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Novemberrot

Novemberrot

Titel: Novemberrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Theisen
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Erkältungscocktail reingezogen und seine Papierrolle unter den linken Arm geklemmt hatte, schlich er aus dem Zimmer. Anscheinend hatte die Wirkung der Mixtur bereits eingesetzt, denn er ließ sowohl die leere Bierflasche samt Kronkorken neben der Arzneisammlung auf dem Schreibtisch zurück, noch löschte er das Zimmerlicht, vom Schließen der Bürotür ganz zu schweigen.
    So schlurfte er schon recht benebelt bis ans Ende des Ganges, an dem gegenüber dem Besprechungsraum seine Ruhe-Stätte für diese Nacht, nämlich das Krankenzimmer der Abteilung, angesiedelt war. Er betrat den kleinen Raum und zog dieses Mal die Tür hinter sich zu, nachdem er zuvor die auf dem Beistelltisch stehende Nachttischlampe angeschaltet hatte .
    » Ich will nur noch schlafen.«
    Er warf die Papierrolle ans Kopfende der Liege und entledigte sich anschließend ohne große Umschweife seiner Winterjacke, seiner Stiefel und der Weste, indem er die Teile einfach neben sich zu Boden fallen ließ. Dann schnallte er die Dienstwaffe ab und schmiss sie oben auf den Kleiderhaufen.
    Fritz lag bereits mit der kratzigen olivgrünen Baumwolldecke bis zur Nasenspitze zudeckt auf der Pritsche und wollte eben das Licht löschen, da griff seine linke Hand wie automatisiert nach der Winterjacke. Und nur wenige Sekunden später starrte er auf seinem Rücken liegend gebannt auf das Foto, welches ihm der Kriminaltechniker vorhin überlassen hatte.
    Zunächst noch scharf fokussiert den Blick auf die Zeichen gerichtet, wurde die Abbildung, je länger er sie betrachtete, immer undeutlicher, bis sie endgültig vor seinen Augen verschwommen war. Seine Muskulatur entspannte sich und die Hand, die das Foto eben noch hochgehalten hatte, sank samt Bild auf seine Brust. Wellers Augen schlossen sich .
    » Rosi … Sandra … Mord … Sandra … Rosi … Freddie Mercury ist tot … Rosi … Sandra … beende es, beende es jetzt … beende … Rosi.« Und obwohl das Licht der kleinen Lampe neben ihm noch brannte, glitt Fritz getrieben von den Eindrücken der letzten Tage in einen tiefen Schlaf.
    Ich gehe durch einen schmalen dunklen Gang und stoße eine Holztür mit Bullauge nach vorne auf. Vor mir im hellen Neonlicht steht Freddie Mercury in schrillem kanariengelbem Aufzug. In seiner Rechten hält er das silbrig glänzende, obere Teil eines Mikrofonständers, wie in einem Rockkonzert. Doch es sind nicht seine Bühnenklamotten. Vielmehr erinnern sie mich an die typische Kleidung eines Wettkampfrichters beim Sport. Nur halt nicht in weiß .
    » Freddie, du hier? Im Radio erzählten sie, du seiest gestorben!« Ich bin verwirrt .
    » Wird wohl was dran sein, wenn die es sagen. Außerdem, wer will denn schon ewig leben? Aber lassen wir das. Hier geht’s schließlich nicht um mich, sondern nur um dich!« Ich staune. Freddie spricht echten Mayberger Dialekt, gemischt mit gelegentlichen Anleihen aus dem Hochdeutschen. Ich schmunzele .
    » Willst du zu Olympia?« Ich stutze .
    » Was fragt er?«
    »Willst du zu Olympia?« Er wiederholt seine Frage, doch diesmal klingt sie energischer, fordernder. Ich bin verwirrt und antworte kleinlaut: »Aber das war doch vor fast 30 Jahren. Ich habe nichts, ja rein gar nichts mehr seitdem mit dem Modernen Fünfkampf zu schaffen.«
    »Stell dich nicht so an, mein Lieber. Da hinten wartet schon die erste Disziplin auf dich und deine Konkurrenz ist übrigens schon durch. Nur du fehlst noch.« Freddie drehte sich zur Seite und zeigte mit dem Mikrofonständer zur Anlage. Von den zehn Schießbahnen ist nur noch die Nummer 7 beleuchtet. Alle anderen liegen im Dunkeln. Ohne Gelegenheit mich zu seiner komischen Aufforderung zu äußern, stehe ich mit einem Mal zehn Meter von der Zielscheibe entfernt, habe die Luftpistole im Anschlag und fixierte die Ringe. Mein rechter Zeigefinger macht was er will. Ich ballere die ersten acht Patronen einfach drauf los .
    » Das ging ja besser als erwartet.« Alles Neuner und Zehner .
    » So, die beiden letzten gehen jetzt auch noch.« Ich halte meine Konzentration hoch .
    » Doch was ist das denn plötzlich für ein seltsames Gefühl? Beobachtet mich jemand?« Ich drehe mich um, schaue nach links und rechts. Ich sehe niemanden. Diese brennenden Blicke bohren sich schmerzhaft in meinen Kopf. Ich muss hier weg .
    » Schnell noch die beiden letzten Schuss raushauen. Na klasse, zwei lupenreine Fahrkarten!« Doch für Ärger ist kein Platz. Denn schon gleich im nächsten Augenblick stehe ich einem mir unbekannten Gegner auf

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