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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
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was die ersten Jahre auch der Fall war. Außerdem bekam er von Heinrich regelmäßig Geld, sowie Essen und Trinken. Doch nun, sein nahes Ende vor Augen, war der Ärmste schließlich heilfroh, dass er sein Gewissen erleichtert hatte. Meine Mutter erzählte mir dies, kurz bevor sie starb. Und unter Tränen sagte sie, dass sie es mit angehört hatte, wie Heinrich damals zu mir in mein Zimmer ging und sie sich schlafend stellte, als er anschließend zur ihr ins Bett gekrochen kam. Vorwurfsvoll wollte ich sie fragen, warum sie nie mit mir darüber gesprochen hatte, aber bei ihrem Anblick stockte mir der Atem und ich brachte keine Silbe heraus. Na jedenfalls war diese Tat Kreismüllers für meine Mutter der entscheidende Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und sie beschloss, dass Heinrich endlich für sein schändliches Verhalten büßen müsse. Sie zog sich Bergheims alte Wehrmachtsjacke und dessen Kappe über, die sie mitsamt seines Pflasterer-Hammers von Elzer bei dessen Abschied bekommen hatte und versteckte sich an jenem Abend im Gebüsch, bis Heinrich besoffen aus der Kneipe zu seinem Mercedes getorkelt kam. Sie erschlug ihn. Und das Letzte was seine Augen sahen, war Michaels Uniform. Er röchelte noch: »Bergheim, wie nur …?« Dann war’s aus mit ihm. Danach schleppte sie ihn genau an die Stelle, wo mein Vater den Kreismüller 20 Jahre zuvor niedergeworfen hatte. Hätte meine Mutter ihn nicht getötet, ich hätte es mit Sicherheit irgendwann selbst getan.
    Und bevor ihr auf irgendwelche dummen Ideen kommt, ich war’s, ich habe Manfred erschlagen. Er hatte es genauso verdient wie sein Vater. Ich befürchtete, dass er den Hof verkaufen wollte, und als er dann eines Abends unverschämt grinsend aus Sandras Zimmer kam, sah ich wieder die Fratze seines Vaters in Manfreds Gesicht. So fasste ich den Entschluss, dem ein Ende zu setzen. Manfred sollte auf die gleiche Art sterben, wie sein Vater zuvor. Denn idealerweise hatte mir meine Mutter auch genau beschrieben, wo sie 1967 den Hammer und die Klamotten auf unserem Dachboden versteckt hatte. Ich brauchte nicht lange zu überlegen, wie ich es anstellen sollte. Es war eigentlich ganz leicht, denn ich wusste von seinem Verhältnis mit der Krause und wo er seinen Wagen parkte. So zog ich mir die alte Uniformjacke an. Doch im Gegensatz zu ihr habe ich darauf verzichtet, mir auch noch die verlauste Kappe auf den Kopf zu setzen. Ich verbarg mich also in den Hecken nah am Reinigungsschacht, hielt den Pflasterer-Hammer, an dem noch das getrocknete Blut seines Vaters klebte, fest in meinen Händen und wartete … bis er tatsächlich kam. Völlig ahnungslos stieg er aus seiner goldenen Kiste und noch ehe dem armen Trottel klar war, was mit ihm geschah, erschlug ich ihn. Welch ein herrliches Geräusch, als der Hammer seinen Schädel wie eine Kokosnuss aufplatzen ließ und er daraufhin mit weit aufgerissenen Augen und schmerzverzerrtem Gesicht tödlich getroffen zusammenbrach. Ich brauchte ihn anschließend nur noch in den Kanal zu werfen. Den Schlüssel für das Schachtgitter hatte ich ja aus dem Bürgermeisterbüro. Puh, da warst Du mir wirklich dicht auf den Fersen. Dann versteckte ich noch die Sachen in der Schachtmauer und fuhr mit dem Capri nach Hause. Ach ja, für den Fall, dass ihr Sandras Finger ab drücke auf dem Hammer finden solltet, gibts eine simple Erklärung. Vor ein paar Monaten stand sie auf einmal vor mir und hielt die Wehrmachtsjacke und den Hammer in ihren Händen. Sie war auf dem Dachboden und hatte das Zeug zufällig unter der losen Bodendiele gefunden. Die Sachen lagen übrigens auch schon 1967 an der Stelle. Ihr wart so oft so dicht davor, das Zeug zu finden. Und ich trug natürlich Handschuhe bei Manfreds »Erlösung« .
    Meine Mutter begann sofort nach Heinrichs Tod mit der Suche nach Michael Bergheim, da sie immer fest daran glaubte, dass er noch lebte. Sie hatte wirklich alles in ihrer Macht Stehende unternommen und nichts unversucht gelassen … leider ohne Erfolg.
    Der beiliegende Schlüssel gehört zu einem Schließfach des Bahnhofs in St. Josef. Darin enthalten ist ein Abschiedsbrief an Sandra, worin ich ihr alles erkläre, die Briefe meines Vaters, die er im Krieg an Mutter geschrieben hatte und das alte Schokoladenpapier … und ein paar Erinnerungsstücke MEINER Bergheim-Familie.
    Ich bitte nicht um Vergebung für mein Handeln. Vielleicht ist es auch nur schwer nachvollziehbar. Aber ich hoffe, Du verstehst mich eines Tages!
    Fritz, ich

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