Nr. 13: Thriller (German Edition)
Informationen auch den hiesigen Ermittlern von damals mit. Alle waren sich einig, dass Daniel das Verhör leiten sollte. Durch seine Ehefrau Marie bestand eine gewisse Verbindung zwischen ihnen, die bestenfalls half, das Eis frühzeitig zu brechen. Außerdem hatte die Angelegenheit auch mit seinem Fall zu tun und die Fakten waren ihm frisch im Gedächtnis, während sich die anderen Polizisten erst wieder in die Akten einarbeiten mussten.
Der verletzte Teil seiner Seele vermutete, dass sie nur neugierig darauf waren, mit eigenen Augen zu sehen, ob ein Rollstuhlfahrer anders an die Sache heranging. Die Blicke der Kollegen beim Eintreffen im Polizeipräsidium waren ihm nicht entgangen. Mehr oder minder verstohlen hatten sie seinen Drahtesel gemustert, Fuchs irritiert angeschaut und eine teils skeptische, teils amüsierte Miene gemacht. Aber vielleicht interpretierte er auch zu viel in ihre Reaktion hinein. Immerhin hatten sie weder eine abschätzige Bemerkung fallen gelassen noch ihn ignoriert oder sich dagegen ausgesprochen, dass er das Ruder übernahm.
Voigt allerdings, der Wind von der Vernehmung bekommen hatte – Daniel ging von einem Spitzel im KK 11 aus, denn Fuchs war ihm gegenüber loyal –, hatte nur nicht interveniert, um ihn grandios scheitern zu sehen.
Daniel nahm sich vor, nicht mehr so empfindlich zu sein, obwohl er wusste, dass er nie wieder das dicke Fell wie vor der Querschnittslähmung haben würde, und drehte seinen Rolli um. Langsam fuhr er an seinen Platz gegenüber den Verdächtigen zurück.
„Nun?“ Ungeduldig trommelte Friedrich Schuster auf den Tisch, der sie trennte. „Welche neuen Ergebnisse wollen Sie uns mitteilen, Kriminalhauptkommissar Zucker?“
Daniel runzelte die Stirn. Selbstverständlich hatte er sie nicht schon am Telefon mit den Vorwürfen konfrontiert, aber er hatte ihnen ebenfalls keine Hoffnungen auf weitere Erkenntnisse über den Verbleib ihres Sohnes Thijs gemacht. Wie hätte er das auch gekonnt? „Es muss ein Missverständnis gegeben haben.“
„Warum forschen Sie überhaupt noch nach? Ich dachte, die Ermittlungen wären längst abgeschlossen.“
„Wie könnten wir die Akte schließen? Thijs wurde ja nicht gefunden.“ Wenn der Rollstuhl das Ehepaar irritierte, zeigten sie es nicht. Daniel vermutete, dass sie zu sehr damit beschäftigt waren, ihre Angst zu verbergen. Es gelang ihnen nur dürftig.
„Als cold case deklariert.“ Das Trommeln wurde hektischer. „So nennt man das doch, nicht wahr? Hab ich aus dem Fernsehen. In der Realität werden die doch nie wieder hervorgekramt. Ungelöst, abgelegt, verstaubt und vergessen.“
Mahnend legte Leentje die Hand auf die ihres Mannes, sodass er gezwungen war, seine Finger still zu halten. Es war das erste Mal, das sie überhaupt den Mund aufmachte. Ihre Stimme zitterte leicht. „Aber jetzt haben Sie een Spur?“
„Das kann ich kaum glauben.“ Ihr Mann schnaubte verächtlich. Plötzlich blinzelte er, löste den Knopf, der sein graues Jackett vorne zusammenhielt, und lockerte die anthrazitfarbene Krawatte. „Ich meine, nach all den Monaten.“
Beide trugen die Diamanten, allerdings verborgen unter ihren Oberteilen. Daniel sah nur die feingliedrigen Silberketten, die um ihre Hälse hingen, die Steine konnte er nur erahnen. Um das Gespräch darauf zu lenken, sagte er: „Meine Frau Marie feiert Ende Februar ihren 30. Geburtstag. Sie hat bei Ihnen einen tropfenförmigen blauen Anhänger gesehen und findet ihn wunderschönen. Sie schwärmt von nichts anderem mehr. Verraten Sie mir, woher Sie den Diamanten haben?“
„ Het Juweel? Das ist alt, ganz alt“, krächzte Leentje, als wäre sie plötzlich heiser. Während sie mit aufgerissenen Augen Daniel anstarrte, strich sie unbewusst über ihren weißen Mohairpulli, genau über die Wölbung des Steins. Auch ihre Stoffhose und ihre Schuhe, die Daniel noch winziger als die von Marie vorkamen und seiner Meinung nach auch einer Puppe passen würden, waren von einem unschuldigen Weiß. Als wollte sie sich dahinter verstecken.
Genervt winkte ihr Mann ab. „Der hat ein Karat, das können Sie sich von ihrem Polizistengehalt nicht leisten.“
„Er ist inspecteur “, warf sie leise ein.
Friedrich ignorierte sie vollkommen. „Was ist nun mit … mit Thijs? Ich muss zum Musical Dome zurück. Im Gegensatz zu Ihnen kann ich meine Zeit nicht mit Rumsitzen vertun.“
„Friedrich! Wie kannst du nur?“ Empört wurde ihr Teint so bleich wie ihre Haare. Sie hatte sie streng
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