Novemberrot
er soll die Zinkwanne mitbringen!«, wies Weller die Kollegen aus St. Josef mit befehlsartigem Unterton an. In einem Respektabstand zur Leiche hatte sich inzwischen eine kleinere Gruppe von Dorfbewohnern postiert, die sich mit betroffenen Mienen betont leise im ortsüblichen Dialekt unterhielten. Während die uniformierten Beamten nun den Fundort sicherten wie ihnen, wie sie zu sich sagten, von diesem arroganten Schnösel aufgetragen worden war, gingen die beiden Kommissare auf die Einheimischen zu .
» Wer von Ihnen ist der Wirt?« Mit dieser Frage durchbrach Schuster deren Gemurmel. Ein kräftiger Mann in Filzpantoffeln, dunkelblauer Stoffhose und nicht zugeknöpfter, grüner Lodenjacke über dem gerippten, weißen Unterhemd kam einen Schritt auf die Kriminalbeamten zu .
» Das bin ich. Ich hatte gerade unseren Ofen gereinigt und wollte die Asche in die Tonne kippen und dann das«, antwortete dieser ganz aufgeregt, indem er mit seiner Nase in Richtung des Toten wies. Seine Sprache klang in den Ohren der Kommissare doch recht ungewöhnlich, denn er kombinierte Platt mit Hochdeutsch, wie es ihm gerade in den Sinn kam .
» Was für ein Schock am frühen Morgen«, fügte er noch hastig hinzu .
» Nun, wie ist Ihr Name?«, wollte Weller wissen und schaute den Leichenfinder durchdringend an, sodass diesem ein wenig mulmig zu Mute wurde .
» Ja, ich heiße Pohlert, Anton. Aber hier im Dorf nennen mich die Leute einfach nur den Tohn«, antwortete der Gastwirt ängstlich, den bohrenden Blicken Wellers schüchtern ausweichend .
» Und kennen Sie den Toten?«, hakte nun Schuster, die aufkommende Angst Pohlerts erkennend, ruhig und sachlich nach. Anton hielt kurz inne .
» Es ist der Heinrich Kreismüller, ein Bauer. Seiner Familie gehört ein großes Gut etwas außerhalb von Mayberg. Und gestern war er noch in meiner Wirtschaft, wie immer donnerstags abends«, entgegnete er, sich nachdenklich durch die dünnen, grauen Haare mit der rechten Hand streichend .
» Und die Familie«, begann Schuster die nächste Frage, doch Pohlert fiel ihm aufgeregt ins Wort .
» Ja, Maria seine Frau, die beiden Kinder Rosi und Manfred … und die alte Katharina, die Magd, bewohnen den Hof.«
»Um wie viel Uhr hat Kreismüller denn ihr Lokal verlassen?«, schaltete sich jetzt Weller wieder in die Befragung ein .
» So spät war es nicht. Eigentlich blieb Heinrich nie so lange. Ich schätze, es war wohl so gegen halb elf, oder so. Ganz genau weiß ich es aber nicht«, antwortete der Wirt nachdenklich .
» Vielleicht kann sich seine Tochter, die Rosi erinnern. Sie hilft ein paar Tage in der Woche bei uns aus, wie gestern«, fügte er noch erklärend hinzu. Das rief nun einen der Umherstehenden auf den Plan. Ein Typ Marke Gustav Heinemann mit Hornbrille und dunkel gekleidet trat dicht zu Weller .
» Franz-Josef Schmidt, mein Name. Kreismüller hatte Maria geheiratet, da war Rosi acht oder zehn Jahre alt. Rosis eigentlicher Vater, ein gewisser Michael Bergheim, Marias erster Mann, wurde Ende der vierziger Jahre, nachdem er spurlos verschwand, für tot erklärt. Keiner im Dorf weiß irgendwas Genaueres. Aber es wurde Kleidung von ihm an der Nette gefunden. Und da sie zu der Zeit Hochwasser führte, nahmen alle an, er sei ertrunken. Aber unter uns gesagt, ich kannte Michael. Vielleicht ist er auch nach Amerika ausgewandert«, gab er dem Kommissar geheimnisvoll flüsternd zu Protokoll. Fritz zog seinen Kopf zurück, da der strenge Mundgeruch des Heinemann-Verschnitts ihm den Atem raubte .
» Gut gut, haben Sie vielleicht gestern Abend etwas Auffälliges bemerkt?«, wollte der Kommissar von Schmidt wissen .
» Nein, ich gehe nur sonntags morgens nach der Messe zum Frühschoppen in die Wirtschaft und auch sonst ist mir nichts Außergewöhnliches aufgefallen.« Diese Antwort wirkte auf den Kommissar fast wie eine Entschuldigung dafür, dass sein Gegenüber nichts zur Aufklärung des Mordfalles beitragen konnte .
» Halten Sie sich trotzdem bitte noch bereit, damit einer der Wachtmeister Ihre Aussage und Ihre Personalien aufnehmen kann. Und sollte Ihnen doch noch etwas einfallen, rufen Sie uns jederzeit in Burgstadt an.« Mit diesen Worten wandte sich Fritz naserümpfend von seinem Gesprächspartner ab und begab sich wieder zum Toten .
» Habt ihr schon irgendetwas gefunden, das die Tatwaffe sein könnte?«, wollte Weller von den beiden Uniformierten wissen .
» Nein, leider nicht. Aber allem Anschein nach ist der Mann nicht hier
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