Novizin der Liebe
werde dich heute Nacht nicht mehr brauchen.“
„Vielen Dank, Herr.“
Adam holte eine Decke aus seinem Bündel und nahm sie mit hinüber zu Cecily. Sie war so hübsch mit ihren feinen Gesichtszügen und den großen, von dunklen Wimpern umrahmten Augen. Herzzerreißend hübsch. Wenn er doch nur sicher sein könnte, dass sie ihn nicht verraten würde …
Brian errötete, als er ihn kommen sah, und zog hastig seine Hände zurück. „Entschuldigt mich, Mylady“, bat er, verbeugte sich und machte sich eilig aus dem Staub.
„Dies werdet Ihr brauchen“, sagte Adam und überreichte Cecily die Decke. Er wies auf einen Platz an der Wand. „Darf ich vorschlagen, dass Ihr Euch dort zur Ruhe legt? Es ist am weitesten vom Feuer entfernt, fürchte ich, doch Ihr werdet sicherer sein als im Kreise meiner Männer.“
Flammende Röte stieg ihr in die Wangen. „Gibt es kein Frauengemach, Sir?“
„Das hier ist eine Garnison. Ihr werdet an meiner Seite schlafen müssen.“
Einer von Adams Männern brach in schallendes Gelächter aus, riss sich dann jedoch hastig zusammen.
„An Eu…Eurer Seite, Sir?“
„Ich weiß, dass dies nicht leicht für Euch sein kann, Mylady“, entgegnete Adam, wobei er absichtlich ihren Titel gebrauchte, um seinen Männern zu zeigen, dass er Wert auf Höflichkeit im Umgang mit ihr legte. „Doch an meiner Seite werdet Ihr wirklich sicherer sein.“
Cecily erhob sich hastig, um ihre Schlafstatt herzurichten. Hoffentlich sieht niemand, wie meine Hände zittern, dachte sie verlegen. Im Nu hatte sie sich ein Lager nahe der Wand bereitet und ihren Schleier und die Haube abgenommen. Ihr Herz klopfte. Obwohl sie Sir Adam den Rücken zukehrte, spürte sie seinen Blick so deutlich, als würde er sie liebkosen – auf ihren Schulterblättern, auf ihrem Haar. Sie schmiegte sich tief in den kostbaren, pelzgefütterten Mantel und richtete die Augen auf einen Riss in der grob verputzten Wand. Ein schwarzer Käfer huschte in den Spalt. Zwar konnte sie Adam nicht sehen, doch sie hörte, wie er sich hinter ihr bewegte.
Den Geräuschen nach zu urteilen musste er ganz in der Nähe sein, doch sie wollte sich nicht umdrehen. Zum Nachtmahl war ein Ritter mit seiner Gemahlin in den Saal gekommen, doch diese war die einzige Frau gewesen, die Cecily im Laufe des ganzen Abends gesehen hatte. Es hatte sie in eine Männerwelt verschlagen, und deren Regeln unterschieden sich grundlegend von jenen des Klosters. Für gewöhnlich schlief Cecily auf der anderen Seite, doch dann müsste sie Adam im Schlaf das Gesicht zuwenden, und dazu fühlte sie sich zu verletzlich, zu entblößt.
Ein belustigtes Flüstern drang an ihr Ohr. „Schlaft Ihr immer mit einem so straff geflochtenen Zopf? Gwenn pflegte ihr Haar offen zu tragen …“
Sie wagte einen verstohlenen Blick über die Schulter. „Gwenn?“ Nur knapp eine Armeslänge von ihr entfernt, war Adam Wymark in Hockstellung damit beschäftigt, eine weitere Decke aus seinem Bündel zu zerren.
„Meine Gemahlin.“
Cecily blinzelte. „Ihr habt eine Gemahlin, Sir? Aber … aber …“
„Derzeit habe ich keine Gemahlin.“ Er verzog die Lippen. „Keine Sorge, kleine Cecily, Ihr heiratet keinen Bigamisten.“
Cecily drehte sich wieder zur Wand hin, während sie dieses neue Wissen über den bretonischen Ritter verdaute, der sich bereit erklärt hatte, sie zu heiraten. Er war bereits verheiratet gewesen. Ein Seufzer entschlüpfte ihr, als sie sich unbehaglich fragte, ob Adam Wymarks Frau seine Küsse wohl ebenso genossen hatte wie sie.
Gwenn war ihr Name gewesen. Hatte er sie geliebt? Wie hatte sie ausgesehen? Und was war mit ihr geschehen? War sie gestorben oder hatte er sie verstoßen?
In England war es ein Leichtes für einen Mann, eine Frau zu verstoßen – selbst eine, mit der er verheiratet war. Es war gang und gäbe in Wessex, und vermutlich verhielten sich die Dinge in der Bretagne ganz genauso. Es gab unzählige Gründe für einen Mann, sich einer Frau zu entledigen: die versprochene Mitgift wurde nicht gezahlt, die Ehe nicht vollzogen, der erwartete männliche Erbe nicht geboren …
Sie seufzte. Würde Adam Wymark sie verstoßen, wenn sie ihm nicht gefiel? Wenn sie ihm keinen Stammhalter gebar? Und eine Mitgift hatte sie ohnehin nicht anzubieten.
Sosehr sie sich auch den Kopf zerbrach, ihr fiel kein einziges Beispiel ein, bei dem eine Frau einen Mann verstoßen hätte. Wahrlich, die Welt war nicht für ihresgleichen gemacht!
Die Steinfliesen des Palastes
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