Nubila 01: Das Erwachen
zumindest gestattet sich die kurzen Haare ein wenig zu machen und sie sah in dem blauen Gewand sogar ziemlich hübsch aus.
Unzufrieden schlängelte Kathleen sich durch die Menge wunderschöner Vampire und reichte die Gläser herum, ohne dass sie irgendjemand wirklich bemerkt hätte. Niemand sprach mit ihr. Niemand beachtete sie. Niemand sah sie an. Niemand, außer einer.
Als Kathleen die Gläser alle verteilt hatte, drehte sie sich schwungvoll um, um Nachschub zu holen und wäre dabei fast mit Jason zusammen gestoßen. Er stand direkt hinter ihr und sie spürte seine Nähe mit jeder Faser ihres Körpers. Sie fühlte die Wärme, die seine Haut ausstrahlte und als sie kurz nach oben schaute, fiel ihr auf, dass er sie ansah. Sein Blick war durchdringend und fragend, so als wollte er sie wortlos um eine Erklärung bitten, wo sie so lange gewesen war. Unangenehm berührt senkte sie den Kopf und schüttelte leicht den Kopf. Dann drängelte sie sich an ihm vorbei und verschwand wieder in der Menge. Aber sie konnte immer noch spüren, wie sein Blick ihr folgte.
„ Was wollte der Herr von dir?“, fragte Delilah besorgt, als Kathleen wieder zu ihr zurückkam.
„ Keine Ahnung“, gab Kathleen wahrheitsgemäß zurück. „Er hat nichts gesagt.“
„ Er nimmt seine Aufgabe ziemlich ernst, was? Er hat dich heute kaum aus den Augen gelassen. Und das, wo er sich eigentlich um seine Gäste kümmern sollte.“
„ Vermutlich hat er Angst, dass ich ihn vor seinen Gästen blamiere und irgendeine Szene mache.“
„ Die Sorge ist ja auch nicht ganz unbegründet. Ich habe gesehen, wie du ihn angesehen hast. Das solltest du nicht tun, Kathleen. Nicht einmal, wenn ihr ganz alleine seid, aber erst recht nicht, wenn so viele Andere dabei sind.“
„ Wie habe ich ihn den angesehen“, fragte Kathleen spitz, während sie neue Gläser auf ihr Tablett lud.
„ Zutraulich.“
„ Das ist nicht wahr“, protestierte Kathleen. „Erstens bin ich kein Hund und zweitens mag ich ihn überhaupt nicht. Wenn er nicht gewesen wäre, dann wäre ich jetzt überhaupt nicht in dieser Lage.“
Delilah seufzte.
„ Na fein“, sagte sie. „Aber jetzt raus mit dir. Die Zeremonie fängt jeden Moment an.“
Während der Zeremonie wurden alle Diener dazu aufgefordert sich in einer Reihe an der Wand aufzustellen und absolut regungslos so zu verharren. Man gestattete ihnen zuzusehen, aber sie durften auf gar keinen Fall das Fest stören. Kathleen stand mit den anderen in einer Reihe und beobachtete interessiert das Spektakel.
Viktor und Doreen waren genauso schön gekleidet, wie der Rest ihrer Familie und unter den Augen aller stellten sie sich neben zwei schwarze Kästen, die ganz offensichtlich drapiert worden waren.
„ Sind das Särge?“, flüsterte Kathleen ungläubig und Delilah versetzte ihr einen leichten Stoß mit dem Ellenbogen.
„ Sind sie es?“, wiederholte Kathleen leise.
„ Ja“, flüsterte Delilah zurück. „Und jetzt sei still.“
Eine hübsche junge Frau, mit einem lilafarbenen Kleid trat vor und hielt dabei zwei Gläser, mit einer blauen Flüssigkeit in den Händen. Sie hatte ebenmäßige Gesichtszüge und braunes, gelocktes Haar. Sie war relativ klein, strahlte aber trotzdem eine große Autorität aus.
„ Das ist keine von den Frauen auf dem Gemälde“, stellte Kathleen leise fest und brachte Delilah damit fast um den Verstand.
„ Nein“, gab diese zurück, weil sie inzwischen zu dem Schluss gekommen war, dass es nichts bringen würde Kathleen zu schelten. „Das ist Larissa. Sie ist die Tochter von Akima, der dritten Ältesten, die momentan schläft. Offenbar hatten weder Noemi noch Marlene Lust dazu zu kommen.“
„ Viktor und Doreen“, sagte Larissa in diesem Moment laut. „Wer wird die nächsten Jahre euren Platz im Herrenhaus einnehmen?“
„ Meine Tochter, Violette“, verkündete Doreen nach einem kurzen Blick auf Viktor.
Falls Larissa über diese Entscheidung verwundert war, so ließ sie es sich zumindest nicht anmerken, sondern befahl Violette nach vorne zu treten.
„ Violette“, sagte Larissa laut und deutlich. „Dir wird die Fürsorge über dieses Herrenhaus auferlegt. Du wirst solange für das Wohl der Diener verantwortlich sein, bis dich jemand davon erlöst.“
Dann drehte sich Larissa um und wandte sich direkt an die Dienerschaft.
„ Diener des Herrenhauses“, rief sie. „Tretet vor und schwöret eurer temporären Herrin die Treue.“
Die Schlange setzte sich sofort in
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