich nicht angesprochen zu fühlen. Sie und Hannibal können von einer solchen Feststellung niemals betroffen werden. Sie sind – verzeihen Sie – herangezüchtete Modifikationen, nicht aber leibliche Abkömmlinge strahlungsgeschädigter Eltern. Wären Sie es, würde ich jetzt nicht in aller Ruhe zu Ihnen sprechen können, denn Sie und Hannibal hätten längst den Weg eingeschlagen, den die sibirischen Entarteten bereits beschritten haben.«
»Sie vergessen noch jemand!« warnte ich, obwohl ich wußte, daß Gregor Gorsskij über die Existenz der ebenfalls natürlich gezeugten Mutantin Kiny Edwards nicht in allen Einzelheiten informiert war.
Das Mädchen war im Juni 1992 auf dem Mond als Kind eines strahlungsgeschädigten Ehepaares geboren worden. Wir hatten sie nach dem Tode ihrer Eltern adoptiert, ihr eine vorzügliche Ausbildung gegeben und sie systematisch geschult. Nunmehr war Kiny achtzehn Jahre alt; so alt wie die Unbekannte wahrscheinlich gewesen war.
Gorsskij horchte sofort auf.
»Was?«
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