Notrufsender Gorsskij
Faktor nach dem anderen ab. Ich absorbierte ihn gewissermaßen und löschte ihn aus, wie man eine Schiefertafel abwischt.
Nach einigen Minuten hörte das qualvolle Stöhnen auf. Wenig später schaute er mich aus klaren Augen an, in denen lediglich noch eine normale körperliche Erschöpfung abzulesen war.
»Danke«, sagte er stockend. Seine Lider zuckten unter den Nachwirkungen der unheimlichen Kräfte. »Danke, Konnat, das war höchste Zeit. Ich wollte nach Ihnen rufen, aber ich konnte es nicht. Die Zwerge waren stärker. Danke. Ich wäre sicherlich wahnsinnig geworden.«
»Leute von Ihrer Art sollte man sofort eliminieren«, vernahm ich Gorsskijs Stimme.
Ich drehte den Kopf.
Zitternd und aschfahl stand er neben einem elektronischen Rechner, an den er sich anklammerte.
»Töten sollte man Sie, aber sofort.«
»Fangen Sie damit bei den von Ihnen indirekt erzeugten Mutanten an«, antwortete ich gelassen. »Gorsskij, Sie sollten wissen, daß mein Kollege und ich normalempfindende Menschen waren, die anschließend zu Modifikationen gemacht wurden. Das ist sicherlich die Ursache für unsere tadellose Haltung und für unsere sachliche, menschenwürdige Logik. Wir denken nicht daran, jemand zu schädigen. Warum wollen Sie das nicht begreifen? Es ist absolut verkehrt, uns mit natürlich entstandenen, hineingeborenen Geschöpfen zu vergleichen. Ein Mann von Ihren hohen Geistesgaben sollte das zu würdigen wissen.«
»Es ist schon eine Ungehörigkeit und ein Zeichen für Ihre übersinnliche Überheblichkeit, daß Sie mich mit ›Gorsskij‹ anreden«, beschwerte er sich. »Ich bin Ihnen in Rang und gesellschaftlicher Stellung weit übergeordnet. Sie haben mich mit ›Sir‹ oder zumindest mit ›Mr. Gorsskij‹ anzusprechen. Besser mit Sir, denn Sie sind Offizier der GWA.«
Ich musterte ihn lange. Hatte er recht? Ja – er hatte recht! Es war eine Ungehörigkeit, keinesfalls aber eine übersinnliche Überheblichkeit. Ich wollte ihn nicht degradieren und ihn vor sich selbst zum Nichts abstempeln.
»Ich bitte um Entschuldigung, Sir. Es ist mir herausgerutscht. Ich wollte Sie nicht kränken. Selbstverständlich haben Sie ein Anrecht darauf, von mir mit ›Sir‹ angesprochen zu werden.«
Sein Lächeln wirkte zwar noch verzerrt, aber seine Augen schimmerten nun nicht mehr gläsern.
»Danke, mein Herr. Das mußte geklärt werden. Ich bin verunsichert genug. Nehmen Sie bitte etwas Rücksicht. Sie erhalten von mir, meiner Regierung und von der unter meinem Komman do stehenden Organisation jede nur denkbare Unterstützung. Was schlagen Sie vor? Ich muß mich auf Ihr Fachurteil verlassen.«
Karenin stand auf. Seinen Händedruck vergaß ich lange Zeit nicht. Er war die lautlose Äußerung einer tiefempfundenen Dankbarkeit.
Ich lächelte ihm zu. Wir verstanden uns.
Anschließend sprach ich den russischen Abwehrchef an.
»Sir, wir werden den Fall so schnell und exakt wie möglich durchsprechen. Ich bitte um Ihr Erscheinen. Bitte, geben Sie uns alle Unterlagen über die Geschehnisse. Besitzen Sie Aufzeichnungen von Automatkameras über die unglaublichen Diebstähle?«
»Nein, keine einzige. Alle Zahlungen erfolgten völlig legal, weil unsere Beamten nicht mehr bei Sinnen waren. Niemand sah daher einen Grund, irgendwelche Sicherheitseinrichtungen zu aktivieren. Automatgeräte sprachen nicht an. Es war zu gut in Ordnung! Wir tappen in jeder Hinsicht im dunkeln. Wir wissen nicht einmal, wieviel übersinnlich begabte Lebewesen für die Dinge verantwortlich zeichnen. Es können zwei Personen sein, ebensogut aber zehn. Dies annähernd zu beurteilen,
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