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Novizin der Liebe

Novizin der Liebe

Titel: Novizin der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: CAROL TOWNEND
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Stein, das dem Lauf des Flusses Itchen folgte. Sie würden ihn überqueren müssen, um in die Stadt zu gelangen.
    Vor ihnen lagen das Osttor und die Brücke. Auf der Straße herrschte reges Treiben. Dutzende, nein Hunderte von Männern waren unterwegs: bärtige Angelsachsen mit zotteligen Mähnen, glatt rasierte Fremde. Sie sah auch sächsische Frauen, die ihre Säuglinge auf dem Rücken trugen, einen Priester auf einem Maultier, zwei kämpfende Hunde – der Gegensatz zum ruhigen, beschaulichen Leben im Kloster machte sie beinahe schwindeln. Wie leicht konnte man hier verloren gehen, wenn man von seinen Gefährten getrennt wurde! Unwillkürlich schloss sie die Finger fester um Adam Wymarks Gürtel.
    Er wandte sich zu ihr um, eine Hand auf ihr Knie gelegt. „Wir sind schon fast in der Garnison“, sagte er. „Könnt Ihr es noch ein wenig länger aushalten?“
    Der Druck seiner Hand war sanft, doch Cecily war, als drücke man ihr ein Brandzeichen durch den verschlissenen Stoff ihres Habits. Sie blickte auf Adams lange, schlanke Finger hinab, die rot angelaufen waren vor Kälte, weil er ihr seine Handschuhe überlassen hatte. Die Haut an den Fingerknöcheln war abgeschürft, die Nägel mit den Zähnen kurz gehalten. Allzu menschlich, diese abgekauten Nägel. Hätte sie sie doch nur nicht bemerkt …
    „Ich bin wohlauf, danke“, entgegnete Cecily, obgleich ihre Muskeln so sehr schmerzten, dass sie sich bestimmt eine Woche lang kaum würde rühren können.
    Herzog Wilhelms Ritter nickte, nahm die Hand von ihrem Knie und richtete den Blick nach vorn, während Cecily eine Reihe ausgebrannter Wohnhäuser betrachtete, welche die Straße säumten.
    Kriegsschäden? Einigen der Häuser fehlte das Dach, von anderen war nur noch ein Gerippe aus verkohlten Balken übrig, die gen Himmel ragten. Ein starker Rauchgeruch hing in der Luft und ließ Cecilys Augen tränen. Ihr war, als habe sie einen Kloß im Hals. Weder die römischen Stadtmauern noch der Fluss Itchen hatten viel zum Schutz der Häuser am Rand der alten angelsächsischen Hauptstadt beitragen können. In den jüngsten Kämpfen waren bis auf einige besonders solide gebaute alle Häuser zerstört worden.
    Wie Aaskrähen streiften zerlumpte Gestalten vorsichtig durch die Trümmer und zogen hie und da etwas Brauchbares daraus hervor. Ob es sich bei ihnen um die ehemaligen Bewohner oder um Plünderer handelte, war nicht von Bedeutung. Es zählte nur die Tatsache, dass die Menschen, die hier am Stadtrand von Winchester lebten, ins Elend gestürzt worden waren. Cecily wurde schwer ums Herz. Hoffentlich war Fulford dieses Schicksal erspart geblieben! Hoffentlich waren die Dorfbewohner wohlauf!
    Ein Trupp bewaffneter normannischer Reiter kam in scharfem Trab aus dem Osttor geritten und überquerte die Brücke. Als sie auf Sir Adams Höhe angelangt waren, grüßte der Anführer: „Wymark!“
    „ Holà, Gervais!“ Adam wandte den mit Kettenhaube und Helm bedeckten Kopf zu ihr um und sagte lächelnd: „Haltet durch, Lady Cecily, in ein paar Minuten sind wir da.“
    Sie wich seinem Blick aus. Adam Wymark mochte mit Fug und Recht über Eide sprechen, die Könige einander geschworen hatten, über Eide, die gebrochen worden waren, doch was verstand das einfache Volk davon? Nein, dieser Ritter und seinesgleichen hatten zu viel Elend über die Menschen gebracht! Um wiedergutzumachen, was Herzog Wilhelms Krieger ihrer Heimat angetan hatten, reichte es bei Weitem nicht aus, ihr einen warmen Mantel und ein Paar Handschuhe auszuborgen und einige freundliche Worte an sie zu richten …
    Am Tor streckte ein Blinder die Hand aus und bat um Almosen. Fulfords neuer Herr griff in einen kleinen Beutel, wühlte darin herum, und im nächsten Augenblick flog ein silberner Viertelpenny durch die Luft und landete mit Geklirr in der Schale des Bettlers.
    Cecily runzelte die Stirn. Der Mann steckte voller Widersprüche. Was sollte sie von ihm halten? Einerseits war er Herzog Wilhelms treuer Ritter – ein Mann, der fähig war, ihre Landsleute umzubringen –, andererseits verteilte er Almosen an angelsächsische Bettler.
    Die Brücke dröhnte hohl unter den Hufen der Pferde. Einen Herzschlag später ritten sie unter dem schattigen Steinbogen des Osttores hindurch. Das Licht wurde heller, als sie unter dem Torbogen hervorkamen und die eigentliche Stadt sich vor ihnen auftat.
    Innerhalb der Mauern sah es besser aus. Cecily fasste frischen Mut, als die Hufe der Pferde in raschem Trab auf dem

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