Novizin der Liebe
nachdem sie jahrelang als Erstes das kalte Glockengeläut zur Mette vernommen hatte.
Lächelnd stand Cecily auf, strich sich das Haar aus dem Gesicht und ließ den Blick voller Freude, gemischt mit einer Spur Schuldbewusstsein, durch das Dachgemach schweifen. Dies war ihr Zimmer – ihres . Der Dielenboden mit dem frischen Belag aus Binsen, die weiß gekalkten Wände, das schräge Dach, das Waschbecken aus Steinzeug, die beiden Kohlenbecken – auch wenn ihre Glut irgendwann in den frühen Morgenstunden erloschen war.
Sie würde ihre Nächte nicht mehr in einer trostlosen Klosterzelle verbringen, sondern hier, in diesem großzügigen, hellen Dachgemach. Und von heute Abend an – ihr Lächeln erstarb und sie zog sich die Decke fester um die Schultern – würde sie es mit Adam Wymark teilen, einem Bretonen, der noch nicht einmal ihre Sprache richtig beherrschte …
Nach einer raschen Morgentoilette schlüpfte Cecily in Emmas blaues Kleid und eilte nach unten.
Im Schlafbereich war Gudrun damit beschäftigt, Philips Windeln zu wechseln. Matty sang keine fröhlichen Wiegenlieder mehr, sondern stand, mit der kleinen Agatha auf der Hüfte, an der Tür und beobachtete mit finsterer Miene die Geschehnisse auf dem Hof.
„Matty, stimmt etwas nicht?“
Ihr frisch gekürtes Kammermädchen sah verstört drein. „Es geht um Lufu, Mylady. Sie ist bei Tagesanbruch zurückgekehrt, und Sir Adam hat sie gescholten. Er war recht streng, wenn ich ihn richtig verstanden habe. Sie ist an den Pranger gestellt worden, und dieser Le Blanc hat gerade ihrem Koch befohlen, Schweinefutter über ihr auszuschütten.“
„Was? Lass mich sehen!“
Matty trat zur Seite, und mit ungläubigem Staunen erkannte Cecily, dass ihre Dienerin die Wahrheit gesagt hatte. Denn dort, in der Mitte des von Pferdehufen zertrampelten Dorfangers, hockte Lufu im Stock, einem Gebilde aus zwei länglichen Holzblöcken mit Aussparungen für Hände und Füße. Cecily ballte die Fäuste. Die Fesselung im Stock war eine verbreitete Form der Strafe, die, so erniedrigend sie sein mochte, noch immer mild war im Vergleich zu einigen anderen Strafmethoden. Doch sie hatte gedacht, sie hatte gehofft …
„Allmächtiger!“
„Mylady!“ Matty schaute sie entsetzt an.
Für gewöhnlich kam Cecily niemals ein Fluch über die Lippen, aber sie hatte gehofft, dass Fulford einen Herrn mit maßvollem Temperament bekommen hatte, und sah sich bitter enttäuscht. Mit geballten Fäusten und erfüllt vom Wunsch, ihre Augen mögen sie trügen, starrte sie zu Lufu hinüber.
Die Jahre hatten sie kaum verändert, auch wenn sie im Augenblick nicht viel Ähnlichkeit mit dem sorglosen Mädchen hatte, das in Cecilys Erinnerung lebte. Ihr breites Gesicht war schmutzig und von Tränenspuren gezeichnet, ihre Zöpfe hingen halb gelöst zu ihren Seiten. Wirre braune Haarsträhnen klebten wie Rattenschwänze an ihren Wangen. Ihre Röcke waren bis zu den Knien hochgezogen und ihre Strümpfe am Knie zerrissen. Ihr Schleier war nirgendwo zu entdecken.
Über Lufus Kopf hatte man Gemüseabfälle ausgeschüttet, Stücke altbackenen Brots, Käserinden, Kohlstrünke, Hühnerknochen und Kehricht vom Küchenboden. In gekrümmter Haltung über ihre gefesselten Hände gebeugt, bot sie ein wahrhaftiges Bild des Jammers.
Von Mitleid ergriffen, fasste Cecily Matty am Arm. „Sir Adam hat Lufu doch nicht auspeitschen lassen, oder?“ Ihr Magen krampfte sich zusammen vor Zorn. Und sie hatte gehofft, Fulford würde in Zukunft von einem gemäßigten Mann regiert, einem, der mit Güte herrschte. Wie konnte Adam die junge Frau nur so behandeln?
Matty schüttelte den Kopf. „Nein, doch sie muss den ganzen Vormittag im Stock sitzen.“ Ihre Miene hellte sich auf. „Danach soll sie sich waschen und diesem Brian bei der Zubereitung Eures Hochzeitsmahls zur Hand gehen.“
Cecily biss die Zähne zusammen und trat ins Freie. Die Sonne blendete, wenngleich ihre Strahlen nicht stark genug waren, um die schneidend kalte Luft zu erwärmen.
„Lufu?“, sagte Cecily und rümpfte die Nase, als ihr der Gestank des Schweinefutters entgegenschlug.
Lufu hob ihr tränenüberströmtes Gesicht und schniefte. Ein Stück Eierschale klebte in ihrem Haar. „L…Lady Cecily? Ihr seid erwachsen geworden.“
„Ja.“
„Seid Ihr für immer heimgekehrt?“
„Ja.“
„Und werdet Ihr diesen … diesen b…bretonischen Lord heiraten?“
„Ja, aber er ist ein Ritter, Lufu, kein Lord.“
„Nun, zumindest ist er jetzt Herr
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