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Novemberasche

Titel: Novemberasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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haben.« Die Studienrätin blickte die beiden Kommissare abwechselnd an.
    »Wir müssen leider davon ausgehen, dass Leander Martìn getötet wurde«, übernahm Barbara die Antwort.
    Rosemarie Bärlach nickte langsam, fast bedächtig.
    »Was ich vorhin andeuten wollte – aber es war immer nur ein Gefühl, eine Ahnung: Die anderen, einige zumindest, hielten Leander
     gegenüber Distanz«, sagte die Studienrätin.
    »Aber das ist noch nicht alles.« Sommerkorn fixierte die Frau.
    »Nein.« Sie schien mit sich zu ringen. »Ich möchte hierwirklich keine Gerüchte in Umlauf bringen. Aber mein Eindruck war eben, dass manche ihm gegenüber vorsichtig waren.«
    »Sie meinen, Leander war eher ein Außenseiter?«
    »Nein, nein, das wollte ich damit nicht sagen. Er hatte Leute um sich, nein, eigentlich war das vor allem Matthias Wölfle.
     Die bildeten ein unzertrennliches Duo. Aber um die herum bestand immer eine Art – wie soll ich sagen – Vakuum. Allerdings
     habe ich die Klasse erst seit den Sommerferien. Und Leander war ja selbst noch nicht so lange auf unserer Schule.«
    »Ach, die Familie wohnt erst seit kurzem hier?«
    »Nein, nein, das nicht. Aber soweit ich weiß, wechselte Leander vor ungefähr einem Jahr vom Internat Salem ans KMG.«
    »Mitten im Schuljahr?«
    »Ja, einige Monate nach Schuljahresbeginn.«
    »Gab es dafür einen besonderen Grund?«
    »Etwas Genaues weiß ich nicht, allerdings   …«
    »Allerdings was?«
    »…   wurde gemunkelt, dass er Probleme mit einem Mitschüler gehabt haben soll.«
    »Inwiefern?«
    »Ich weiß es nicht. Offiziell wurden wir nie darüber unterrichtet. Ich hatte immer den Eindruck, dass vielleicht Leanders
     Eltern damit zu tun hatten. Mit dieser Schweigsamkeit   … Vielleicht haben sie ihre Beziehungen spielen lassen, der Vater ist ja wohl ein hohes Tier bei
Tognum
. Wie gesagt, das alles ist hoch offiziös. Am besten, Sie sprechen mit Herrn Seibold, unserem Direktor. Der wird Ihnen mehr
     sagen können.«
     
    ☺
     
    Gestern haben sie mich das erste Mal auf das Gelände mitgenommen. Sie nennen es Wolfsschanze. Ich habe sie gefragt, ob das
     ein guter Name sei, immerhin hat das Tausendjährige Reich gerade mal zwölf Jahre gedauert. ER war sauer und hat gesagt, die
     Fehler der Vergangenheit bräuchte man ja nicht zu wiederholen. Auf jeden Fall ist das Gelände ideal. Kein Schwein weit und
     breit, man kann machen, was man will. Ein Truppenübungsplatz, sagen sie. Da werden wir noch einiges ausprobieren.
     
    *
     
    In der Mittagspause desselben Tages saß Sommerkorn an Eriks Schreibtisch. Er kam sich vor wie ein Eindringling, wie ein Schnüffler,
     der seine Nase in Dinge steckte, die ihn nichts angingen. Er lehnte sich zurück, klappte den Ordner auf, den er eben aus dem
     Regal genommen hatte – und zögerte. Er dachte an das Gespräch mit dem Direktor des KMG, das sie unmittelbar nach der Befragung
     von Rosemarie Bärlach geführt hatten.
    Der Junge habe sich auf dem Internat nicht mehr wohlgefühlt. Es habe da wohl ein paar Vorfälle gegeben, ein Schüler habe Leander
     beschuldigt, ihn gemobbt zu haben. Doch letztendlich sei es bei den Anschuldigungen geblieben und nein, Leander habe keinen
     direkten Schulverweis erhalten. Vielmehr habe man im gegenseitigen Einvernehmen entschieden, dass sich Leander in einer neuen
     Umgebung, einer ohne Altlasten, wohler fühlen würde. Habe nicht jeder eine zweite Chance verdient? Schließlich habe sich ja
     gezeigt, wie richtig das gewesen sei. Leander, ein herausragender Schüler, einer der besten.
    Der Direktor hatte viel und schnell geredet, und letztendlich hatte sich in Sommerkorn der Eindruck verfestigt,dass etwas an dieser Sache faul war. Er würde dringend mit der Schulleitung des Salemer Internats sprechen müssen.
    So, dachte er. Und nun machst du dich endlich an diesen Ordner, ohne Umschweife oder irgendwelche Ausreden, und suchst nach
     dieser verdammten Lebensversicherung.
    Es dauerte nicht lange, da hatte er die Versicherungspolice gefunden, ausgestellt auf Erik Brandauer, auszuzahlen zugunsten
     seiner Ehefrau Paula Magdalene Brandauer, geborene Sommerkorn. Eine Million Euro. Er seufzte erleichtert. Eine Sorge weniger.
     Also musste er sich wenigstens nicht auch noch um Paulas wirtschaftliche Existenz Sorgen machen. Er wählte die Nummer, die
     er in den Unterlagen gefunden hatte, und lauschte. Bereits nach dem ersten Klingeln hob jemand ab.
    » Confid Versicherungen.
Sie sprechen mit Maria

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