Nottingham Castle, letzte Tuer links
völlig ausgeschlossen.”
Sie
verengte die Augen. „Darum geht es doch gar nicht. Natürlich wird es ihr nicht
gelingen. Aber sie nimmt ihr Schicksal in die Hand. Als Frau! Und sie hat recht
damit!”
„Und
du willst ihr nacheifern? Das ist doch lächerlich, du bist viel zu alt.”
Wutschnaubend
rollte sie auf ihn zu. „Ich werde dafür sorgen, dass alles hier den richtigen
Weg geht! Ich werde an den Hof kommen, da kannst du nichts dagegen ausrichten”,
brüllte sie ihn an und reckte ihm eine Faust entgegen. „Und zwar mit Robins
Kopf im Gepäck!”
Sie
war völlig übergeschnappt!
Dass
er so unbeeindruckt dastand, brachte sie endgültig in Rage. Sie fuchtelte mit
den Armen in der Luft herum und schrie aus Leibeskräften. „Er wird
hingerichtet! Hingerichtet! Und deine dreckige Hure mit dazu, darum kümmere ich
mich. Ich habe treue Diener!”
Eadric
fuhr herum, eilte zur Tür und rief die Wachen herbei.
„Treue
Diener”, wiederholte sie lautstark, inzwischen völlig von Sinnen. Das Haar
stand ihr wirr vom Kopf ab, sie wackelte in ihrem Gefährt hin und her. „Die
tun, was ich sage! Das wirst du noch sehen!”
Als
sie die Soldaten herankommen sah, zeigte sie mit ausgestrecktem Arm auf Eadric.
„Er ist gar kein echter Nottingham, ein Sohn der Amme ist er. Der Amme! Ich sage
es euch! Ein nichtswürdiger Bastard!” Sie brach in hysterisches Lachen aus.
„Sie
ist verrückt”, erklärte Eadric mit mühsam ruhig gehaltener Stimme den
Wachleuten. „Sperrt sie in den Kerker.”
Die
Männer nickten pflichtbewusst, ergriffen den Rollstuhl und trugen die zeternde
Frau davon. Er hörte sie noch im Gang laut schreien.
Eadric
war schweißnass. Als sie zur Tür draußen waren, musste er sich erst einmal
hinsetzen. Er hatte seine eigene Mutter – nein, Lady Nottingham, verbesserte er
sich – einsperren lassen. In den Kerker. Wie eine Verbrecherin.
Mit
bebender Hand fuhr er sich übers Gesicht. Sie hatte offenbar völlig den
Verstand verloren. Sympathisierte plötzlich mit Eleonor, die alles daran setzte,
ihren Sohn Richard aus der Gefangenschaft zu holen. Was John fraglos vom Hof
vertreiben würde. Und ihn selbst als dessen Günstling mit dazu. Gut, dass dies
Unterfangen von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, nie im Leben würde
Eleonor so viel Silber aufbringen können!
Er
strich sich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn. Das Zittern seiner Hände
legte sich allmählich. Sie hatte tatsächlich ihr Geheimnis verraten! Nie hätte
er dies für möglich gehalten. Welch glücklicher Zufall, dass sie so außer Rand
und Band war in diesem Moment. Keiner der Soldaten würde ihre Worte ernst
nehmen.
Wer
glaubte schon einer verwirrten alten Frau in einem rollenden Stuhl.
*
Im
Dorf herrschte seit Tagen so viel Aufruhr, dass Susannah kaum Zeit hatte, einen
klaren Gedanken zu fassen. Die immer noch in Gefangenschaft gehaltenen Frauen
fehlten an allen Ecken und Enden. Gemeinsam mit ihrem Vater versuchte sie zu
unterstützen, wo sie nur konnte. Kochte Hafergrütze für die verbliebenen
Kinder, dort, wo die Mutter nicht da war. Versorgte Säuglinge, die jämmerlich
weinten, weil sie aus der vertrauten Umgebung gerissen und plötzlich bei einer
benachbarten Familie untergebracht wurden. Kümmerte sich bis tief in die Nacht
hinein um ganze Scharen von Rabauken, weil die Väter zusammensaßen und
gemeinsam mit den anderen Männern des Dorfes beratschlagten, was zu tun war.
Wenn
sie endlich heimkam, war sie so müde, dass sie wie ein Stein ins Bett fiel, manchmal
sogar noch in ihrer Kleidung, und einschlief, sobald ihr Kopf das Kissen
berührte.
Doch
ewig kam Susannah ihren Gedanken nicht aus, mochte sie sich noch so anstrengen.
Sie hatte eine Schale voll Rüben vor sich stehen und fing an, diese zu schälen.
Da begann es auch in ihrem Kopf zu arbeiten. Irgendwie hatte sie gehofft,
dieses wilde Gemenge aus Gefühlen, Ängsten und Hoffnungen würde sich auf
wundersame Weise von alleine auflösen, aber natürlich war das nicht geschehen.
Stattdessen sah sie ihn wieder vor sich, Nottingham, mit all den unterschiedlichen
Persönlichkeiten, die offenbar in ihm wohnten.
Sie
hatte versucht, ihn zu hassen. Gerade in den letzten Tagen war ihr das in der
Tat nicht schwer gefallen, sah sie doch in fast jedem Haus, welches Leid er
anrichten konnte. An die armen Wachleute hatte sie gedacht, deren Köpfe er am
Tor zum Castle hatte aufspießen lassen, nach einem Überfall durch Robins
Truppe. Und an die Ohrfeige, die er
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