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NOVA Science Fiction Magazin 20

NOVA Science Fiction Magazin 20

Titel: NOVA Science Fiction Magazin 20 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olaf G. Hilscher
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muss.
    „Stand
da was von einem Fotografen in dem Brief?“, fragte ich so ruhig wie möglich
zurück.
    „Nein“,
sagte Werner und kratzte sich dabei am Hinterkopf.
    „Stand
da überhaupt irgendwas von einem zweiten Mann, einem Begleiter, einem
Assistenten, einer Anstandsdame oder einem Blindenhund?“
    „Jetzt
hör schon auf. Ich weiß, was in dem Brief stand.“
    „Tja“,
sagte ich.
    Werner
warf die Arme in die Luft und drehte sich um. Das war seine Art zu sagen: Mach
doch was du willst.
     
     
    Aber
die Feixerei bei den anderen hörte natürlich nicht auf. Die Frauen sahen mich
schelmisch an, und hinter dem Gegrinse der Männer lauerte der Neid. Ich wollte
so professionell wie möglich mit der Sache umgehen. Natürlich hatte ich schon Exklusivstories
gemacht. Aber nicht so exklusiv. Und nicht über so ein Thema.
     
     
    „Ich
bin der Bischof dieses Bistums“, sagte er.
    Das
machte mich verlegen und ratlos. Um das Interview mit irgendeiner Frage zu
beginnen (ich fühlte mich bei dieser Story wirklich wie ein Anfänger), hatte
ich Miersch nach seiner offiziellen Funktion in der Kirche gefragt. Und die
Antwort warf mich aus der Bahn. Ich blinzelte, ich spielte mit dem Bleistift in
meiner Hand, ich sah nach, ob das Diktiergerät normal arbeitete. Natürlich tat
es das. Es war mein Standarddiktiergerät, mit dem ich schon Dutzende von
Interviews aufgezeichnet hatte, und es hatte nie versagt.
    Miersch,
der Mann, mit dem ich am Telefon gesprochen hatte, saß da, mir direkt
gegenüber, in der Sitzecke seines geschmackvoll in grau gehaltenen Büros, und
behauptete, der Bischof zu sein. „Siehst aber gar nicht so aus“, dachte ich
hilflos und versuchte, mich an meinen Fragenkatalog zu erinnern, vor allem an
die nächste Frage. Warum hatte ich nichts vorbereitet? Ich hatte noch nie etwas
vorbereitet, darum. Ich brauchte so was nicht. Diese ganze Journalistenkacke
hatte mich immer genervt. Und die Qualität meiner Interviews, die denen der
Kollegen immer haushoch überlegen gewesen waren, hatte mir immer Recht gegeben.
Aber jetzt fühlte ich mich auf eine sehr subtile Art ausgetrickst.
    „Ja“,
sagte der Bischof Meinhard Miersch, und wischte sich ein Stäubchen vom Revers
seiner Anzugsjacke, „wir haben viel von der katholischen Kirche übernommen.
Eigentlich geht das gar nicht anders. Das ist ja völlig logisch. Die
katholische Kirche hat in der westlichen Welt so klare Maßstäbe dafür gesetzt,
wie eine Glaubensgemeinschaft auszusehen hat, dass man da nicht drum herum
kommt. Auch wenn man an einem ganz anderen Punkt ansetzt“ - er lachte - „als
die katholische Kirche.“
    „Und
in der Church of Porn kann man mit Ende zwanzig Bischof werden?“
    Er
freute sich genau wie ich, dass ich wieder Tritt gefasst hatte.
    „Warum
nicht? Es wollte ja niemand anders Bischof sein. Ich eigentlich auch nicht.
Aber irgendeiner muss es ja machen. Bei der nächsten Wahl werde ich nicht mehr
kandidieren.“
    Aus
dem Religionsunterricht war mir nicht mehr viel in Erinnerung, aber ich glaubte
genau zu wissen, dass Bischöfe in der katholischen Kirche nicht gewählt wurden.
    Ich
stellte die logische nächste Frage.
    „Wie
viele Mitglieder wir haben?“, antwortete er. „Etwa 6.000. Wir sind hier das
kleinste der vier deutschen Bistümer. In ganz Deutschland dürften es
mittlerweile 40.000 Kirchenmitglieder sein.“
    „Was
Sie nicht sagen!“, hätte ich beinahe geantwortet. 40.000. Wo sollten denn die
so schnell hergekommen sein? „Wenn Sie hier der Bischof sind, wer wäre dann 
Ihr Papst ...?“
    „Kein
Papst“, sagte er lächelnd. „Darin sind wir eher Protestanten.“
    Ich
schwieg.
    „Nein,
wissen Sie, Herr Köster“, setzte er zögerlich an, „Sie dürfen das jetzt nicht
falsch verstehen, aber diese religiösen Formen, diese Hierarchien, von denen
wir hier jetzt gerade reden, die tragen wir gewissermaßen wie eine Verkleidung.
Es hat jemand mal gesagt, dass Religionen wie Fertighäuser für kleine Seelen
wären, und das ist es ja im Grunde, was wir bieten wollen: ein Fertighaus. Wie
groß oder klein die Seelen sind, die darin wohnen, überlassen wir der
Selbsteinschätzung der Gläubigen. Aber irgendeine Form muss das Ganze haben,
das steht nun einmal fest. Und da haben wir nach dem Bewährten gegriffen. Alle
Marktanalysen sprechen dafür, dass das eine richtige Entscheidung war.“
    „Er
macht sich über mich lustig“, dachte ich. „Das kann nicht ernst gemeint sein.“
    „Sie
sagen immer ‚wir’?“,

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