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Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuna Stern
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meinem früheren Leben ein Rockstar oder so war.« Er räusperte sich und trat wieder an die Tafel. »Was die Nummer –« Er warf mir einen fragenden Blick über seine Schulter zu.
    »Siebenhundertneunundneunzig«, rief ich blitzschnell. Meine Nummer hatte ich nun absolut drauf.
    »Was sie gesagt hat, stimmt sogar zum Teil. Na ja, bis auf den Sensen- und Make-up-Teil. Ihr werdet euch Kapuzen anziehen, die euer Gesicht bedecken werden. Ihr dürft diese Kapuzen niemals ablegen, sonst könntet ihr den Seelen erhebliche Schäden zufügen. Sie sind sehr empfindlich. Wie Neugeborene. Wenn ihr sie einmal fallen lasst, könnt ihr sie nicht mehr auffangen. Oder reparieren.«
    Sein Vergleich hörte sich seltsam an. Was meinte er genau damit? Was passierte mit diesen kaputten Seelen?
    Ich traute mich und stellte diese Frage.
    »Sehr gute Frage«, antwortete Ben und drehte sich mit anerkennend hochgezogenen Augenbrauen zu mir um. »Du besitzt einen scharfen Verstand, Nummer Siebenhundertneunundneunzig.«
    Ich weiß , hätte ich gerne gesagt, um den Mädchen weiter vorne eins auszuwischen. Doch ich hielt lieber die Klappe und lächelte einfach, während sie ihren Groll gegen mich hegten.
    »Diese kaputten Seelen, wie du sie ja nennst, sie verkümmern auf der Erde. Sie jagen ihren Verwandten hinterher, spuken in ihren ehemaligen Wohnstätten herum und sehnen sich nach ihrem Leben. Sie können sich nie mehr lösen. Und ins Licht gehen. Ihre Vergangenheit haftet an ihnen, sie können sie nie mehr vergessen.« Er schwieg und ließ sich halb auf der Pultkante nieder, während er uns schweigsam musterte. »Und dann gibt es da noch die Seelen, die ...«, sein starrer Blick wanderte zurück in meine Richtung, »sich an ihre Überführer heften . Sie bis in unsere Welt begleiten. Es gibt von unserer Seite noch nicht genügend Erkenntnisse, aus welchem Grunde sie so handeln. Manche vom Komitee denken, das sei eine Strafe für diejenigen unter uns, die einen Fehler begangen haben. Aber ich weiß ja nicht ...« Er rieb sich über die Oberarme, als wäre ihm kalt. »Es ist recht furchteinflößend, versteht ihr? Wenn euch eine Seele begleitet und ihr sie nicht loslösen könnt, sie nicht befreien könnt. Manchen Überführer ...«, jetzt sprach er so leise, dass seine Worte kaum noch zu verstehen waren, »führt solch ein Fehler in den Wahnsinn.«
    Stille. Niemand atmete, niemand rührte sich. Noch nicht einmal Ben. Alles war so ruhig, als hätte jemand ein Bild geschossen und es irgendwo liegen gelassen, vergessen. Und dann, nachdem unser Ausbilder leise nach Luft geschnappt hatte, fuhr er mit heiserer Stimme fort: »Andere unter uns büßen für ihren Fehler. Indem sie sich dem Boss stellen und die größte Strafe erhalten, die sich ein Überführer vorstellen kann. Ihnen wird die Fähigkeit genommen.«
    Die Fähigkeit?
    »Die Fähigkeit, den Seelen zu helfen. In einer geheimen Prozedur, bei der kaum jemand anwesend ist, wird diese ... Verbindung zwischen dem Überführer und der Welt gekappt, durchgetrennt, wie ein Faden! Das ist überaus schmerzhaft, das könnt ihr mir glauben ...« Er räusperte sich und sprach nun schneller, als wollte er das Thema schnell hinter sich bringen: »Und-daher-müsst-ihr-unbedingt-immer-darauf-achten-nicht-das-Falsche-zu-tun. Sonst-kann-es-sein-dass-gefangene-Seelen-euch-bis-zu-uns-verfolgen-und-dass-sie-nie-wieder-hinaus-können. Ins-Licht. Es-gibt-zwar-Integrationsversuche-von-unserer-Seite-doch-wenn-diese-scheitern ...«, er verschluckte sich und begann kurz zu husten, wandte sein Gesicht ab und hielt sich die Hand vor den Mund, ehe er zu Ende sprach: »werden ... diese ... Seelen ... ausgelöscht .« Mit seiner Hand vollführte er eine merkwürdige Bewegung, als würde er einen elektrischen Stecker herausziehen.
    Nachdem er eine Weile geschwiegen hatte, als wollte er uns nicht allzu sehr überfordern, fuhr er fort: »Ich kann mir gut vorstellen, dass ihr euch zurzeit ärgert, dass ihr euch nach euren Erinnerungen, nach eurer Vergangenheit sehnt. So geht es uns allen zu Beginn. Doch irgendwann gewöhnt ihr euch dran. Denn hier könnt ihr neue Erinnerungen schaffen.«
    Ja, klar , hätte ich gerne in den Raum gerufen. Die Erinnerungen hier konnten ja total vielfältig ausfallen. Immer dieselben Leute, dieselben Zimmer, dieselben Aufgaben. Eine Horde von dunkelblauen Marionetten waren wir, sonst nichts.
    »Ihr könnt Seelen überführen, die dabei eure Hilfe brauchen. Ihr könnt gute Taten leisten.«
    »Wie

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