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Nottingham Castle, letzte Tuer links

Nottingham Castle, letzte Tuer links

Titel: Nottingham Castle, letzte Tuer links Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leana Wyler
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um dem Spektakel
beizuwohnen”, erklärte die Alte. „Und du, du wirst mir haarklein alles berichten,
was sich dort zuträgt.”
    Susannah
sah die Schlinge am Galgen im Wind hin und herschwingen. Und mit einem Mal
wurde ihr bewusst, dass dies alles kein Spiel war, sondern bitterer Ernst. Ein
Zittern lief durch ihren Körper und von ganz tief innen drängten sich ein
haltloses Schluchzen nach draußen.
    Eadric
ließ sie tatsächlich umbringen!
    Vor
ein paar Stunden noch war sie neben ihm gelegen, an seinem starken, warmen
Körper, hatte sich als etwas Besonderes gefühlt, als seine Vertraute,
Eingeweihte, Geliebte.
    Und
ja, auch sie hatte ihn geliebt! Tat es immer noch mit einem großen Stück ihres
Herzens, auch wenn der Rest von ihr sich aufbäumte, weil er ein gewissenloser
Schuft war.
    Und
nun wollte er sie hängen sehen. Dort oben. An einem rauen Strick, der ihr den
Hals zuschnüren würde. Zappeln würde sie, nach Luft ringen, die gefesselten
Hände vergeblich zu befreien versuchen. Und dann irgendwann tot am Seil hängen.
    Das
Schluchzen überfiel sie wie ein wildes Tier und erschütterte ihren ganzen Leib.
Sie stieg mit letzter Kraft von dem Mauervorsprung herunter, rutschte an der Wand
auf den dreckigen Boden, kauerte sich zusammen. Sie wollte nicht sterben! Das
Beben ließ sich nicht beherrschen, die Tränen liefen ihr heiß übers Gesicht und
sie sackte immer mehr zusammen.
    Gestern
Abend noch war sie im Kleid einer Edelfrau mit ihm am Tisch gesessen, er hatte
ihr Wein eingegossen und sein Blick hatte aufrichtige Liebe verraten. Seine
Küsse, seine Berührungen – war das alles nur ein Mittel zum Zweck gewesen? War
sie für ihn wirklich nur ein austauschbarer Leib, dessen Daseinsberechtigung
darin bestand, seine Wünsche zu befriedigen? Der Gedanke an ihn tat so weh,
dass sie glaubte, ihr Herz würde in Stücke zerfetzt.
    „Was
flennst du rum, iss lieber dein Stück Brot, es wird dein letztes sein”, riss
die schrille Stimme der Alten sie aus ihrem Schmerz.
    Susannah
hatte gar nicht bemerkt, dass die Wache Essen und einen Wasserkrug in das
Verlies hereingeschoben hatte.
    Das
rollende Gefährt der Lady näherte sich Susannah. „Ich brauche nämlich nichts
mehr”, zischte sie, „ich werde in ein paar Stunden mit einem Festmahl verwöhnt
werden. Eadric wird mich auf seinen eigenen Händen hier heraustragen, mich in
Seide betten und mir jeden Wunsch von den Lippen ablesen.”
    Susannah
konnte nicht anders, als Lady Nottingham verwundert anzustarren. Diese Frau war
völlig von Sinnen, daran gab es keinen Zweifel.
    „Warum
sollte er das tun?”, fragte sie, obwohl sie sich eigentlich auf kein Gespräch
mit der Verrückten einlassen wollte.
    Die
Alte reckte stolz das Kinn in die Höhe. „Weil er einsehen wird, dass ich im
Recht war und nicht er. Dass es die einzig vernünftige Entscheidung war, Robin
den Kopf abzuhacken, statt ihm wie ein Weichling einen langweiligen Prozess zu
machen.”
    „Ich
verstehe nicht.”
    „Wie
denn auch, als dumme Hebamme.” Die Alte seufzte vernehmlich und bewegte ihren
Stuhl ein Stück zur Seite. Dann wandte sie sich jedoch wieder Susannah zu,
offenbar froh um ein Gegenüber, das sie mit ihren verrückten Phantasien foltern
konnte.
    „Also
gut, ich werde es dir erklären. Die Männer dort oben”, sie deutete zum Fenster,
„die handeln nach meinem Kommando.”
    Was
meinte sie damit?
    Normalerweise
sollte man Verrückten nicht widersprechen, aber Susannah war viel zu gespannt,
was Lady Nottingham zu berichten hatte.
    „Soweit
ich weiß, unterstehen die Soldaten dem Sheriff”, sagte sie vorsichtig.
    „Pah!
Das denkt er. Aber ich habe treue Diener. Und wenn ich anordne, dass ein Galgen
aufgestellt wird, gehorchen die Männer, weil sie wissen, dass ich seine
Beraterin bin.”
    Susannah
schnappte nach Luft. „Soll das heißen, nicht er hat die Hinrichtung angeordnet,
sondern Ihr?”
    Das
war doch vollkommen undenkbar!
    Die
Lady beugte sich ihr entgegen, mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht. In
diesem Moment wirkte sie keinesfalls verwirrt, sondern äußerst klar im Kopf.
    „Eadric,
dieser Narr, hat sich geweigert. Wollte Locksley leben lassen. Welch Irrsinn! Das
konnte ich selbstverständlich nicht durchgehen lassen. Und ich weiß, er wird
mir dankbar sein, wenn er sieht, wie die Meute bei der Hinrichtung jubelt.
Außerdem wird er bei Sir John nicht als Weichling dastehen. Stärke wird überall
verehrt!”
    „Wollt
Ihr mir erklären…”, Susannah konnte noch

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