Novemberrot
wissen«, machte Weller kurzerhand unmissverständlich klar, nicht darüber sprechen zu wollen, nahm das ungeliebte Tuch und wischte sich damit vorsichtig seine stark gerötete Nase. Danach erhob er sich ächzend vom Schemel, sammelte seine Habseligkeiten wieder ein und hatte schon Worte des Abschieds auf der Zunge .
» Ach ja, ich hab da noch was. Ich nehme an, das könnte dich interessieren!« Der Wissenschaftler öffnete die oberste Schublade des links unter dem Labortisch stehenden Rollcontainers und zog ein Foto heraus .
» Wir haben die Stelle mit den Einkerbungen am Hammerkopf vorsichtig gesäubert. Jetzt kann man vielleicht mehr erkennen.« Er gab Fritz das Bild. Und obwohl ausschließlich der besagte Bereich stark vergrößert abgelichtet war, konnte er das Rätsel nicht entschlüsseln. Auch das Drehen des Fotos um 180 Grad brachte keine Erleuchtung .
» Sieht irgendwie abstrakt aus … mmh, könnte alles oder nichts sein … vielleicht ein Namenskürzel oder so was?« Weiler zog die Mundwinkel der Ahnungslosigkeit nach unten und blickte sein Gegenüber mit Fragezeichen in den Augen an. Doch der war in diesem Fall keine große Hilfe und lachte nur ironisch: »Wäre nur zu schön, wenns die Initialen des Mörders wären!« Mit der Bemerkung »das Foto kannst du behalten, ich habe noch mehr davon« entließ der Kriminaltechniker ihn in die Nacht.
»Ich penne heute hier.«
Weller war nun endgültig platt wie eine Flunder und deshalb begab er sich geradewegs in sein Büro. Dort angekommen knipste er das Zimmerlicht an. Kommissarin Franck hatte sich offensichtlich einen schmalen Pfad zu ihrem Arbeitsplatz mitten durch den Papierdschungel ihres Kollegen gebahnt und die Dokumente einen Fuß breit auseinandergeschoben.
Außerdem lagen alle Unterlagen, die Weller auf ihrem Schreibtisch ausgebreitet hatte, nun aufeinandergestapelt neben seinem Telefon. Der reumütige Kommissar legte die Tüte Kartoffel-Chips auf die Tastatur ihrer Schreibmaschine .
» Sorry!«
Er stellte sowohl die Papierrolle als auch die Bierflasche kurz daneben ab, griff sich einen Notizzettel, schrieb das schlichte aber gewichtige Wort der Entschuldigung darauf und tackerte ihn flugs gut sichtbar an den Rand der Tüte. Dann klemmte er sich das verhasste Nasenputzhilfsmittel wieder unter den linken Arm, nahm das Stubbi, knipste das Licht wieder aus, zog die Tür leise hinter sich zu und trottete ins Nachbarzimmer.
Hier befand sich das Domizil der Team-Sekretärin Uschi Schalupke. Sie war die älteste Tochter seines langjährigen Partners Hauptkommissar Rolf Schalupke. Dieser trat Ende der Sechziger die Nachfolge von Winfried Schuster an und die zwei waren über viele Jahre ein nahezu unschlagbares Gespann. In den Kreisen der Burgstädter Polizei nannte man sie schlichtweg nur Starsky and Hutch … bis zu Rolfs gewaltsamem Tod vor gut drei Jahren. Aber das ist eine andere Geschichte. Wenige Monate darauf erbte Wellers aktuelle Partnerin Schalupkes Platz. Das Büro der Sekretärin war unter anderem der zentrale Umschlagplatz aller Neuigkeiten, seien sie von Belang oder auch nicht und außerdem, worauf es Fritz nun abgesehen hatte, auch die inoffizielle Apotheke des Präsidiums.
Uschi hielt sich ständig ein Sammelsurium diverser Arzneien zur Linderung aller möglichen und auch unmöglichen Beschwerden in einem Schuhkarton auf Vorrat. Die Kiste stand wie immer im obersten Fach ihres Dokumentenschrankes. Frau Schalupke war natürlich auch schon lange nach Hause gegangen, denn schließlich zeigte die Zimmeruhr bereits 23:15 Uhr und so fühlte sich Weller, als wäre er in einem Selbstbedienungsladen. Er parkte seine Mitbringsel auf dem Schreibtisch der Sekretärin, nahm die Kiste heraus, stellte sie daneben ab und fand nach kurzem Suchen eine Packung Paracetamol .
» Mensch, warum bin ich heute Morgen nicht direkt zur ihr? Na ja, ist jetzt eh egal«, dachte sich Fritz und drückte sich zwei der Pillen aus der Plastikverpackung direkt auf seine belegte Zunge.
Dann hebelte er geschickt mit einem herumliegenden Plastikfeuerzeug den Kronkorken von Tohns Stubbi ab und spülte die Tabletten damit ohne abzusetzen auf ex hinunter. Ob das Bier nun gut oder schlecht schmeckte, konnte Fritz nicht feststellen, denn aufgrund seiner Erkältung empfand er sowieso alles gleich mies. Aufgewärmt hatte er die Flasche zwar auch nicht, aber zusammen mit den Tabletten, so hoffte er, wirds bestimmt die gleiche Wirkung haben.
Und nachdem er sich den
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