Nr. 799 (German Edition)
blinzelte.
Das Licht kam näher. Dann verlöschte es wieder. Schattenhafte Gestalten beugten sich über mich, flüsterten miteinander. Ich verstand ihre Worte nicht und versuchte mich zu konzentrieren. Doch sie schienen in einer anderen Sprache zu reden.
Als sie meinen Körper abtasteten, bemerkte ich, dass ich nackt war. Ich wollte mich wehren, doch meine Handgelenke waren festgebunden. Die Fesseln kratzten und zogen sich zusammen, sobald ich mich auch nur ein wenig rührte.
»Scheiße«, wisperte ich.
ENDE
© privat
Yuna Stern , geboren 1990, ist eine Psychologiestudentin aus Nordrhein-Westfalen, die schon seit ihrer Kindheit Geschichten erfindet und schreibt. Außerdem zeichnet und fotografiert sie gerne und liebt britische Literaturverfilmungen. Zurzeit arbeitet sie an ihrem nächsten Romanprojekt.
Nicht genug bekommen?
Leseprobe aus Laura Kneidls »Light & Darkness«
Das Kapitol von Ferrymore Village spiegelte die Stadt perfekt wider. Es war ein elegantes Gebäude mit weißer Fassade und Sonnenkollektoren auf den schwarzen Dachziegeln. Die Größe war für die rund 200.000 Einwohner starke Stadt ansehnlich, aber nicht anmaßend.
Der Parkplatz war hoffnungslos überfüllt. Ein Zustand, der sich jeden Monat wiederholte — am Tag der Delegation.
Ihr Dad ergatterte einen Parkplatz direkt vor dem Haupteingang. Dennoch fror Light auf dem kurzen Weg bis zum Eingang. Ihre Knie zitterten und ihre Zähne schlugen aufeinander. Kanes Jacke lag über ihren Schultern, aber nicht einmal diese konnte die winterlichen Temperaturen von ihr fernhalten. Im Kapitol wiederum herrschte eine vor Aufregung brütende Hitze. Light schloss ihre Augen, um die warme Luft zu genießen, die ihren betäubten Körper einhüllte.
»Mr und Mrs Adam«, begrüßte eine freundliche Stimme ihre Eltern und Light öffnete die Augen. Vor ihr stand eine hochgewachsene Frau mittleren Alters. Ihre hellbraunen Haare trug sie zu einem Zopf gebunden und ihr dunkelblaues Kleid war elegant, aber zurückhaltend.
»Guten Abend, Mrs Elisa«, grüßte ihre Mum. »Wie geht es Ihnen?«
»Mir geht es gut, danke der Nachfrage«, erwiderte sie mit einem breiten Lächeln und winkte den Jungen heran, der für die Garderobe verantwortlich war. »Ist bei Ihnen zu Hause schon alles vorbereitet?«
Ihr Dad nickte und ließ sich von dem Jungen die Jacke abnehmen. »Wir haben ein wunderbares Zimmer direkt neben dem von Light eingerichtet«, sagte er voller Stolz. »Es ist in einem hellen Cremeton gestrichen und das gemeinsame Badezimmer verbindet die Räume miteinander.« Light konnte dem nur zustimmen. Es war ein heller und freundlicher Raum. Die Wände waren vielleicht noch etwas kahl, doch das würde sich bald ändern.
»Fantastisch.« Zufrieden beobachtete Mrs Elisa, wie der Junge ihre Jacken und Mäntel davontrug. Sie klatschte überschwänglich in die Hände, als hätte sie zu viel Kaffee getrunken, und deutete auf eine große Flügeltür. »Ich bringe Sie zu Ihren Plätzen.«
Der Saal, in dem die Delegation stattfand, war schlicht und elegant wie das Kapitol selbst. Künstlich erzeugtes Kerzenlicht beleuchtete den Raum, der zu Zweidritteln mit runden Tischen bestückt war, an denen je fünf Stühle standen. Ein Stuhl für den Delegierten, drei Stühle für die Angehörigen und ein Stuhl für das Wesen, das sich im Laufe des Abends dazugesellen würde.
Den runden Tischen gegenüber stand eine lange Tafel, das Herzstück des heutigen Abends. Dort hatten sich die Wesen eingefunden. Einige von ihnen wirkten entspannt und redeten mit ihrem Tischnachbarn. Sie deuteten auf die Menschen, als würden sie darum wetten, welcher Delegierte zu ihnen gehörte. Sie lachten und seufzten hingerissen, wenn ihnen ein Anzug, ein Kleid oder eine Frisur gefiel. Andere Wesen wiederum waren still und in sich gekehrt.
»Hier sind wir.« Mrs Elisa führte sie zu einem Tisch in der zweiten Reihe. Es war ein guter Platz, von dem aus man den ganzen Saal überblicken konnte.
Während Light sich setzte, spürte sie die Blicke der Wesen auf sich ruhen. Kane, der ihre Hand nicht eine Minute lang losgelassen hatte, nahm links von ihr Platz. Ihre Eltern setzten sich ihr gegenüber. Der rechte Stuhl neben ihr blieb für ihr Wesen frei. Bei dem Gedanken, dass er in weniger als einer Stunde nicht mehr leer sein würde, krampfte sich Lights Magen zusammen. Ihr Blick zuckte zu dem langen Tisch, ohne dass sie Gesichter erkennen konnte. Sie wollte die Wesen nicht anstarren wie all die anderen.
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