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Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuna Stern
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höchsten, wichtigsten Abteilungen erhalten!
    #10 Anschließende Komiteemitgliedschaft plus Assistenzphase hochgradig erwünscht! Daher arbeiten, arbeiten, arbeiten, um Ihren Traum davon zu erfüllen!
    Don’ts
    #1 Keine Streifzüge durch die Anstalt in der Nacht! Wird mit Nachsitzen bestraft!
    #2 Niemals mit Seelen sprechen, die überführt werden müssen! Hochgradig aufwühlend und verstörend für jene!
    #3 Zu lautes Lachen wird in der Kantine nicht geduldet! Sie müssen schweigsam Ihre Nahrung zu sich nehmen!
    #4 Keine Cliquenbildung oder Ähnliches! Die Überführergemeinschaft bleibt GANZ! Niemand wird ausgeschlossen!
    #5 Beleidigungen und Beschimpfungen werden mit sofortiger Wirkung dazu führen, dass derjenige oder diejenige Beleidigende oder Beschimpfende für eine Nacht in den KELLER gesperrt wird!
    #6 Im Unterricht nicht quatschen, stören oder dazwischenreden! Nachsitzgefahr hoch Drei!
    #7 Wenn die Studienhefte NICHT gelesen wurden, so wird das Komitee über die Zukunft des Schülers entscheiden!
    #8 Keine gemeinsamen Ausflüge in Unterrichtszeiten! Keine gemeinsamen Seelenüberführungen mit Mitschülern!
    #9 Auf keinen Fall das Gelände der Anstalt verlassen! (Die Ausgangstür werden SIE eh nicht finden!)
    #10 Keine Liebesbeziehungen zwischen Schülern erwünscht! Techtelhechtelmechtel führen mit sofortiger Wirkung zum Ausschluss von Ausbildungsphase 1a!
    Ich zog scharf den Atem ein und warf die Broschüre auf meinen Schreibtisch. So einen Mist hatte ich ja noch nie zu Gesicht bekommen. Vermutete ich jedenfalls.
    Bevor das Läuten aufhörte, eilte ich aus meinem Zimmer und rempelte im Flur jemanden an.
    Einen Jungen.
    »Pass doch besser auf«, fauchte er mich an, ohne mich anzusehen. Breitbeinig stapfte er an mir vorbei und murmelte irgendwelche Schimpfwörter vor sich hin. Ich wusste nicht, ob er mich meinte oder sich selbst oder einfach nur die Situation im Allgemeinen. Er wirkte extrem wütend und unzufrieden.
    Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, dass die Tür zu NUMMER ACHTHUNDERT offenstand. Das war also mein Nachbar. Ich Glückliche.
    Ein wenig verärgert lief ich ihm hinterher und hörte ihn weitere Beschimpfungen zischen. »So 'ne verfluchte, abgekackte, mistverruchte Sch ...« Er war ein besserer Dichter als ich, dachte ich belustigt.
    »Falls du Hilfe brauchst, ich kenne da auch noch ein paar Begriffe. Also, falls dir die Wörter oder so ausgehen.« Besonders intelligent siehst du ja nicht aus , wollte ich hinzufügen, doch ich entschied mich, dass ich das besser nicht sagte.
    Er wirbelte herum und starrte mich zum ersten Mal an. Seine Haare waren dunkelblond, ungekämmt und fielen ihm vor die Augen. Er strich sie mit einer gleichgültigen Geste beiseite und funkelte mich weiter an. Sein Blick war kalt, abschätzig, seine Augenfarbe grau oder blau, ich wollte näher herantreten, um sie zu bestimmen, doch ich traute mich nicht, weil ich mich gleichzeitig ein wenig fürchtete. Plötzlich flog mir der irrsinnige Gedanke zu, dass ich diese Augen irgendwo schon einmal gesehen hatte. Und erneut wurde das Verlangen so stark, auf ihn zuzugehen, sein Gesicht näher zu erforschen, um zu sehen, ob mein Gefühl mich auch wirklich nicht trügte. Tat es das?
    Jedoch hielt sein Blick mich weiterhin davon ab. Sein Mundwinkel zuckte, sein Kinn bebte und er wirkte so, als wollte er mich tatsächlich gleich anschreien.
    Ehe er das tun konnte, kniff ich die Augen zusammen und sagte schnell: »Nicht beleidigen! Außer du willst in den Keller gesperrt werden!«
    »Was?«, fuhr er mich an und kam einen Schritt auf mich zu.
    »Du – ähm – weißt, die Regeln und so, wir dürfen uns nicht gegenseitig beleidigen oder anschreien oder so.«
    Er schwieg und biss die Zähne zusammen, knirschte mit ihnen, und fuhr sich anschließend mit seiner Hand übers Gesicht. »Das ist alles so 'ne verfluchte Scheiße hier. Das glaubst du doch nicht, oder? Wir können nicht tot sein. Ich bin es jedenfalls nicht. Das wüsste ich.«
    Hm, er konnte also auch vernünftige Sätze sagen. Ohne hunderttrillionen Schimpfwörter. Nett.
    » Erinnerst du dich denn? Ich tue das nämlich nicht«, entgegnete ich.
    Etwas in seinem Blick brach in diesem Moment, jedenfalls kam mir das so vor. Als würde jede Anspannung, jede Wut von ihm abfallen. Zurück blieben nur seine verletzte Miene, seine runzelnde Stirn: »Nein.« Er flüsterte dieses Wort nur, aber ich konnte trotzdem jedes seiner Gefühle nachvollziehen, seinen verlorenen Blick, seine

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