Nubila 01: Das Erwachen
einzigen, die einen Menschen verwandeln können sind die Angehörigen der Herrenrasse.“
Kathleens Blick huschte zu Laney hinüber und Antonio nickte.
„ Ja“, bestätigte er. „Sie ist eine von ihnen. Ihr Name ist Laney und sie ist die Tochter von Jason. Sie… spricht nicht viel. Wunder dich also nicht.“
Kathleen betrachtete das Mädchen eingehend und kniff die Augen ein wenig zusammen. Laney begegnete ihrem Blick jedoch ohne Angst und am Ende war es Kathleen, die wegsah, um Antonio wieder zu beobachten.
„ Du und ich, wir gehören leider nicht zu der Herrenrasse“, erklärte Antonio schließlich weiter. „Wir gehören zu den Dienern und es wird von uns verlangt, dass wir tun was immer unsere Herren uns befehlen. Du hast Glück, dass es ausgerechnet der junge Herr Jason ist, der für dich verantwortlich ist, denn er ist wirklich ein fairer Mann. Im Gegensatz zu den meisten anderen seiner Rasse respektiert er uns und behandelt uns so gerecht wie möglich.“
Kathleen schnaubte missmutig und schüttelte unglücklich den Kopf. Antonios Worte schienen für ihre Situation ein ziemlich geringer Trost zu sein.
„ Gibst du mir die Erlaubnis dich zu untersuchen?“, fragte Antonio schließlich und sah Kathleen dabei ruhig an. „Ich würde gerne deine Vitalfunktionen überprüfen.
Kathleen schien einen Moment über diese Frage nachzudenken, bevor sie nickte.
„ Reich mir bitte deinen Arm“, forderte Antonio sie auf und sie streckte ihm gehorsam ihre Hand durch die Gitterstäbe entgegen.
Antonio schluckte. Kathleen war selbst für eine Dienerin noch ziemlich hübsch, obwohl sie gerade erst aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht war und noch nicht einmal andeutungsweise erblüht war. Ihr langes, blondes Haar hing lose über ihre Schultern und betonte die Schönheit ihrer ebenmäßigen Züge. Ihre weiße Haut wirkte nicht kalkig, wie bei ihm selber, sondern sie hatte etwas von Marmor. Antonio konnte sich noch gut daran erinnern, wie Kathleen vor der Verwandlung ausgesehen hatte, doch selbst ihre eigene Mutter würde es jetzt wahrscheinlich nicht mehr schaffen sie wiederzuerkennen, so sehr hatte sie sich verändert.
Als Antonio Kathleens Arm in die Hand nahm, starrte sie ihn zwar misstrauisch an, zog ihre Hand aber nicht zurück. Antonio fühlte ihren Puls und stellte fest, dass alles ganz normal war. Kathleen hatte keinen Pulsschlag und atmete auch sehr unregelmäßig, ohne dass es ihr etwas ausgemacht hätte.
„ Du wirst dich die ersten Tage noch ziemlich fremd in deinem Körper fühlen“, sagte Antonio beruhigend. „Nichts wird mehr sein, wie du es von früher kennst. Aber du wirst dich daran gewöhnen. Alles, was dir eigenartig vorkommt, wird dir nach einer Zeit ganz normal erscheinen. Du bist jetzt kein Mensch mehr, Kathleen. Was deine Genetik angeht, bist du jetzt sogar weiter vom Menschen entfernt, als die Herren es sind. Die Herren haben sich genetisch von den Menschen abgewandelt, während wir durch die Einwirkung von Gift entstanden sind. Das macht einen bedeutenden Unterschied. Faktisch gesehen sind wir nicht einmal lebendig.“
Kathleen zog zum wiederholten Male irritiert die Augenbrauen zusammen und schüttelte dann den Kopf.
„ Ich fühle mich aber lebendig“, protestierte sie.
„ Das ist auch gut so“, gab Antonio zurück. „Ich mich auch. Ich habe ja nur gesagt, dass wir nach menschlichen Maßstäben nicht wirklich leben. Die Herren tun das schon.“
Kathleen erwiderte nichts und Antonio lächelte abermals.
„ Mach dir keine Sorgen, Kathleen“, sagte er. „Das wird schon. Du brauchst nur ein wenig Zeit, um dich an dieses neue Leben zu gewöhnen. Jason wird bald wieder kommen und sich um dich kümmern. Er ist für dich zuständig und er muss dir alles beibringen, was du wissen sollst. Er ist ziemlich gutherzig, aber dennoch ist er mit denselben Prinzipien aufgewachsen wie alle Herren. Er sieht uns nicht als gleichwertig an, sondern als eine niedere Rasse. Vergiss das nie, wenn du mit ihm zu tun hast. Zoll ihm den nötigen Respekt und ihr werdet sicherlich bestens miteinander auskommen. Ich muss jetzt wieder an die Arbeit.“
Kathleen runzelte unzufrieden die Stirn und Antonio musste ein Lachen unterdrücken. Er verabschiedete sich von Kathleen und Laney und ging dann wieder ins Haus. Eines war auf jeden Fall gewiss. Jason würde es mit Kathleen bestimmt nicht einfach haben.
Das Handy riss Jason unsanft aus dem Schlaf und er tastete sofort nach dem unliebsamen Wecker. Er
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