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Novemberasche

Titel: Novemberasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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weiß ich. Obwohl   … Thomas hatte ziemlich bald die Nase voll von denen.«
    Sie schien wieder verunsichert, starrte vor sich hin, kaute an ihrer Unterlippe. Ihre hellen Augen waren eine Nuance dunkler
     geworden, und Sommerkorn bemerkte, dass ihre Finger leicht zitterten.
    »Bitte erzählen Sie einfach.«
    Sie holte Luft, zupfte an ihrem Rucksack herum, ohne aufzublicken.
    »Eigentlich gibt es nicht viel zu erzählen. Irgendwie war Thomas mal vorübergehend mit denen zusammen. Jedenfalls hing er
     da mit Leander und den anderen auf dem Schulhof herum. Aber eines Tages dann nicht mehr. Ganz plötzlich, von heute auf morgen.«
    »Und warum? Gab es einen Anlass, hatte es Streit gegeben?«
    Viktoria schüttelte mechanisch den Kopf.
    »Ich weiß das alles nicht. Das mit Thomas war außerdem nach meiner Zeit.«
    »Nach Ihrer Zeit?«
    »Ja, sag ich doch. Das mit Leander und mir war ganz am Anfang, als er in unsere Klasse kam. Im Oktober. Als Thomas mit denen
     rumhing, war’s Frühling.«
    »Versuchen Sie etwas genauer zu sein. Es ging also um Mobbing? Sie haben mitbekommen, wie andere gemobbt wurden?«
    Viktoria zuckte die Achseln.
    »Na ja   … nein. Nie direkt. Die waren ziemlich clever. Und darüber hinaus war ich auch nur einmal dabei, als die sich alle getroffen
     haben.«
    »Alle?«
    »Ja. Leander, Matthias und noch zwei Typen, die ich nicht kannte.«
    »Wissen Sie die Namen der beiden anderen?«
    Viktoria blies die Backen auf und ließ die Luft wieder entweichen.
    »Ehrlich gesagt   … nö. Ich war halt auch nur einmal dabei.«
    »Gab es dafür einen besonderen Grund?«
    »Dass ich dabei war oder nicht dabei war, oder was?« Viktoria grinste schief. Eine Strähne hatte sich aus ihren Zöpfen gelöst
     und fiel ihr ins Gesicht. Ungeduldig strich sie die Haare hinters Ohr.
    »Sowohl als auch, wenn Sie so wollen.« Sommerkorn grinste zurück.
    Viktoria zupfte an ihrem Schal herum.
    »Weiß nicht. Das eine Mal hat mir, ehrlich gesagt, gereicht. Und das hab ich denen auch gesagt.«
    »Warum hat es Ihnen gereicht?«
    »Ich hatte einfach keinen Bock mehr auf die. Und auf ihre Scheißmusik.«
    »Was war das denn für Musik?«
    »So ein Nazi-Mist   …«
    »Leander und seine Freunde hörten Lieder mit rechtsextremen Texten?«
    »Das eine Mal war’s jedenfalls so.«
    »Und Sie glauben, dass Leander und Matthias andere Mitschüler schikaniert haben, weil sie anders waren?«
    Wieder zuckte sie mit den Achseln. »Genau weiß ich das alles nicht. Die haben halt dieses dumme Gerede gehabt. Aber was genau
     sie getan haben, weiß ich nicht. Die waren nicht doof. Vor den Lehrern die braven Disziplinierten. Aber ich bin mir sicher,
     dass sie was gemacht haben   … Ach ja. Zum Beispiel hat jemand in schöner Regelmäßigkeit das Fahrrad von Selim sabotiert, die Luft rausgelassen,Speichen verbogen   … Bis der aufgegeben hat und mit dem Bus gefahren ist.«
    »Und warum hat das keiner gemeldet?«
    Viktoria lachte. Es klang bitter.
    »Wer geht denn in unserem Alter noch zu den Lehrern petzen? Da ist man bei den anderen doch gleich unten durch. Ich bin mir
     aber ziemlich sicher, dass sie es waren.«
    »Und Ihre Beziehung zu Leander?«
    »Hat nicht lange gedauert.«
    »Sie haben die Beziehung beendet?«
    »Sagen wir mal: Die Sache hatte sich vorher von selbst erledigt   … Kann ich jetzt gehen?« Aus irgendeinem Grund schien Viktoria es plötzlich eilig zu haben.
    »Eine Frage noch: Sie sagten, die vier haben sich regelmäßig getroffen. Wo?«
    »Keine Ahnung. Bei einem von ihnen zu Hause wohl. Als ich dabei war, war’s jedenfalls bei Leander.«
    Sie stand auf und hängte sich den Rucksack über die Schulter. »Ach, da fällt mir ein: Ein paar Mal hab ich gehört, wie sie
     sich für den Nachmittag verabredet haben. ›Im FHQ‹, haben sie gesagt. Fanden sich wohl furchtbar cool.«
    Sommerkorn horchte auf. »FHQ? Was soll das sein?«
    Viktoria stutzte. Sie lockerte den Schal an ihrem Hals, als habe sie gerade bemerkt, dass sie keine Luft mehr bekam.
    »Na, ich nehme doch mal an   … Das liegt doch auf der Hand   … Führerhauptquartier, natürlich.«
    Sommerkorn spürte Barbaras Blick von der Seite. Er vermied es, sie anzusehen, und nickte stattdessen Viktoria aufmunternd
     zu.
    »Aber wo das war, keine Ahnung. Ich glaube aber nicht, dass sie damit Leanders Haus meinten. Die drei anderen kamen doch aus
     der anderen Richtung   – Fischbach, Immenstaad, Manzell.«
     
    ☺
     
    Mit friedlichen Mitteln kommen wir

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