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Novemberasche

Titel: Novemberasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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eine letzte Runde am Yachthafen. Also
     doch ein Scherz? Nachdenklich machte Sommerkorn sich auf den Rückweg. Dabei hatte der Junge so überzeugend geklungen.
     
    ☺
     
    Die Brandsätze sind fertig. Auf dem Gelände der Wolfsschanze haben wir einen ausprobiert, und es hat geklappt! Wir haben ihn
     in der Nähe des Wassers gezündet, trotzdem hatten wir Probleme, das Feuer in den Griff zu kriegen. Das brennt wie Teufel.
     
    *
     
    »Hör mal, Paulchen, setz dich auf, nun komm schon. Trink deinen Kaffee, solange er noch warm ist.«
    Es war schon halb acht, er musste jetzt wirklich los, wenn er um acht beim Dienst sein wollte. All diese Schüler,die sie noch vernehmen mussten   … Außerdem würde sich die Befragung heute mühsam gestalten, da Samstag war und nicht alle unter dem Dach des Karl-Maybach-Gymnasiums
     versammelt waren. Doch Paula machte keine Anstalten, sich zu erheben. Er versuchte, ihr aufzuhelfen, griff ihr mit beiden
     Händen unter die Achseln – doch nichts. Sie blieb liegen wie ein Sack. Er seufzte. Schließlich setzte er sich in den Sessel
     am Fenster, in dem er gestern Abend auch gesessen hatte, und trank den Kaffee selbst. Um neun Uhr käme Frau Traubinger, dann
     musste er eben so lange warten. Paula hier allein zu lassen, traute er sich nicht. Und die Nachbarin konnte er nicht schon
     wieder bemühen. In dem Moment hörte er, wie die Wohnzimmertür sich öffnete. Trippelnde Schritte.
    »Mama?«
    Sommerkorn blickte auf. Vor dem Sofa standen Leni und Anna, barfuß und im Nachthemd, und betrachteten den Rücken ihrer Mutter.
     Sommerkorn stand auf.
    »Da ist ja meine Mäuseparade«, sagte er und nahm die beiden hoch, die eine rechts, die andere links. »Habt ihr gut geschlafen?«
    »Was ist mit Mama?«, fragte Leni.
    »Eure Mutter ist furchtbar müde. Sie hat nicht gut geschlafen und bleibt noch etwas liegen. Kommt, euer Lieblingsonkel kocht
     jetzt erst mal Kakao für alle.« Er ging mit den beiden auf dem Arm in Richtung Küche.
    »Du bist unser einziger Onkel«, sagte Anna.
    »Eben. Und eurem einzigen Onkel müsst ihr jetzt mal ein bisschen auf die Sprünge helfen. Wo ist denn der Kakao?«
     
    Am Ende frühstückte er mit den Kindern, sorgte dafür, dass sie sich wuschen und anzogen, wobei Leni darauf bestand, eine grün-rosa
     gemusterte Strumpfhose mit einem gelb-blau geblümten Samtrock zu kombinieren. Dannentschied er, dass es das Beste wäre, die beiden zum Kindergarten zu bringen, bis ihm einfiel, dass heute Samstag war und
     der Kindergarten nicht geöffnet hatte. Für zusätzliche Verwirrung sorgte eine Bemerkung von Anna, die meinte, dass Frau Traubinger
     heute nicht käme. »Sie hat zu mir gesagt: ›Irgendwann ist mal Schluss.‹«
    »Das hat sie gesagt? Frau Traubinger?«
    Anna nickte gewissenhaft und mit zusammengepressten Lippen.
    Um Viertel nach neun rief er bei der Polizeidirektion an und erklärte, dass er nicht kommen könne, seiner Schwester gehe es
     nicht gut. Die Reaktion seiner Kollegin Barbara war alles andere als erfreut.
    »Ich will dir ja nicht zu nahe treten, und ich finde es löblich, wie du dich um deine Schwester kümmerst. Aber wir stehen
     hier unter massivem Druck. All diese Schüler   … Wir haben nicht genug Leute, ich versinke in Arbeit, der Froschkönig sitzt mir im Nacken und will Ergebnisse haben.« Der
     Froschkönig, Kriminalrat Oehl, war nicht nur Leiter der Polizeidirektion, sondern vor allem bekannt als Hobby-Botaniker und
     Retter von Feuchtgebieten in der Bodenseeregion. Dass er sich in ihre Arbeit einmischte, war neu.
    »Wieso
das
denn?«
    »Was?«
    »Wieso der Froschkönig dir im Nacken sitzt.«
    »Keine Ahnung. Ich nehme mal an, da macht jemand Druck von oben.«
    »Aha   …« Sommerkorn überlegte kurz, dann sagte er: »Es ist so   … Ich habe den Eindruck, es wird immer schlimmer mit ihr. Sie reagiert gar nicht mehr.«
    »Wie meinst du das?«
    »Seitdem ich ihr das mit dem anderen Kind gesagt habe   …«
    »Mit welchem Kind?«, fragte Barbara.
    »Ach   … Es ist einfach so unglaublich. Erik hatte ein uneheliches Kind, das gerade einmal drei Jahre alt ist.«
    »Was!«
    »Seit Paula davon weiß, spricht sie kein Wort mehr und liegt nur noch auf dem Sofa rum. Sie starrt unentwegt das Stoffmuster
     an. Ich kann sie nicht zum Aufstehen bewegen.«
    »Und die Kinder?«
    »Na ja, ich kümmere mich halt, so gut es geht.«
    »Kann denn nicht die Haushälterin als Babysitter einspringen und der Haushalt bleibt halt mal liegen

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