Nubila 02: Aufstand der Diener
an der Zeltwand.
„Ja“, gab Kathleen zurück. „Ich habe es auch erst vorhin erfahren.“
„Hm“, machte Jason und drehte sich wieder zu Kathleen um.
Sein kurzes Stoppelhaar hatte er mit einem Tuch zurückgebunden, sodass er sie irgendwie an einen Piraten erinnerte. Aber Kathleen vermutete, dass das einfach nur ein Versuch seinerseits war, sich anzupassen. Die schwarzen Haare unterschieden ihn schon von weitem von den hellblonden kurzen Haaren der Diener. Er fiel zwar auch so noch durch seine dunklere Haut und seine dunklen Augen auf, aber dagegen konnte er nun mal nichts unternehmen. Er trug ein T-Shirt, das jedoch nicht seine Muskeln verstecken konnte, und hatte eine dunkelblaue Jeans an. Er wirkte athletisch und kam Kathleen absolut vollkommen vor. Schnell wandte sie den Blick ab, um die Gefühle gar nicht erst so übermächtig werden zu lassen, dass Jason sie spüren konnte.
„Wirst du damit klarkommen?“, fragte sie, um sich abzulenken.
„Mir bleibt wohl keine andere Wahl“, erklärte Jason gefasst.
„Jason …“, begann Kathleen und trat automatisch einen Schritt näher. „Du musst das nicht tun. Du könntest irgendwo warten so lange.“
„Du hast es immer noch nicht ganz verstanden, nicht wahr?“ Jason sah Kathleen traurig an. „Ich bin jetzt mit dir verbunden. Ich werde hingehen, wo auch immer du hingehst. Und du hast, als du in die Truppe aufgenommen wurdest, versprochen diese Revolution mit durchzuziehen. Das heißt, du musst gehen. Und wenn du gehst, dann gehe ich auch. So einfach ist das.“
„Aber …“
„Kathleen.“ Jason machte einen Schritt nach vorne und legte Kathleen beruhigend seine Hand auf die Wange. Seine warmen Finger fühlten sich unheimlich gut auf ihrer Haut an und sie spürte, wie sie sofort wieder rot wurde.
„Verdammt“, murmelte Jason und zog seine Hand zurück. „Tut mir leid, Kath. Ich habe ständig das schreckliche Bedürfnis dich zu berühren, aber sobald ich es tue, wird alles nur noch viel schlimmer.“
„Es müsste nicht so sein“, sagte Kathleen bekümmert.
„Doch. Das muss es“, gab Jason zurück. „Mein Körper sehnt sich nach deiner Nähe. Aber nicht mein Herz oder mein Kopf. Und ich habe nicht vor, meinen Instinkten nachzugeben. Man hat ja bei Laney gesehen, was passieren kann, wenn wir uns nicht im Griff haben. Sie hat dir die Chance auf ein menschliches Leben mit Sam genommen. Ich werde einen solchen Fehler nicht auch noch begehen.“
Kathleen nickte betrübt. Sie verstand Jason gut. Wenn es für sie eine Möglichkeit gegeben hätte, ihre Familie wieder zu haben, dann hätte sie sie ergriffen. Jason sah eine ähnliche Möglichkeit, indem er seinen Instinkten widerstand und die Verbindung zu missachten versuchte.
„Komm“, sagte Jason. „Wir sollten versuchen zu schlafen. Morgen Nacht wird ziemlich anstrengend werden. Da sollten wir ausgeruht sein.“
Kathleen nickte. So weit entfernt, wie es in dem kleinen Zelt möglich war, legten sie sich hin und drehten einander den Rücken zu. Doch während draußen langsam die Sonne aufging, schlugen ihre Herzen immer noch im regelmäßigen Gleichklang.
Kapitel 9
Der Fabriküberfall
Sobald das letzte Licht des Tages wieder verschwunden war, brachen sie auf. Jason und Kathleen sammelten ihre wenigen Sachen zusammen und verstauten sie so schnell wie möglich. Ein paar der Kaltblüter boten an, ihnen beim Tragen zu helfen, da es offensichtlich war, dass weder Kathleen noch Jason besonders lange dazu imstande sein wurden. Jeder trug, was immer er schaffte, und die Neulinge, mitsamt Anabell, waren an einer langen Kette zusammengebunden, damit sie nicht entkommen konnten. Anabell beschwerte sich in regelmäßigen Abschnitten, dass die Handschellen sie verletzten, aber es achtete niemand auf sie. Es war noch zu früh, um sie frei zu lassen und das wusste Anabell auch. Ihr Protest hatte höchstwahrscheinlich eher mit Langeweile zu tun als mit Schmerzen.
Jason war deprimiert. Durch die Verbindung war er zwar stärker geworden, aber an die physische Stärke eines Kaltblüters reichte er immer noch nicht heran. Es frustrierte ihn zu sehen, dass er selbst den Frauen unter den Dienern körperlich absolut unterlegen war. Die einzige, die jetzt nicht mehr stärker war als er, war Kathleen.
„Wir wollen das Tempo anziehen“, verkündete Gadha, die zwischen den anderen hergelaufen kam. Sie wich praktisch nie von Alexanders Seite und hatte sich offensichtlich selber zu seiner rechten Hand ernannt.
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