NOVA Science Fiction Magazin 19 (German Edition)
Vorahnungen?
P.B.: Na, es war eben so ein Gefühl, als wäre irgendetwas passiert. So etwas sieht
man doch manchmal im Fernsehen, dass da ein Kind einen Unfall hat und die
Mutter weiß automatisch Bescheid, obwohl sie vielleicht gerade 1.000 Kilometer
weit weg ist. Das war eben auch bei mir so. Nur war´s eben nicht so, dass
jemand einen Unfall gehabt hätte, sondern als ob jemand zu Besuch kommt, den
man ewig nicht mehr gesehen hat und auf den man sich freut. So ein Gefühl war
das. Und dann wurde ich plötzlich total müde, so ganz plötzlich, von einer
Sekunde auf die andere.
H.D.: Diese Müdigkeit kennen ja viele von uns, eigentlich berichten fast alle davon.
P.B.: Wie eine Betäubung war´s. Wie drei Valium auf einmal. (Verständnisvolles Lachen
im Publikum.)
H.D.: Ja,
ja, das kennen wir ja alle mehr oder minder... aber solche Vorahnungen, davon
hat bislang noch keiner berichtet. Außer die Esoteriker natürlich, die wussten
ja sowieso schon alles im Voraus... auf jeden Fall im Nachhinein. (Kurzes
Lachen im Publikum.) Aber die Außerirdische ist dann nicht sofort bei Ihnen
aufgetaucht, habe ich das richtig verstanden?
P.B.: Ja, genau. Ich meine, ich hatte da mit einem Mal diese unglaublich große
Vorfreude auf ein Wiedersehen, aber ich wusste ja gar nicht auf wen, und dann
wurde ich ja wie gesagt hundemüde. Ich habe noch schnell meine Frau gerufen,
dann fiel mir aber ein, dass sie noch bei der Arbeit war, und unsere Kleine...
H.D.: Ihre Tochter...
P.B.: Genau, die Sophie, die kommt donnerstags immer erst spät von ihren AGs in der
Schule nach Hause.
H.D.: Wir müssen gleich noch darüber reden, wie ihre Tochter das alles findet und wie
sie mit Ihrem, sagen wir mal, Besuch zurechtkommt. Aber darüber später mehr.
Sie wurden also plötzlich sehr müde und haben sich dann hingelegt, wie so viele
an diesem Samstag.
P.B.: Ja, genau, ich bin dann noch schnell nach oben ins Schlafzimmer gegangen, denn
am helllichten Tag auf der Couch schlafen, das geht doch nicht, was hätte da
meine Frau von mir gedacht, und dann hab ich mich einfach oben aufs Bett
gelegt. Und dann, na ja, dann ist es passiert, aber eben so ganz anders als bei
den anderen...
H.D.: Und was genau war bitte ganz anders?
P.B.: Das hört sich jetzt bestimmt verrückt an, ich weiß das, aber...
H.D.: Na, hören Sie mal, Herr Baldow! Seit zwei Monaten ist doch wohl alles irgendwie
ganz verrückt. Also haben Sie bitte keine Scheu, alles zu erzählen.
P.B.: (Erst
zögerlich, dann immer schneller werdend.) Na ja, mit einem Mal bewegten sich
halt die Wände um mich herum. Wie in dem Film Matrix. Den kennen Sie doch
bestimmt auch, da wo am Ende Keanu Reeves einfach dasteht und tief durchatmet
und die Wände durch seinen Atem oder was weiß ich einfach nach außen hin
wegdrückt. So war das, ganz genau so! Die Wände haben sich plötzlich einfach
bewegt. (Schaut unsicher zum Publikum.)
H.D.: So, die Wände...
P.B.: ...und dann kam eben auch noch dieses Leuchten. (Rückt wieder nervös auf seinem
Stuhl herum.)
H.D.: Das Leuchten...?
P.B.: Ja, und davon habe ich nun wirklich noch niemals zuvor etwas gehört oder
gelesen. Ich sag´s ihnen, irgendwie fing alles im Raum an zu leuchten. (Wird
immer nervöser, reibt sich die Hände, Großaufnahme, hat inzwischen Schweiß auf der
Stirn.) Ich kann´s natürlich nicht beweisen, wissen Sie, aber ich schwöre
Ihnen, so war´s...
H.D.: Immer mit der Ruhe, Herr Baldow. Sie brauchen hier gar nichts zu beweisen.
Erzählen Sie einfach ruhig weiter, was dann passiert ist.
P.B.: (Atmet tief durch.) Na ja, ich bin immer noch ganz aufgeregt. Wissen Sie (wieder
Großaufnahme, P.B. kämpft plötzlich mit den Tränen), meine Mutter ist letztes
Jahr gestorben, kurz vor Weihnachten war das. Das war hart. Ich meine, ich
liebe meine Frau und meine Sophie sowieso. Aber das mit meiner Mutter, das war
einfach was anderes. Wissen Sie, sie hat bei uns gewohnt in den letzten Jahren.
Und dann stirbt sie einfach so über Nacht, Schlaganfall mitten im Schlaf. Das
hat mich voll erwischt, wissen Sie. Ich hab sie wirklich geliebt, meine Mutter.
Und ich hab sie vermisst. (Wischt sich eine Träne aus dem Gesicht.) Ich schäme
mich nicht, das zu sagen. Ich hab sie einfach vermisst.
H.D.: Aber Herr Baldow, was hat das denn bitte alles mit den Außerirdischen zu tun? (Lächelt
souverän wissend in die Kamera.)
P.B.: Na ja, einfach alles. Mit einem Mal
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