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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
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Ausgenommen davon waren einige kurze Teilstücke der Dorfstraße, die mehr oder weniger zweckmäßig mit Teer ausgebessert waren. Die dunklen, aus Basaltstein errichteten Gebäude taten ihr Übriges dazu. Bei einem Bauernhof, an dem er vorbeilief stand das eiserne Tor weit offen und Fritz musste unweigerlich hineinschauen.
    Die Szene, welche sich ihm hier darbot, kannte er eigentlich nur aus Erzählungen von früher. Ein alter Mann, nur in weißem Feinrippunterhemd, schwarzer Stoffhose, die Hosenträger herunterhängend, Pantoffeln an den Füßen mit der Zeitung unterm Arm, schlurfte durch den Hof. Sein Ziel war das neben dem qualmenden Misthaufen befindliche Plumpsklo. Nachdem er die Holztür knarrend aufgezogen hatte, konnte Weller für einen kurzen Moment ein in Sitzhöhe angebrachtes Holzbrett mit topfgroßem Loch erkennen, auf dem sich der Greis mit heruntergelassener Hose, erleichtert seufzend niederließ.
    Weitere Einzelheiten blieben dem Stadtmenschen aufgrund der eingeschlagenen Laufgeschwindigkeit glücklicherweise erspart. Letztlich waren es die vereinzelten neuen, hellgestrichenen Häuser, die zeitgemäßen Fahrzeuge und die mit elektrischem Strom betriebenen Straßenlaternen, welche dem Betrachter klar machten, sich doch im Jahre 1967 zu befinden. Fritz grüßte jeden, der ihm auf seiner Runde begegnete, mit einem freundlichen »guten Morgen«.
    Doch die wenigen Passanten, die um diese Uhrzeit schon unterwegs waren, wunderten sich doch sehr, dass hier einfach jemand, und dazu noch ein Fremder, mehr oder weniger grundlos in der Gegend umher lief .
    » Die schauen mich an, als wäre ich ein Außerirdischer«, murmelte er schmunzelnd vor sich hin.
    Im Dorf gab es zwar einen Sportverein, den TUS Mayberg 1902, der aber außer Fußball keine weitere Disziplin zu bieten hatte. In Ermangelung eines Fußballplatzes hatte sich der Klub nach dem Krieg zu einer Spielgemeinschaft mit Kottenhausen zusammengetan.
    In dessen sogenanntem Waldstadion, objektiv betrachtet ein besserer Rübenacker, wurden die Heimpartien unter großem Zuspruch der Bevölkerung ausgetragen. Doch da sich das vorhandene Talent und der Trainingsfleiß umgekehrt proportional zur Trinkfreude der Akteure verhielten, war der sportliche Erfolg allerdings recht überschaubar. Denn das sogenannte Aushängeschild des Vereins, die erste Herrenmannschaft, krebste seit Längerem recht sang- und klanglos in den Niederungen der zweituntersten Kreisliga herum.
    Vor dem Krieg musste es einmal anders gewesen sein, wie die zahlreichen Urkunden und Pokale belegten, welche in einer Glasvitrine in Pohlerts Kneipe ausgestellt waren. Sportarten wie Leichtathletik oder Handball, von Modernem Fünfkampf ganz zu schweigen, stießen bei den meisten Dörflern nur auf geringes Interesse. Den Eingeborenen waren Namen wie Armin Hary, Emil Zatopek, oder Jesse Owens und deren Leistungen zwar geläufig, sie selbst wären jedoch aus den unterschiedlichsten Beweggründen nie auf die Idee gekommen, ihnen nachzueifern. Geschätzte dreihundert Meter war Fritz nun entlang des friedlich vor sich hin plätschernden Segbachs gelaufen. Da erreichte er die Stelle, an der das Flüsschen mittels Betonrohren unter der Eisenbahnlinie hindurch, von den umliegenden Auen kommend, in Richtung Dorf geleitet wurde.
    Da augenscheinlich auf der gegenüberliegenden Seite kein Weg weiterführte, war er gezwungen, nach links in die Bahnhofstraße abzubiegen, wo er entlang einiger hübscher neugebauter Einfamilienhäuser in Richtung Kirche seine Runde fortsetzte. Nur ein paar Schritte nach dem Passieren des neben dem Gotteshaus gelegenen Friedhofs steuerte er bereits wieder auf die Dorfstraße zu.
    An der Hauptverkehrskreuzung des Ortes angelangt, stieß Weller fast kerzengerade auf die Gebäude eines Bauernhofs, die ihm doch gleich bekannt vorkamen. Es war zwar schon fast dunkel, als er gestern mit seinem Kollegen hier gewesen war, doch es musste sich dabei um das Anwesen der Maiers handeln. Er verlangsamte sein Tempo deutlich und stoppte vor der Einfahrt. Da sie weder gepflastert noch in sonst einer Form befestigt war, hatten die Reifen von einigen Fahrzeugen ihre Abdrücke im Matsch hinterlassen.
    Bei dem ganzen Durcheinander fielen dem Kommissar neben denen von Maiers Traktor auch solche von breiteren Pneus auf, welche sich tief in den Boden eingegraben hatten. Daher schätzte er, dass sie gut von einem schweren PKW, wie es der Mercedes des Mordopfers nun mal war, herrühren konnten. Und wenn er

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