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Novemberasche

Titel: Novemberasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Beispiel Links zu rechtsextremen Seiten wie der Deutschland-Bewegung,
     den Neuen Rechten, Anleitung zum Bombenbauen im Netz: Informationen über chemische Rezepte, Mischverhältnisse, Zünder und
     Materialbeschaffung   …«
    »Und wie sind Sie darauf gekommen, dass Leander dahintersteckt?«
    »Tja   … die Sache wurde natürlich gründlich untersucht. Wir haben die Polizei eingeschaltet – alles blieb sehr diskret, versteht
     sich. Schließlich ließen die Zugriffsprotokolle einen Schluss auf die I P-Adresse zu: Auf jeden Fall wurden die Manipulationen von Leanders Laptop aus unternommen.«
    »Und Leander? Was hat er zu den Vorwürfen gesagt?«
    »Er war außer sich. Er hat alles abgestritten.«
    »Aber das war doch ziemlich eindeutig.«
    »Sollte man meinen. Leander allerdings behauptete, sein Rechner sei für diese Aktion von einem anderen User gehijackt worden.
     Bei dieser Version blieb er bis zum Schluss.«
    Nach diesen Worten kehrte Stille ein, und wie auf einen geheimen Befehl begann Barbaras Handy zu klingeln. Hastig kramte sie
     es aus ihrer Tasche, warf einen raschen Blick aufs Display und drückte den Anrufer weg.
    »Wir haben lange mit uns gerungen. Aber letztendlich mussten wir ein Exempel statuieren. Die Beweislast sprach nun einmal
     gegen ihn. Selbstverständlich haben wir versucht, jegliches Aufsehen zu vermeiden. So haben wir uns mit den Eltern geeinigt,
     und Leander hat unser Institut verlassen. Manchmal frage ich mich tatsächlich, ob wir dem Jungen nicht unrecht getan haben.«
     
    ☺
     
    Heute Nacht machen wir das mit der Dönerbude. Zu Mama hab ich gesagt, ich penn bei IHM.   In Wirklichkeit pennen wir im Hauptquartier. Nach der Operation. Ich hab sie inzwischen überzeugt, dass es besser ist, wenn
     niemand zu Schaden kommt.
     
    *
     
    Sie lag auf dem Rücken, als sie erwachte und dachte, dass sie doch nie auf dem Rücken lag im Schlaf. Jetzt war es anders.
     Anders war auch der schmale, lange Raum und das Licht hinter ihr, hinter ihrem Kopf. Vielleicht war sie tot? Hinter mir das
     Licht des Engels, und ich reise mit ihm in das Land jenseits der Grenze. Wird ER auch da sein? Ein jäher Schreck durchfuhr
     sie beim Gedanken an seinen zerschmetterten Körper, aber kurz darauf Erleichterung, das alles spielte doch keine Rolle mehr,
     dort. Da erst merkte sie, dass sie sich nicht bewegen konnte. Ihre Hände, ihre Beine, ihr Rumpf rührten sich nicht. Sie war
     eine Gefangene ihres Körpers. Aber als Seele sollte ich mich doch frei fühlen, schweben. Da hörte sie eine Stimme. Also bin
     ich doch nicht tot? Erst jetzt gelang es ihr, die Lider, die so schwer waren, ganz zu öffnen, und das Gesicht, das zur Stimme
     gehörte, tauchte auf. Es sprach beruhigend auf sie ein, ein Murmeln nur. Jetzt erinnerte sie sich wieder.
    Es hatte nicht lange gedauert, da waren sie hereingekommen, ein Pfleger und der Arzt mit den braunen Augen, und sie hatten
     sie festgehalten und ihr mit einem Nadelstich das Vergessen gebracht. Nun lag sie da, in Gurte gelegt wie eine Irre in einem
     Film.
Damit sie sich und anderen keinen Schaden zufügte
. Da erst wusste sie sich das Gefühl an ihren Unterarmen zu erklären, in ihren Händen und Beinen, die dicke Watte, die sie
     umschloss. Das Licht desEngels ist das Tageslicht in Weißenau, und ich bin definitiv nicht tot. Aber er, er ist tot. Und ich bin immer noch hier.
    Sie spürte das Licht wie ein Gewicht, das von hinten auf ihren Kopf drückte. Jetzt wusste sie, was falsch gewesen war. Ich
     habe ihm all meine Liebe gegeben. All meine Liebe, meine ungeteilte, nur ihm. Er aber hat mir nur eine halbe Liebe geschenkt,
     eine fünfzigprozentige, vielleicht war es auch eine dreißig- oder gar zwanzigprozentige. Kein Meer von Liebe, auch kein See.
     Eine Pfütze Liebe, das war ich ihm wert. Trübe und schmutzig war sie. Und ich habe die ganze Zeit in meinem Wolkenkuckucksheim
     gesessen, in diesem Haus der Lügen, in dem ich mich geschmackvoll eingerichtet habe, habe die Farben und Möbel, die Ziergegenstände
     (!), aufeinander abgestimmt und nichts bemerkt.
    Natürlich habe ich ihm geglaubt. Wer eine Firma hat, ein erfolgreiches Software-Unternehmen, der muss Opfer bringen! Seine
     häufigen Abwesenheiten – gab es unter der Woche einen gottverdammten Abend, an dem er vor zehn zu Hause war? Und die Samstage?
     Sie gehörten dem Fallschirmspringen. Das habe ich zumindest geglaubt!
    Sie ballte die Hände zu Fäusten. Das Haus, ein wahres Lügengebilde, ein

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