Nubila 01: Das Erwachen
hatte sich schrecklich davor gefürchtet, wie sie auf ihn wohl reagieren würden. Natürlich hatten sich alle seine Befürchtungen bewahrheitet. Marlene hatte damals geschlafen, aber auch die anderen hatten ihn aus Prinzip schon gehasst, weil er angeblich nicht gut für Kara war. Kara war damals Marlenes Stellvertreterin, und allen war irgendwie sofort klar gewesen, dass er noch Probleme bereiten würde. Im Prinzip hatte Jason dann ja auch alle Vorurteile bestätigt, indem er mit Kara durchgebrannt war.
„ Wer ist er?“, fragte Jason interessiert, als er sah wie der Bräutigam den Gang entlang zum Altar hinüber ging.
„ Ich weiß nur, dass er Benedikt heißt“, antwortete Greg schulterzuckend. „Er kommt nicht von hier.“
Jason verzog missmutig den Mund. Die Ältesten kamen auch nicht von HIER. Sie waren zwar die meiste Zeit überall in der Welt unterwegs, aber ursprünglich kamen sie aus Frankreich. Kara hatte sogar immer einen leichten französischen Akzent gehabt. Seit einigen Jahrzehnten lebten sie jetzt aber schon in der Nähe von New York in einem großen Schloss, dass sie extra für diesen Zweck hatten erbauen lassen.
„ Also was ist?“, fragte Greg dann. „Wollen wir uns mal wieder ins Getümmel werfen?“
Jason seufzte.
„ Warum nicht. Nur weil ich es gerne so hätte wird Marlene bestimmt nicht einfach wieder verschwinden.“
Die ganze Prozedur der Hochzeit faszinierte Kathleen. Nachdem alle wichtigen Gäste eingetroffen waren, schien man sich eifrig auf die Zeremonie der Trauung vorzubereiten. Alle stellten sich langsam in Position und niemand wagte es mehr sich noch ein neues Glas zu trinken zu nehmen. Als die Diener alle leeren Gläser wieder eingesammelt hatten, hatten sie nichts weiter zu tun, als sich alle in einer langen Reihe aufzustellen und darauf zu warten, wieder gebraucht zu werden. In der Nähe der Ältesten stand das Gefolge der persönlichen Diener. Im Gegensatz zu denen von Violettes Haus waren diese in feine Gewänder gekleidet und trugen die Haare auch lang, so wie Kathleen und Antonio. Sie verhielten sich aber ganz genauso still wie alle anderen. Offensichtlich waren sie nicht da, um zu bedienen, sondern nur um den Ältesten insgesamt zur Verfügung zu stehen. Möglicherweise zu ihrem Schutz, aber das konnte Kathleen nicht genau sagen. Am Interessantesten fand Kathleen jedoch eine Dienerin, die ganz besonders nah bei dem zukünftigen Bräutigam stand und etwas mit ihm zu diskutieren schien. Sie trug ein weißes Gewand und im Gegensatz zu den anderen schien sie aus einem ganz bestimmten Grund hier zu sein.
„ Wer ist die Dienerin in weiß?“, flüsterte Kathleen zu Delilah hinüber ohne den Blick von der Tür abzuwenden.
Delilah warf einen kurzen Blick zu dem Bräutigam und verzog dann kurz den Mund.
„ Ihr Name ist Jade. Sie ist eine Art Priesterin“, sagte sie dann genauso leise. „Sie wird die Zeremonie durchführen, um das Brautpaar miteinander zu verbinden.“
Kathleen war überrascht, versuchte aber sich das nicht anmerken zu lassen.
„ Aber…“, fing sie an. „Sie ist doch nur eine Dienerin… Warum darf sie…?“
„ Sie ist nicht einfach nur irgendeine Dienerin“, erklärte Delilah leise. „Sie gehört zu den Privilegierten, weil sie eine besondere Gabe hat. Wie gesagt: Sie verbindet.“
„ Und das kann nicht jeder?“, fragte Kathleen verwirrt. Sie war bisher davon ausgegangen, dass eine Hochzeit bei den Herren nicht viel anders ablief, als bei den Menschen. Man kam zusammen, man versprach sich ewige Liebe und versuchte sich daran zu halten. Fertig.
So ein Versprechen konnte einem doch rein theoretisch jeder abnehmen.
„ Nein“, sagte Delilah leise. „So etwas können nur wenige von uns. Es ist eine ganz besondere Prozedur, für die man bestimmte Kräfte benötigt, die leider kaum welche von uns haben. Jade ist zwar nicht die einzige, aber sie hat schon die meiste Erfahrung. Ich glaube im Gefolge der Ältesten sind noch zwei andere, die die Verbindung auch beherrschen. Aber wie genau das abläuft, siehst du ja gleich.“
Kathleen versuchte nicht wieder zu Benedikt und Jade hinüberzusehen, aber ihr Blick wurde wie magisch dort hin zurück gelenkt. Jade hatte jetzt aufgehört mit dem Bräutigam zu reden und war respektvoll einen Schritt zurück getreten. Im Gegensatz zu den Dienern aus dem Hause von Violette senkte sie nicht den Blick und wie Kathleen mit einem Mal auffiel, war sie da nicht die einzige. Plötzlich kam ihr ein
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