Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
Vom Netzwerk:
Unrecht wieder, das ihr Zeit ihres Lebens widerfahren war. Sie schwiegen.
    Undeutliches Stimmengewirr drang vom Flur in den kleinen Raum. Nach einer Weile sagte Rosi leise: »Ich denke, wir haben für den Moment alles geklärt, oder?« Fritz grübelte kurz und antwortete schließlich: »Eigentlich schon, doch eine letzte Frage habe ich noch an dich. Wie hieß eigentlich der Elzer mit Vornamen? In meinen Aufzeichnungen hatte ich ihn nicht vermerkt und die Mayberger sprachen immer nur vom alten Elzer .
    » Der hieß, der hieß … Matthias«, antwortete Rosi wie aus der Pistole geschossen .
    » Dann passt alles zusammen. Du erinnerst dich noch an seine monatlichen Einträge ›ME 500 Mark‹ von Anfang 1964 bis zu dessen Tod im November 1967.« Fritz deutete auf das kleine Notizbuch, welches neben den beiden Briefen auf dem Tisch lag .
    » Ja, und was hat es damit auf sich?«, fragte sie schroff .
    » Ich durchforstete die alten Unterlagen des Mordfalls Heinrich Kreismüller und in einer Zeugenaussage fand ich den entscheidenden Hinweis. Kann es sein, dass so um den Jahreswechsel 63/64 der Wagen deines Stiefvaters demoliert war?« Der Kommissar lauerte auf ihre Antwort wie ein hungriger Löwe auf seine Beute .
    » Ja stimmt. Das muss Anfang Januar 1964 gewesen sein. Ich bemerkte, dass die Stoßstange an seinem guten Mercedes eingedellt war. Zum gleichen Zeitpunkt kam unsere Magd Katharina vom Einkaufen aus dem Ort und berichtete, dass der alte Elzer am Vorabend von einem Wagen angefahren worden sei und nun mit mehreren Knochenbrüchen in St. Josef im Krankenhaus liegen würde. Als Heinrich das erfuhr sagte er nur, dass er sich um alles kümmern werde. Wir sollten nur unsere Klappen halten. Niemand sonst aus der Familie fuhr den Wagen … außer Manfred. Er drehte heimlich damit seine Runden, wenn der Alte nicht zuhause war.« Rosi hatte soeben Manfred als damaligen Unfallverursacher eiskalt entlarvt .
    » Und Heinrich Kreismüller zahlte dem Unfallopfer bis zu dessen Tod eine satte monatliche Schweigerente. Zumindest diesen kleinen Aufklärungserfolg konnte Weller auf seinem Habenkonto nun verbuchen. Glücklich machte ihn dieser Umstand jedoch nicht. Denn als er das Büchlein Rosi wieder zurückgeben wollte, sagte sie mit Tränen in ihren Augen:
    »Behalte es, oder schmeiß es weg. Ich brauch jedenfalls nichts von ihm. Schon gar kein Andenken.« Daraufhin blickte sie schweigend aus dem Fenster. Wenig später verabschiedeten sie sich voneinander und Weller kündigte seinen Besuch auf dem Hof für den heutigen Abend an. Als sie sich schon auf dem Flur befanden, fiel ihm noch die Sache mit Manfreds Hund ein und er fragte Rosi, ob das Tier denn alt oder krank gewesen sei .
    » Der Hund war weder alt noch krank, er wurde vergiftet. So ein Drecksack hatte Giftköder ausgelegt. Das Tier schleppte sich noch bis hinter die Gemeindehalle und ist dort elendig krepiert. Aber was soils. Letztlich wird in dem Kaff doch eh alles vertuscht und denjenigen kriegt ihr sowieso nicht zu fassen.« In Rosis Antwort klangen Verbitterung und Resignation .
    » Du traust uns wohl überhaupt nichts zu. Also lass dich überraschen!«
    Mit dieser Ankündigung Wellers im Gepäck machte sich Rosi nun per Bahn auf den Heimweg und Fritz raffte sich widerwillig auf, um dem Lord den Stand der Ermittlungen zu offenbaren. Doch wie es der Zufall wollte, wurde Wellers unbeliebter Vorgesetzter kurzfristig zu einer Besprechung mit dem Polizeipräsidenten einberufen und der Kommissar begab sich, erfreut von diesem glücklichen Umstand, sofort wieder an seinen Schreibtisch, um in den alten Aufzeichnungen nach weiteren Hinweisen zu stöbern. Und noch immer hoffte er in seinem Innersten, dass Rosi nichts mit diesem Mord zu schaffen hatte.
    Doch nur Sekundenbruchteile später verblassten diese Hoffnungen und durch Wellers Hirn zuckten instinktive Befürchtungen, die ihm genau das Gegenteil suggerierten. So hin und her gerissen durchlebte er quasi eine Achterbahn der Gefühle, eine Sinus-Kurve der Spekulationen, ein Intervall der Emotionen mit ständigen ups and downs.
    Gegen zehn Uhr signalisierte Wellers beigefarbenes Tastentelefon in Form von aufdringlichen, immer wiederkehrenden Drei-Ton-Salven das Bemühen eines Anrufers, mit ihm in Kontakt treten zu wollen. Aus seinen Gedankengängen gerissen, hob der Polizist missmutig den Hörer nach gut einer Minute ab .
    » Na, habe ich dich geweckt?«
    Am anderen Ende der Strippe war seine Kollegin, die sich diese Spitze

Weitere Kostenlose Bücher