Nottingham Castle, letzte Tuer links
beugte Eadric sich nach
vorne und vergrub seinen Kopf in den Händen.
Warum
nur?
Warum
war ihm nicht einmal ein winziges Stück Glück vergönnt? Er hätte es wissen
müssen. Sich gar nicht erst auf den völlig abstrusen Gedanken einlassen, dass
ihn jemand lieben könnte.
Herrgott
nochmal, was war er nur für ein Narr, dass er auf solche geflüsterten
Schmeicheleien hereingefallen war wie ein törichter Jüngling! Dass er so etwas tatsächlich
geglaubt hatte! Wie hatte er nur für möglich halten können, dass das Schicksal
ihm ein derartiges Geschenk zugestehen würde! Die Liebe einer Frau. Selbst für
eine Nacht war das offenbar zuviel verlangt für einen wie ihn.
Eadric
fuhr sich durch die nassen Haare.
Wieso
war Susannah eigentlich so böse auf ihn gewesen und hatte ihn der Lüge
bezichtigt? War sie dahinter gekommen, dass der Schmuck und das Kleid
ursprünglich als Geschenke für Marian gedacht gewesen waren? Und das hatte sie
derart aus der Haut fahren lassen?
Dabei
hätte er ihr das doch erklären können! Oder neue Stücke für sie anfertigen
lassen, das wäre ein Leichtes gewesen, bereitwillig hätte er so etwas für sie
getan, das Beste und Wertvollste aus dem ganzen Reich hätte er ihr zu Füßen
gelegt.
Er
war aufgewacht, irgendwann vor einigen Stunden, die ihm jetzt wie ein
kindischer Traum erschienen oder wie eins von Cecelyas völlig überzogenen
Märchen.
Das
fahle Licht des Mondes hatte Susannahs Züge unwirklich erscheinen lassen und
doch hatte es sich so richtig angefühlt, neben ihr zu liegen. Völlig natürlich.
Zwei Körper, die sich ineinanderfügten, und die Seelen mit dazu.
Eine
Zeit lang hatte er sie nur betrachtet, ihrem ruhigem Atem gelauscht, der ihren
Brustkorb bewegte. Ihren Mund, der sogar im Schlaf milde zu lächeln schien.
Berauscht war er noch gewesen, von ihrem Leib und von dem gehauchten Satz, dass
sie ihn liebte. So sehr trunken von dieser Ungeheuerlichkeit, dass er
tatsächlich darüber nachgedacht hatte, wie es wohl wäre, mit ihr
zusammenzuleben. Ja, er hatte wahrlich überlegt, den Hof, Marian und sein
gesamtes mächtiges Leben hinter sich zu lassen, um gemeinsam mit ihr
irgendwohin zu gehen.
Mit
einer Frau, die ihn anlog, die niemals auch nur irgendetwas für ihn empfunden
hatte! Er war fürwahr ein Narr, der größte von ganz England.
Und
nun, was war ihm geblieben?
Ein
Aufstieg an den Hof, wo er einer von vielen Emporkömmlingen war und mit den
anderen Speichelleckern um Sir Johns Gunst wetteifern musste. Dazu eine Vermählung
mit der spröden Marian, die ihm bei dieser arrangierten Ehe mit Sicherheit nur
schlecht verhüllte Missachtung entgegenbringen würde. Und eine verrückte
Mutter, über deren weiteren Verbleib er sich noch nicht den geringsten Gedanken
gemacht hatte.
Eadric
zog seinen Dolch, den er immer verdeckt in seinem Wams trug, aus der Scheide
und fuhr mit dem Zeigefinger an der verlockend scharfen Klinge entlang.
Vielleicht
wäre das der bessere Weg. Ein klarer Schnitt an der Kehle und er müsste sich
nie mehr mit all diesen Erbärmlichkeiten herumschlagen. Probeweise setzte er
das Messer am Hals an, das Metall drückte angenehm kühl gegen seine Haut.
Was
Susannah wohl denken würde, wenn sie davon erfuhr?
Verdammt,
sie war immer noch in seinem Kopf!
Obwohl
sie im Kerker schmorte, ihn angelogen, betrogen und gedemütigt hatte, spukte
sie beständig in seinen Gedanken herum, dieses verfluchte Weib!
Und
wenn diese zahlreichen Erinnerungen auf ihn einstürzten, diese vermaledeiten
Bilder ihres Schlüsselbeins, dessen Haut so zart war, ihrer schmalen Hände, die
ihm solch unnachahmliche Freuden bereitet hatten, der winzigen Sommersprossen
auf ihren Schultern – dann begannen trotz aller Enttäuschung seine Lenden zu
zucken.
Doch
er rief sich zur Vernunft.
„Nichts
war echt” , das half, seine Erregung
zu beherrschen und den Schmerz wiederzufinden. Schmerz war gut, der war ein
alter Bekannter, schon sein Leben lang. Er sollte ihn eigentlich freudig
begrüßen und sich wieder einmal den Brustkorb auseinander reißen lassen, dieses
Mal schlimmer als je zuvor. Tiefer als damals der Tod von Cecelya oder die
Sache mit Billy, seinem Hund. Brutaler als jede Demütigung durch seine Mutter.
Susannah
hatte ein neues Kapitel in Sachen Schmerz aufgeschlagen und er wusste nicht, ob
er dem gewachsen war. Zu lieblich war die Verlockung gewesen, dieses Gefühl der
Geborgenheit, wenn er in ihren Armen ruhte. Die Wärme ihrer Zuneigung, als er
diese noch
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