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Nuancen der Lust (German Edition)

Nuancen der Lust (German Edition)

Titel: Nuancen der Lust (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilly Grünberg , Antje Ippensen , Emilia Jones , Sira Rabe , Jasmin Eden
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Fahrt dauerte die ganze Nacht. Staunend schaute Alicia immer wieder nach draußen, wo schattenhaft die Landschaft vorüberglitt. Einmal trat, zu ihrer freudigen Überraschung, der Lord in ihr rollendes Gemach, um sich zu überzeugen, dass sie auch alles hatte, was sie brauchte.
    Er reichte ihr ein süßes, prickelndes Getränk, an dem sie aber nur nippte, da sie merkte, es stieg ihr zu Kopf. Kleine Sandwichecken hingegen aß sie mit großem Appetit; erst jetzt merkte sie überhaupt, wie hungrig sie war. Es gab sogar würzigen Tee mit einem Hauch Zitrone und Ingwer, den sie ebenfalls durstig schlürfte.
    »Hm, vielleicht bist du ja enttäuscht, weil du keine Fesseln trägst«, schmunzelte der Lord irgendwann, »und ich dich nicht einmal, wie der Comte forderte, mit einer Kette geschmückt habe, sondern nur mit dem Halsband.«
    Er stand hinter ihr, legte seine starken Arme um sie, und beide schauten sie hinaus, während die Dampfkugelbahn sanft dahinglitt, gleichmäßig, wie durch Zauberei. »Jetzt würde ich dich gern nackt ausziehen«, wisperte seine dunkle Stimme an ihrem Ohr, »dich auf den Teppich auf Hände und Knie zwingen und dich dann von hinten nehmen.«
    Ihr Atem beschleunigte sich leicht, aber sie schwieg; und auch er sagte nichts mehr. Träumerisch blickten sie abermals nach draußen, und gerade in diesem Moment schwebte ein riesiges, orangegolden erleuchtetes Luftschiff vorbei. Es sah aus wie ein gigantischer fliegender Lampion.
    Für einen Moment erwachte in Alicia der sehnsüchtige Wunsch, sich ihrem Gebieter anzuvertrauen, ihn um Hilfe zu bitten. Doch sie zögerte. Später, als sie in ihrem gläsernen Abteil wieder allein war, verspürte sie ein dringendes Bedürfnis und suchte den kleinen Waschraum auf. Und als sie dort auf dem Abort saß, stellte sie fest, dass die Rohre offenbar den Schall leiteten und man, wenn man hier saß, die Gespräche in den Nebenkugeln mithören konnte.
    »… du hattest es zwar spöttisch gemeint, Alain, aber im Grunde hast du doch den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich halte sie mit einer unsichtbaren Fessel – sie frisst mir aus der Hand und würde sich mir niemals widersetzen.«
    Ach nein?
, dachte Alicia, erleichtert, dass sie ihrem törichten Impuls von vorhin nicht nachgegeben hatte. Sie hörte noch Alains meckerndes Lachen, das jetzt aber anerkennend klang, und beeilte sich, ihr Geschäft zu beenden. Sie hatte genug gehört.
    Bei ihrer Ankunft färbte sich der östliche Himmel zögernd hell, wie das perlmuttene Innere einer Pfahlmuschel; es war fast noch dunkel. Die wenigen Schritte zum endgültigen Ziel legten sie zu Fuß zurück, und Alicia ließ sich nichts anmerken. Gar nichts. Sie schaute auf die gewaltig in die sterbende Nacht hineinwachsenden Mauern des Palastes – bereit, diese Herausforderung anzunehmen und zu bestehen; allein, wenn es denn sein musste.
    Ich bin stark genug
, dachte sie,
ich brauche weder einen Hirten noch eine Herde
.

    Yamin arbeitete erst seit drei Tagen im Palast der Herzogin, und doch beschlich ihn bereits jetzt das würgende Gefühl, in einer goldenen Sackgasse gelandet zu sein. Das war verrückt! Er hatte schließlich genau das erreicht, was den meisten Straßenjungen verwehrt blieb, hatte dank List und Schläue, dank seiner Ausdauer und Zähigkeit geschafft, was als unmöglich galt im britischen Empire: den AUFSTIEG aus eigener Kraft! Immer wieder dachte er daran, wie schwierig und teuer es gewesen war, die richtige Sprechweise zu lernen, sich zu bilden und sich die feine Kleidung eines vornehmen indischen Boys zu beschaffen, schneeweißer Turban mit kleiner Pfauenfeder vorn inklusive. All sein Geld, das er sich hatte erbetteln und ergaunern können, war dabei draufgegangen, er hatte manches Mal hungern müssen und nicht gewusst, wann er die nächste Mahlzeit würde zu sich nehmen können.
    Und jetzt dies hier. Er langweilte sich, denn es gab wenig zu tun. Meistens stand er nur, mit den anderen Boys, dekorativ in der Gegendherum. Selten einmal bediente er bei kleineren Empfängen, die sämtlich nur von subalternen Höflingen ausgingen. Er hätte nie geglaubt, dass es bei den Reichen so uninteressant zuging.
    Außerdem war Yamin »der Neue« und wurde von seinen Kollegen auf eine subtile, ungreifbare Weise gepeinigt … auf eine Art, die es ihm schwermachte sich zu wehren, war er doch eher an die handgreiflichen Auseinandersetzungen auf der Straße gewöhnt.
    Kurzum, er sehnte sich trotz der fürstlichen Bezahlung, die er hier am

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