Nubila 01: Das Erwachen
sie? Was war geschehen? Warum war sie in diesem Käfig und wer war dieses Mädchen?
Kathleen machte vorsichtig einen Schritt auf das Mädchen zu und spürte dabei plötzlich, dass sie unheimlichen Durst hatte. Ihre Kehle war wie ausgetrocknet und vielleicht war das ja auch der Grund, warum sie nicht sprechen konnte. Doch als Kathleen fast bei dem Mädchen angekommen war, sprang dieses zurück und lief so schnell wie möglich ins Haus.
Verwirrt sah Kathleen ihr hinterher und blickte sich dann um. Der Käfig stand in direkter Nähe zu einem ziemlich großen Haus und Kathleen konnte wunderbar auf den großen Hof blicken, der sich vor ihr erstreckte. Alles an diesem Ort kam ihr bekannt vor und war ihr dennoch eigenartig fremd. Der große Hof, das riesige, altmodische Haus, die Pflanzen und der Wald, den man auf der anderen Seite sehen konnte. Die Geräusche und der Geruch. Alles war vertraut und neu zugleich.
Die Sonne war bereits hinter den Bäumen verschwunden und es war ziemlich dämmrig. Vielleicht sollte sie versuchen einen Ausweg aus dem Käfig zu suchen. Andererseits jedoch vermutete sie, dass ihr das ohnehin nicht gelingen würde und es kaum der Mühe wert war sich dafür zu bewegen. In dem Moment hörte Kathleen Schritte und drehte sich abrupt danach um. Ein Mann mit hellblondem Haar, der ungefähr Mitte fünfzig sein musste, kam mit dem Mädchen zusammen aus dem Haus und lächelte Kathleen beruhigend zu.
„ Hallo“, sagte er und ging langsam einen Schritt auf den Käfig zu. „Ich bin Antonio, der leitende Arzt hier im Hause. Der Herr, der eigentlich für dich zuständig ist, ist heute nicht da, aber er wird sicherlich bald zurückkommen und sich um dich kümmern. Bis dahin werde ich versuchen dich schon mal ein wenig auf das vorzubereiten, was auf dich zukommen wird.“
Kathleen betrachtete den Mann der sich bis an die Gitterstäbe vorgewagt hatte aufmerksam und versuchte abzuschätzen, ob er eine akute Gefahr für sie darstellte.
„ Kannst du mich verstehen?“, fragte Antonio, als wäre ihm gerade erst die Möglichkeit eingefallen, dass sie die englische Sprache gar nicht beherrschte.
Nach einer kurzen Pause nickte Kathleen jedoch und Antonio atmete erleichtert aus.
„ Gut“, sagte er und wagte es sich mit einer Hand nach den Gitterstäben zu greifen. Er erwiderte Kathleens intensiven Blick und lächelte ihr beruhigend zu. „Ich werde dir nichts tun“, versprach er als erstes. „Dir wird nichts geschehen. Ich möchte dich nur untersuchen. Ich denke am besten fangen wir mal mit den Fragen an.“
Antonio versuchte in Kathleens Mienenspiel zu erkennen, ob sie ihn verstanden hatte, aber ihr Gesicht gab absolut nichts preis. Sie war wie aus Marmor gemeißelt.
„ Weißt du, wer du bist?“, fragte Antonio schließlich, um erst einmal herauszufinden, an wie viel sie sich erinnerte.
Es gab wieder eine kurze Pause, bevor Kathleen den Kopf schüttelte. Ihre Miene wirkte ängstlich, weil ihr offensichtlich jetzt gerade erst klar geworden war, dass sie keine Ahnung von ihrer Identität hatte.
„ Keine Angst. Das ist vollkommen normal“, erklärte Antonio. „Dein Name ist Kathleen. Man hat dich gefunden, als du im Wald umhergeirrt bist und dabei ist es zu einem bedauerlichen Unfall gekommen.“
Antonio machte eine kurze Pause um Kathleen die Gelegenheit zu geben diese Informationen zu verarbeiten. Erst dann fuhr er fort.
„ Also gut, Kathleen“, fuhr Antonio fort. „Hör zu. Du bist von jemandem gebissen worden, den wir als Angehörigen der Herrenrasse bezeichnen. Es sind Warmblüter, die den Menschen ziemlich ähnlich sind, aber sie ernähren sich von Blut und besitzen ein Gift, mit dem sie die Menschen verändern können. Der Mann, der dich verwandelt hat heißt Jason. Er gehört zu dieser Herrenrasse und hat dich zu dem gemacht, was du jetzt bist. Es war ein bedauerlicher Unfall, aber jetzt ist es nicht mehr zu ändern. Du bist jetzt einer von meiner Art.“
Kathleens Augen weiteten sich noch mehr, als sie versuchte all die Dinge zu verarbeiten, die Antonio zu ihr sagte. Doch es war ganz eindeutig, dass es ihr ziemlich schwer fiel.
„ Bin ich…“, begann sie stockend. „Bin ich ein Vampir?“
Antonio lächelte schwach, weil er froh war, dass sie beschlossen hatte zu sprechen, und zuckte dann mit den Schultern.
„ Die Menschen würden dich wohl so nennen“, gab Antonio zurück. „Aber wir sind anders, als die Menschen glauben. Es gibt verschiedene Arten von Vampiren und die
Weitere Kostenlose Bücher