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Nr. 799 (German Edition)

Nr. 799 (German Edition)

Titel: Nr. 799 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuna Stern
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zugeben, dass verdächtige Veränderungen an ihren Haarfollikeln – ich habe sie nämlich früh untersucht, Boss, mir war von Anfang an klar, dass –« Rechtfertigte er sich gerade etwa? Doch wofür?
    Auf dem Bildschirm hob Nummer Nullnulleins seine Hand. Sie war glatt, besaß keinerlei Linien. Er bat seinen Kollegen um Ruhe. »Natürlich, ich kenne dich doch, mein Freund. Ich weiß, wie sorgsam du bist. Bitte kläre mich nur über die wichtigen Entwicklungen auf, für die Vorgeschichte fehlt mir die Zeit. Du weißt , wie beschäftigt ich bin.«
    Nummer Fünf nickte. Zum ersten Mal, seitdem ich ihn kannte, wirkte er unsicher. Er stotterte: »Die, also, die, diese Veränderungen, die von der biophy – ach, verdammt – physischen – hm, biophysischen Station genau untersucht wurden, weisen auf eine merkwürdige – also ich denke – Entzündung hin, die Botenstoffe absondert, die wahrscheinlich zu einer –«
    Erneut wurde er von Nummer Nullnulleins unterbrochen. »Ja, ich verstehe.« Er seufzte. »Dann haben wir wohl nur die Möglichkeit einer –«
    »Absolut«, bestätigte unser Ausbilder eifrig. »Ich werde – ganz klar sofort – die nötigen Notfallmaßnahmen einleiten, damit wir die letzten Heilmöglichkeiten ausschöpfen, solange – ja, solange wir noch die Chance haben.«
    »Gut.«
    Jetzt verstand ich wirklich überhaupt nichts mehr.
    Nur einen zögerlichen Moment später stand Nummer Fünf auf, kam mit einem mechanischen Lächeln auf David und mich zu, die Hand hoch erhoben, als wollte er uns etwas überreichen. Dann fischte er ein metallenes Gerät mit einer Antenne aus seiner Tasche. Er hob das Gerät bis an seinen Mund und flüsterte: »Fall Siebenhundertneunundneunzig Schrägstrich Achthundert die Siebzehnte. Heilstart in Neun, Acht, Sieben ...«
    Daraufhin ertönte ein ohrenbetäubendes Läuten, das mich zusammenzucken ließ. Die Türen der Aula schlossen sich wie von selbst, aus den vorderen Reihen erhoben sich mehrere Kapuzenträger mit bedeckten Gesichtern und rannten auf uns zu.
    Ich schrie auf, klammerte mich an David fest, schlug um mich.
    Doch sie waren zu schnell, zu stark.
    Wie eine Horde wild gewordener Vögel überwältigten sie mich. Ich versuchte David weiterhin festzuhalten. Spürte seine Finger, die mein rechtes Handgelenk so hartnäckig umfassten, dass seine Nägel sich in meine Haut bohrten.
    »Nein!«, bat ich.
    David fluchte wieder, beschimpfte sie alle mit den unmöglichsten Worten. Wenn es nicht solch eine ernste Situation gewesen wäre, ich hätte über seine Wortwahl lachen müssen.
    Sie rissen uns auseinander.
    Von allen Seiten fühlte ich mich eingeengt, umschlossen, es gab keinen Weg, aus ihrer Mitte auszubrechen. So sehr ich mich auch wehrte, mich gegen sie fallen ließ, gegen sie trat, konnten sie mich dennoch vorwärts schieben, auch wenn sie mich nicht wirklich anrührten.
    Ich stolperte, hörte Davids Stimme hinter meinem Rücken, dass er mir etwas zurief. Ich konnte ihn nicht verstehen. Doch ich konnte sehen, wie sie ihn ebenfalls abführten. In die entgegengesetzte Richtung.
    Nummer Fünf schob sich zwischen den Kapuzenträgern durch, bis er neben mir auftauchte. Er sah mich voller Neugier an, seine weit aufgerissenen Augen bereiteten mir so viel Unbehagen, dass ich den Blick senkte.
    »Na, endlich«, murmelte er. »Ein wenig Demut schadet niemandem.«
    »Und Sie?«, fauchte ich.
    »Hm?« Er musterte mich noch immer, wie ein fremdes Wesen, das er nicht zu verstehen vermochte.
    »Wo ist Ihre Demut?«, fragte ich wütend. »Wann verhalten Sie sich fair Ihren Schülern gegenüber?«
    Nummer Fünf lachte leise, als hätte ich einen Witz gerissen. Aber er antwortete mir nicht. Stattdessen nickte er einem extrem korpulenten Mann zu, der neben der Tür stand und seine tränenden Augen mit einem Taschentuch abtupfte. Er fuhr zusammen, nickte bebend zurück und machte sich an der Tür zu schaffen.
    »Nummer Dreiundfünfzig«, erklärte Charles, »oder auch Doktor Alfred B. Der Psycho.«
    Der Psychologe. Alfi. Der mit den Samthandschuhen, die Ballerina, der Mann, der immer nur weinte. Dies war das erste Mal, dass ich ihm begegnete. Und doch kam es mir so vor, als würde ich ihn durch die Beschreibungen von Doktor Aurelian P. bereits kennen.
    »Er wird sich in den nächsten Wochen eingehend mit Ihnen beschäftigen, Nummer Siebenhundertneunund–«
    Während er weitersprach, ertönte wieder die tiefe Stimme des Anüberführers, die sich diesmal an die Menge wandte. Er

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