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Novembermond

Novembermond

Titel: Novembermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Heyden
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mochte Richard.
    Nicht nur, weil er ebenfalls von Julian gewandelt worden war und sie praktisch die gleiche Blutlinie hatten, was immer eine besondere Verbindung schuf. Andrej mochte Richards Ernsthaftigkeit, seinen Wunsch zu lernen, seine schnelle Auffassungsgabe und seine Gewissenhaftigkeit. Die hatte allerdings in den letzten Monaten signifikant nachgelassen. Als sein Boss wünschte sich Andrej so schnell wie möglich Richards dritte Stufe des Arkanums herbei, denn sie vergrößerte die Kräfte eines Vampirs enorm. Die dritte Stufe erschuf nicht nur die Ausstrahlung von Macht, die viele Menschen so faszinierend fanden und den Umgang mit ihnen umgehend erleichterte, sondern neben anderen Fähigkeiten auch die, in den Gefühlen eines Menschen lesen zu können.
    Allerdings vernichtete die dritte Stufe auch alle Illusionen. Richard würde feststellen, dass er für Christian vor allem ein Mittel zum Zweck bedeutete. Immerhin wäre es nach dieser Enttäuschung mit seinem Einfluss vorbei.
    „Das sind Richard und Christian. Richard arbeitet ausschließlich in der Nachtschicht, Christian in der Tages- und Nachtschicht. Er wird dich morgen im Hyatt aufsuchen, dann kannst du ihm die neuen Infos mitteilen. Mit welchem Wagen die Jungs am Flughafen abgeholt werden wollen und welche neuen Terminvorstellungen und Sicherheitswünsche sie für die Konzerte und Pressetermine haben.“
    Christian lächelte sein strahlendes Lächeln. Der Kunde erwiderte es mit vorsichtiger Anerkennung. Er reagierte schnell beleidigt, wenn ein Mitarbeiter nicht seinen Vorstellungen entsprach, wobei es ihm nicht immer auf Fachwissen und Berufserfahrung ankam. Über Christian würde er sich wohl nicht bei ihm beschweren. Andrej unterbrach seine Gedanken und konzentrierte sich wieder auf das Gespräch.
    „Image ist alles“, sagte der Kunde. „Ich weiß eine gute Marketingstrategie wirklich zu schätzen, Andrej, das ist schließlich mein Job. Und mir ist klar, dass ihr Jungs von der Nacht-Patrouille perfekt daran arbeitet. Aber wir kennen uns jetzt schon länger als vier Jahre, deshalb kannst du doch ein einziges Mal eine Ausnahme machen.“
    Er brach seine Rede ab, als eine Kellnerin an ihren Tisch trat. Ihr Rock aus sehr dünnem, glänzendem Stoff rutschte ziemlich weit nach oben. Dafür war ihr Ausschnitt entsprechend tief. Mit dem natürlichen Selbstbewusstsein, das sie ihrem hübschen Gesicht, langen Beinen und der üppigen Figur verdankte, lächelte sie in die Runde.
    „Noch etwas zu trinken, Jungs?“ Sie taxierte sekundenschnell die Beziehung zwischen Richard und Christian, ignorierte den Kunden und hob sich den tiefsten Augenaufschlag für Andrej auf.
    „Noch einen Gin?“
    „Wodka“, berichtigte Andrej automatisch. Er hasste neue Kellnerinnen. Es dauerte verdammt lange, bis sie nicht mehr lästig fielen.
    „Jonny mag dich“, nahm der Kunde das Gespräch wieder auf, „das weißt du. Und nicht nur er. Die ganze Band fährt auf dich und deine Jungs ab. Sie finden die Nacht-Patrouille unglaublich cool. Jonny ist bereit, eine Menge Geld dafür zu bezahlen, dass du hier in Berlin sein Leibwächter bist. Nur du. Exklusiv. Tag und Nacht. In London musste ihr Manager neunzigtausend Pfund für die Renovierung einer Luxus-Suite zahlen.“ Er hob die Schultern und lächelte dünn. „Ich habe keine Ahnung, warum die Band ausgerechnet in Berlin nie Ärger macht. Irgendwie hat die Nacht-Patrouille einen guten und beruhigenden Einfluss, was ich zwar erstaunlich finde, aber dankbar akzeptiere.“
    Er machte eine erwartungsvolle Pause, aber Andrejs Lächeln blieb höflich und nichtssagend.
    „Jedenfalls lässt deine strikte Weigerung, einen Auftrag bei Tageslicht zu übernehmen, nicht nur Raum für Fantasie, sondern auch für besonders lukrative Aufträge. Und für mich kannst du doch ein einziges Mal von diesen Regeln abweichen, Andrej. Finanziell würde es sich wirklich lohnen.“
    „Welche Fantasie weckt sie denn bei dir?“, fragte Andrej und lächelte amüsiert. Den zweiten Teil seiner Aussage ignorierte er. Der war ihm ohnehin egal.
    Das professionelle Lächeln des Kunden erstarb. Sein Gesicht verdüsterte sich und zeigte gleichzeitig Resignation und Bewunderung.
    Unerwiderte Leidenschaft schmerzte.
    „Mit dieser Nur-bei-Dunkelheit-Masche habt ihr Jungs von der Nachtschicht euch einen spannenden Ruf verpasst“, erklärte er unverblümt. „Und manchmal denke ich, dass du Brad Pitt in diesem Vampirfilm verdammt ähnlich siehst.“
    Andrej

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