Novizin der Liebe
schienen sie aufzuschrecken, denn sie löste die Augen lange genug vom Eingang der Kathedrale, um ihm einen flüchtigen Seitenblick zuzuwerfen. „Ja, Sir, wie Ihr wünscht.“ Und mit diesen Worten richtete sie ihre Aufmerksamkeit zurück auf das Portal.
Er schüttelte den Kopf. Unendlich froh darüber, dass diese Verlobung keine Herzensangelegenheit war, empfand er es dennoch als kränkend, wenn eine Frau kaum eine Regung zeigte, wenn ein Mann sich bereiterklärte, sie zu ehelichen. Was ging hier vor?
„Ihr macht mich sehr glücklich“, sagte er trocken. „Wisst, dass ich einen Schreiber damit beauftragt habe, dem Herzog förmlich mitzuteilen, dass Ihr die Stelle Eurer Schwester einnehmen werdet. Ich werde meine Meinung nicht ändern. Glaubt Ihr, uns könne wenigstens so etwas wie Freundschaft verbinden?“
Ein kurzes Nicken, ein flüchtiges Aufschauen, dann schweifte ihr Blick abermals zurück zum Portal.
Adam seufzte und führte sie entschlossenen Schrittes um die Außenmauer des nördlichen Querschiffes herum. Sie folgte ihm recht willig. Wie er gehofft hatte, waren sie im Windschatten der Mauer völlig abgeschirmt gegen neugierige Blicke, gegen den Lärm und den Trubel, der auf dem Vorplatz herrschte. Im Herzen von Winchester besaßen sie für einige Augenblicke ihre eigene, wenn auch kleine Welt – auf der einen Seite begrenzt durch die Mauer der Kathedrale, auf der anderen durch einen mannshohen Holzzaun.
Cecily nagte nervös an ihrer Unterlippe.
Mit sanfter Entschlossenheit drückte Adam sie gegen die Mauer. Als sie sich nicht wehrte, fiel ein Teil der Anspannung von ihm ab. Und als er sah, dass jener erschrockene Ausdruck allmählich aus ihren Augen wich, entspannte er sich noch mehr, hob die Hand und ließ die Finger so sanft er konnte über Cecilys Lippen gleiten. Sie war so klein und zierlich. An ihrer Seite kam er sich riesenhaft und plump vor. „Kein Grund, Euch vor Sorge zu verzehren“, murmelte er, und seine Stimme klang mit einem Male rau. „Ich weiß, Ihr seid noch unberührt, eine Jungfrau. Wenn wir heiraten, werde ich sanft zu Euch sein, für Euch sorgen.“
Sie blickte ihn aus großen Augen an. Er spürte, wie sie zitterte. Vergib mir, Gwenn . Nun, Gwenn war nicht da, sagte er sich, Cecily dagegen sehr wohl. Er strich ihr mit dem Zeigefinger über die Wange – wie zart sie war! – und schob ihn dann unter den gestärkten Saum ihres Schleiers. Zärtlich umfasste er ihr Gesicht und beugte sich dann zu ihr hinab, langsam, damit sie verstand, was er vorhatte und sich abwenden konnte, falls sie dies wollte. Dann berührten seine Lippen die ihren.
Warm. Ihre Lippen waren warm und süß.
Würde dieser Augenblick doch nie enden, dachte Adam, doch er wusste es besser. Unberührt – sie war noch unberührt. Nach einem Hauch von einem Kuss, bei dem er gewissenhaft darauf achtete, dass nur ihre Lippen einander berührten, löste er sich von Cecily und sah ihr ins Gesicht. Sie wirkte erschrocken, ihre Wangen waren gerötet, ihr Atem ging stoßweise. Doch sie hatte keine Angst – nicht vor ihm. Dafür würde er sein Streitross Flame verwetten.
Er lächelte. „Lady Cecily, ich werde Euch heiraten, doch ich werde Euch niemals bedrängen, darauf gebe ich Euch mein Wort. Wir werden unsere Ehe erst dann vollziehen, wenn Ihr dazu bereit seid.“
„I…ich danke Euch, doch ich habe nicht mein ganzes Leben im Kloster verbracht. Meine Mutter hat mich über gewisse Pflichten einer Ehefrau aufgeklärt. Unsere Verbindung wird keine wahre Ehe sein, bevor sie nicht vollzogen ist. Ich werde Euch nicht abweisen, Sir.“
Ihre Worte beruhigten ihn stärker, als er sich eingestehen wollte. Sanft strich Adam mit den Fingerrücken über ihre Wange und stellte dabei verwundert fest, dass sein Herz keineswegs so gleichmäßig schlug, wie es sollte. Was seltsam war angesichts des Umstands, dass sie die Unerfahrene war, nicht er. „Adam, mein Name ist Adam“, rief er ihr abermals in Erinnerung. „Und da Ihr meine Verlobte seid, ist es nicht unziemlich für Euch, mich damit anzusprechen.“
„Adam.“
Ihre Wangen hatten die Farbe wilder Rosen angenommen. Sie senkte den Blick, doch das wollte Adam nicht zulassen. Von Sehnsucht nach einem weiteren, leidenschaftlicheren Kuss erfüllt, betrachtete er ihren Mund. Was ich empfinde, ist reine Wollust, redete er sich ein. Es war eine Ewigkeit her, seit er seine Gwenn geliebt hatte. Das zärtliche Gefühl, das er diesem Mädchen gegenüber empfand, war keine
Weitere Kostenlose Bücher