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Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuna Stern
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gehorchte mir und legte ihre winzigen Händchen auf ihre Ohren.
    »Ein Blitzschlag?«, fragte die Platinblondine so interessiert, als würde sie gerade in einer Illustrierten blättern und nicht nach einer Todesursache fragen.
    Der Mann nickte, zuckte wieder zusammen und drehte sich anschließend wieder im Kreis.
    »Ich hoffe, das ist nicht ansteckend«, murmelte David vorne, ohne dass der Mann es mitbekam.
    »Und bei dir?«
    Die junge Frau sah mich mit gierigem Blick an, woraufhin ich ihr ganz knapp antwortete: »Autounfall. Punkt.«
    »Hach.« Sie seufzte, als hätte sie nicht genügend Details von mir erhalten. »Bei mir soll es ja ein Schwimmunfall gewesen sein. Als ich Delfine in Japan schützen wollte. Jedenfalls hat mir das Fräulein Ingrid W. verraten. Ist das nicht schön? Ich bin für eine noble Sache gestorben.«
    »Hoffentlich erhältst du dafür einen Preis«, entgegnete ich und war kurz davor, die Augen zu verdrehen.
    »Und mein Name lautet Destiny. Wie passend, oder?«
    »Warst du eine von dieser Band?«
    Sie runzelte die Stirn und sah mich verwirrt an. »Welche Band meinst du?«
    »Na, diese eine, die Survivor oder so gesungen hat?« Hat ja bei dir mit dem Surviven nicht ganz geklappt , fügte ich in Gedanken hinzu.
    »Nein.« Sie schüttelte den Kopf. Die Röte in ihren Wangen ließ nach. Sie seufzte und sah den Mann, der angeblich unter Strom stand, wieder gespannt an. »Und wie heißt du?«
    »Ich, ich weiß nicht mehr«, erwiderte der Mann. »Ich habe den Namen wieder vergessen. Er war sehr schwierig. Er klang griechisch, wenn ich mich richtig erinnere.«
    Griechische Namen? Ich ging eine Liste in meinem Kopf durch. Also hieß er etwa: Sokrates, Platon, Alexandros, Odysseus, Achilleas oder Demostenes? Das waren jedenfalls die Namen, die mir auf die Schnelle einfielen, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie ich auf sie kam. Ich entschied mich, ihn insgeheim Achilles zu nennen. Wegen der Achillesferse, weil er die ganze Zeit herumtaumelte, als hätte er Fersenschmerzen.
    »Und wie ist das Mädchen gestorben?«, fragte Destiny, ohne zu zögern.
    Sie war kurz davor, Mia selbst zu fragen, doch ich schüttelte entschieden den Kopf. »Das weiß ich nicht. Und das braucht uns auch nicht zu interessieren. Das ist ihre Sache.«
    »Aber es tut gut, darüber zu sprechen«, erklärte sie mir und sah mich ernst an. »Findest du denn nicht? Wir können doch nicht –«
    »Lass das Kind in Frieden«, warf David von vorne ein und lief weiter.
    Destiny verstummte und verzog beleidigt das Gesicht.
    Bis wir unsere Zimmer erreichten, sagte sie kein Wort mehr. Erst als Mia in ihren Raum geschlüpft war und Achilles wegen unerklärlicher Kopfschmerzen zurück in die Krankenstation geeilt war, kam sie zu mir, beugte ihren Kopf und wisperte: »Sie alle sprechen über ihn , weißt du.« Sie wies auf David, der gerade langsam sein Zimmer aufschloss. »Sie sagen, dass er gefährlich ist.«
    »Hm, interessant«, lächelte ich. »Meinst du, er verspeist Delfinfleisch?«
    Bei meinen Worten blitzten ihre Augen verärgert auf, sie drehte sich mit wehenden Haaren weg und lief mit schweren Schritten in ihr Zimmer, ohne sich zu verabschieden.
    Auch wenn mir leidtat, dass ich manchmal so unsensibel reagierte, war ich doch erleichtert, dass sie endlich fort war.
    Als ich meine Tür aufmachte, tauchte David hinter mir auf und drängte mich schnell hinein.
    »Hey«, rief ich widerstrebend, doch er schloss die Tür hinter uns, ohne dass ich noch etwas sagen konnte. »Was willst du denn?«
    Er wirkte auf einmal befangen, kratzte sich an der Nase und schaute sich in meinem Zimmer um. »Bücher, du besitzt Bücher«, stellte er irgendwann fest.
    »Hm, ja.«
    »Mein Zimmer haben sie leergeräumt, nach dem, was ich veranstaltet habe.«
    »Okay, schade.«
    Ich fühlte mich seltsam unsicher in seiner Gegenwart, so ganz alleine mit ihm, in meinem winzigen Zimmer. Also lehnte ich mich an meine Schreibtischkante und sah ihn stumm an.
    »Was hältst du von all dem hier?«, fragte er mich plötzlich und glitt an der Tür herunter, bis er im Schneidersitz auf dem Boden hockte. Er hatte offensichtlich vor, länger hier drin zu bleiben.
    Ob das wohl erlaubt war? Mit klopfendem Herzen war ich kurz davor, in der Broschüre nachzuschlagen. Doch ich unterdrückte das Verlangen und verschränkte meine Arme vor der Brust.
    »Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich von all dem hier halten soll«, gab ich zu. »Aber wir müssen uns irgendwie zurechtfinden. Ob

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