Nubila 01: Das Erwachen
Larissa nicht eine der Ältesten, sondern nur deren Vertretung war.
„ Gibt es irgendeinen Grund, warum man euch jetzt, zu diesem Zeitpunkt den Schlaf verweigern sollte?“, fragte Larissa laut und sah dabei Doreen genau an. „Gibt es etwas, das die Ältesten wissen sollten?“
„ Nein“, gab Doreen zurück. „Ich habe mir nichts zu schulden kommen lassen und es gibt keinen Grund, warum ich meinen Schlaf nicht pünktlich antreten sollte.“
Larissa sah zu Lina hinüber und diese nickte zustimmend. Offensichtlich konnte sie keine Lüge erkennen.
„ Viktor?“, sagte Larissa auffordernd.
„ Ich habe mir nichts zu schulden kommen lassen und es gibt keinen Grund, warum ich meinen Schlaf nicht pünktlich antreten sollte“, wiederholte auch er mit fester Stimme.
Lina zog die Augenbrauen zusammen und schüttelte ein wenig unsicher den Kopf.
„ Was ist denn?“, fragte Larissa grimmig. „Lügt er?“
„ Ich bin mir nicht sicher“, gab Lina zurück. „Nicht so richtig. Aber seine Worte entsprachen auch nicht ganz der Wahrheit.“
Kathleen sah, wie Jason scharf die Luft einzog und einen Schritt nach vorne machte. Doch Cynthia hielt ihn zurück.
„ Viktor“, wandte Larissa sich wieder an Jasons Vater. „Gibt es etwas, das du uns sagen solltest.“
„ Nein“, sagte Viktor überzeugt und verschränkte dann die Arme. „Die Aussage, dass es keinen Grund für mich gibt nicht pünktlich schlafen zu gehen entspricht nur deshalb nicht ganz der Wahrheit, weil ich mir Sorgen um meinen Sohn mache.“
Alle blickten automatisch zu Jason, dessen Miene sich automatisch verfinsterte.
„ Den Unfall habt ihr bereits gemeldet“, stellte Larissa klar. „Die Neue hat ihren Schwur abgelegt. Euer Sohn wird seine Strafe erhalten und dann ist die Sache erledigt. Es gibt keinen Grund zur Sorge.…“
„ Ja“, bestätigte Viktor. „Ich weiß. Aber es wird das erste Mal sein, dass nicht Jason, sondern Violette das Herrenhaus führt. Mir ist nur einfach unwohl bei dem Gedanken jetzt schlafen zu gehen, wo mein Sohn eine so schwierige Phase durchmacht und Violette zum ersten Mal alleine die Verantwortung tragen muss.“
Lina zuckte mit den Schultern, als Larissa sie fragend ansah.
„ Alles was er sagt entspricht der Wahrheit“, sagte sie.
„ Wollt ihr eure Schlafphase lieber ausfallen lassen?“, fragte Larissa in Viktors Richtung und wirkte dabei schon ein wenig ungeduldig.
Viktor sah kurz zu Doreen hinüber, die jedoch entschieden den Kopf schüttelte.
„ Nein“, sagte Viktor daraufhin. „Jason und Violette sind erwachsen und für Simon wird gesorgt. Ich mache mir zwar Sorgen, aber die sind vermutlich unbegründet. Es wird wahrscheinlich Zeit, dass meine Kinder auf eigenen Beinen stehen.“
Larissa nickte und überreichte den beiden dann ihre Gläser. Sie tranken die Flüssigkeit in einem Zug aus und legten sich dann beide in die vorbereiteten Särge.
„ Schlafet ruhig“, sagte Larissa, während die Särge mit einem Deckel verschlossen wurden. „In zehn Jahren werden wir euch wieder wecken, auf dass ihr auf immer und ewig eure Jugend behalten möget.“
Mit nachdenklicher Miene beobachtete Jason, wie die beiden Särge in die Gruft gebracht wurden. Schlafen zu gehen war jedes Mal wieder wie eine Zeitreise. Niemand konnte wissen, wie sehr die Welt sich in zehn Jahren verändern würde. Zu schlafen bedeutete stets auch, sich wieder neu an eine Welt anpassen zu müssen, die sich immer schneller zu drehen schien. Die Menschen schienen es sich zum Ziel gemacht zu haben, in ihrer vergleichsweise kurzen Lebensspanne so viel Unfug wie möglich anzustellen, damit man sich auch ja an sie erinnerte. Sie erfanden ständig neue Dinge, zettelten Kriege an und verpesteten die Umwelt.
Doch auch die Vampire blieben vom Fortschritt nicht gänzlich unangetastet. Viele der älteren Vampire wehrten sich zwar sehr konsequent dagegen, doch Jason wusste dass auch die Herrenrasse sich fortentwickelt hatte. Vor allem die jüngeren Herren, wie er selber oder Greg, interessierten sich sehr für alles was die Menschen hervorbrachten und waren offen für Veränderungen. Viktor und Doreen hingegen fürchteten sich jedes Mal, wenn sie schlafen mussten. Sie nahmen es hin, um ihre Jugend nicht zu verlieren. Doch ein wenig Angst vor der Zukunft blieb immer. Man konnte schließlich nie wissen, was einen erwartete, wenn man nach so langer Zeit wieder erwachte.
Kapitel 14
Das Sakrileg
„ Na? Willst du mir jetzt auch wieder
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