Novizin der Liebe
Augen glitten über seine dichten, dunklen Wimpern, die hohen Wangenknochen und die gerade Nase. Sie sehnte sich danach, ihn zu berühren, zu streicheln, doch ein derartiges Verlangen war gewiss sündhaft – und außerdem wollte sie ihn nicht wecken.
Ihn zu betrachten war ein heimliches, privates Vergnügen. Sie hatte das Kloster gerade erst verlassen, doch bereits erkannt, dass andere Männer ihren Blick nicht auf diese Weise anzogen. Adam Wymark verwirrte ihre Gedanken, verwirrte ihre Sinne. Er beunruhigte sie, doch es war keineswegs unangenehm …
Ein Schatten lag über seiner markanten Wangenpartie und verriet ihr, dass Adams Bart, würde er sich einen wachsen lassen, ebenso dicht wäre wie sein Haar. Seine Lippen waren im Schlaf leicht geöffnet – wohlgeformte, feste Lippen, Lippen, die …
Er regte sich, drehte den Kopf und zog Cecily an sich.
Cecily unterdrückte das Verlangen, ihn zu küssen, hob die Hand und strich ihm behutsam eine dunkle Haarlocke aus der Stirn. Dann legte sie die Hand wieder zurück auf seine Brust und ließ den Kopf langsam auf seinen warmen Arm sinken. Ganz sanft.
Es mochte sündig sein, doch sie hatten im Schlaf zueinander gefunden. Seine Wärme und seinen großen, starken Körper an ihrer Seite zu fühlen war so köstlich, dass es ihr gleich war, wenn sie sündigte. Und in Wahrheit fühlte es sich weder lasterhaft noch verdorben an, und das tat Sünde doch wohl stets? Es war tröstlich, so in Adams Armen zu liegen. Es war … behaglich. Die Steinfliesen des Palastes mochten hart sein, doch sie hätte sich auf Nägel gebettet, wenn sie dafür abermals so hätte aufwachen können.
Jemand hustete. Erst jetzt erinnerte Cecily sich an die Anwesenheit der anderen. Die meisten von ihnen waren Normannen, Männer, die den Zwist zwischen Herzog Wilhelm und König Harold als Vorwand genutzt hatten, um nach England zu kommen und zu rauben und zu plündern; Männer, die zu fürchten Cecily allen Grund hatte. Adam Wymark war mit ihnen gekommen. Das konnte sie nicht leugnen. Nun aber, da sie am Rande des Saals in seinen Armen lag, fühlte sie sich sicherer als je zuvor. Welche Ironie!
Geborgen in den Armen des Feindes, eingehüllt in seinen verbotenen, fremden Duft, sank Cecily zurück in den Schlaf.
Irgendwann vor Anbruch der Morgendämmerung schlich jemand in den Saal und suchte sich einen Platz zwischen den Männern. Schlaftrunken hob Cecily den Kopf von Adams Brust und schaute auf.
Sir Richard. Heimgekehrt, von was auch immer er gestern Abend getrieben haben mochte. Mit einem Seufzer ließ Cecily den Kopf sinken und schlief sogleich wieder ein.
Beim ersten Hahnenschrei spürte sie, wie jemand durch ihr Haar strich und zärtlich ihre Zöpfe löste. Grüne Augen blickten sie lächelnd an. „Guten Morgen, Braut“, murmelte Adam.
„G…guten Morgen.“ Mit glühenden Wangen wappnete Cecily sich gegen die dunkle Wärme seines Blickes. Er betrachtete ihre Lippen ohne eine Spur jener kühlen Art, die sie bei ihrer Ankunft im Palast bei ihm bemerkt hatte. Cecily war, als zöge sich ihr Herz zusammen, und sie dachte an die Küsse, die sie an der Kathedrale ausgetauscht hatten. Die Art, wie er sie ansah, raubte ihr den Atem.
Sanft zupfte Adam an ihrem Zopf und zog Cecily wieder näher zu sich. „Einen Gutenmorgenkuss“, flüsterte er. Seine Lippen berührten die ihren, warm und weich. Genüsslich fuhr er mit der Zunge die Umrisse ihres Mundes nach.
Noch halb benommen vom Schlaf, gab Cecily sich einen Augenblick lang dem verwirrenden Vergnügen seiner Liebkosung hin, um dann jählings zu erstarren. Was tat sie hier eigentlich? Sie musste einen kühlen Kopf bewahren!
„Was ist los?“
„Schämt Euch, Sir Adam! Vergesst nicht, wo wir sind! Außerdem geziemt es sich für Unverheiratete nicht, derart eng beieinanderzuliegen.“
Mit einem belustigten Funkeln in den Augen zog er sie an sich, sodass Cecily seinen starken, schlanken Körper von der Brust bis zu den Schenkeln spürte. Gegen ihren Willen genoss sie die Berührung – mehr noch, sie sehnte sich sogar danach, sich noch enger an ihn zu schmiegen. Er schien ihren geheimen Wunsch zu spüren, denn im Schutze der Decken und des Mantels ließ er seine Hand sanft über ihren Rücken gleiten und legte sie dann besitzergreifend auf eine ihrer Pobacken.
Cecily rang nach Atem. Nie zuvor war sie auf derart vertrauliche Art berührt worden.
„Zum Kuckuck mit den Konventionen“, erklärte er grinsend. „Niemand weiß, was wir hier
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