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Nottingham Castle, letzte Tuer links

Nottingham Castle, letzte Tuer links

Titel: Nottingham Castle, letzte Tuer links Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leana Wyler
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ihr gegeben hatte. Noch nie in ihrem Leben
hatte es irgendjemand gewagt, die Hand gegen sie zu erheben! Sie wollte
entsetzt sein, verletzt, empört, ihn zum Teufel wünschen und nie mehr
wiedersehen wollen.
    Doch
es gelang ihr nicht vollständig. Weil diese verdammten anderen Bilder auch in
ihrem Kopf herumflatterten wie wild gewordene Schmetterlinge. Der Ausdruck in
seinen Augen, nachdem ihn seine Mutter mit der Wahrheit konfrontiert hatte. Die
alten Brandnarben auf seinem Arm. Das Blut an der Wand, nachdem er wie von
Sinnen auf diese eingedroschen hatte.
    So
sehr sie sich auch bemühte, sie schaffte es nicht, den Schmerz seines Schlages an
ihrer Wange zurückzuholen. Aber sie konnte sehr deutlich spüren, wie sich seine
Küsse dort angefühlt hatten, die weichen Lippen auf ihrer Haut. Und sie hörte
seine Stimme, diesen vollen, dunklen Bariton, der ihren Namen aussprach. Wenn
sie daran dachte, stellten sich sofort ihre Nackenhaare auf und ein wohliger
Schauer kroch ihre Wirbelsäule hinab.
    Verflixt!
    Sie
hackte die Rüben in Stücke, mit so viel Schwung, dass der ganze Holztisch
wackelte.
    Er
ging ihr nicht aus dem Kopf. Was war sie nur für ein abscheulicher Mensch! Da
ließ dieser Grobian Kinder in seinen Kerker werfen, wollte Robin Hood
niedermetzeln und brachte unschuldige Wesen wie Anne dazu, sich das Leben
nehmen zu wollen. Und was machte sie? Dachte daran, wie wunderbar es sich
anfühlte, von ihm umarmt zu werden. Ja, sogar noch viel schlimmer, es fühlte
sich selbst in ihrer Erinnerung noch irrsinnig schön an, wenn er mit ihr
zusammenlag und in sie eindrang!
    Hatte
sie denn gar keinen Stolz im Leib? Wie oft hatte er sie gedemütigt, ausgenutzt,
wie eine Dienstmagd behandelt. Und sie hatte Mitleid mit ihm, nur weil seine
Kindheit nicht ausschließlich aus eitel Sonnenschein bestanden hatte.
    Was
zum Teufel war los mit ihr?
    Viele
hier im Dorf hatten ein viel schlimmeres Schicksal zu tragen! Die waren nicht
mit dem goldenen Löffel ernährt worden, sondern mussten tagtäglich ums blanke
Überleben kämpfen. Und er jammerte herum, weil sein Mütterchen ihm ein wenig
weh getan hatte!
    Susannah
packte die Rübenstücke mit beiden Händen und pfefferte sie in den
bereitstehenden Kochtopf. Dann hackte sie Kräuter, mit der gleichen Wut wie
eben das Wurzelgemüse.
    Sie
hasste sich. Hasste sich für ihre völlig deplatzierten Gefühle ihm gegenüber.
Hasste sich, weil sie anscheinend eins dieser schwachen Weiber war, denen man
nur ein paar schwülstige Worte ins Ohr hauchen musste und schon verloren sie
komplett den Verstand und schmolzen dahin in die starken Arme ihres tapferen
Helden. Dabei hatte sie sich immer für eine eigenständig denkende Frau
gehalten. Eine Täuschung offenbar. Denn sonst würde sie sich freuen, dass er
endlich die Grafschaft verließ und auf hoffentlich nimmer Wiedersehen an den
Hof des Königs verschwand. Statt daran zu denken, wie herrlich sein schweißnasser
Rücken im Kerzenschein schimmerte, nachdem er…
    „Wie
lange gedenkst du mir noch aus dem Weg zu gehen?”
    Die
Stimme ihres Vaters ließ sie ruckartig herumfahren. Sie hatte gar nicht gehört,
dass er ins Haus gekommen war.
    „Ich
war viel unterwegs”, stotterte sie und nahm ein neues Bündel Kräuter in die
Hand.
    „Töchterchen,
verkauf mich nicht für dumm”, sagte er, riss ihr das Grünzeug aus der Hand und
setzte sich ebenfalls an den Tisch. Dann sah er ihr direkt in die Augen. Und
schwieg.
    Susannah
rutschte unruhig auf ihrem Stuhl herum. Es war nun endlich Zeit, ihrem Vater
die Wahrheit beizubringen, das spürte sie.
    „Du
hast recht”, begann sie, „ich war nicht auf Nottingham Castle, um dort jemanden
ärztlich zu versorgen. Also anfangs schon, aber dann…” Sie brach ab, starrte
auf ihre Hände, an denen noch Reste der Kräuter klebten.
    „Beginn
doch ganz von vorne.” Seine Stimme war so weich und entgegenkommend, dass sie
es wagte, weiterzusprechen.
    „Er
ließ mich holen wegen einer Verletzung, als du nicht da warst.”
    „Wieso
nahm er nicht einen seiner Wundenflicker?”, fragte er.
    „Weil
es ein Schnitt im Gesicht war, er hatte offenbar von deinem Geschick gehört,
die Nähte fast unsichtbar werden zu lassen.”
    „Naja”,
brummte ihr Vater, „besser als seine Pfuscher krieg ich das natürlich schon
hin.”
    „Eben.
DA du verreist warst, ging ich statt deiner zu ihm. Ich habe ihn versorgt und
dann eine vorlaute Bemerkung gemacht. Wegen seines Umgangs mit Frauen.”
    Ihr
alter Herr sah auf,

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