Nubila 05: Die letzte Schlacht
zusammengebrochen.
Leonie verdrehte die Augen.
„Du kannst ihren Namen ruhig aussprechen. Ich weiß ja, dass du ohnehin ständig an sie denkst. Denn selbst, wenn sie sich nicht mit dir verbinden wollte, so wäre sie immer noch die Tochter von deinem Cousin, und als solche gehört sie ja nun mal zur Familie, nicht wahr? Was bist du dann eigentlich? Ihr Großonkel oder so was? Ich habe da nie so ganz durchgeblickt. Aber solange sie nicht deine Schwester oder deine Tochter ist, ist es wahrscheinlich sowieso egal.“
„Leo, komm auf den Punkt. Bitte.“
Leonie verzog den Mund und seufzte dann theatralisch.
„Ist ja gut“, sagte sie dann. „Also Laney ist nicht dabei. Jason und Kathleen suchen noch nach ihr, aber es sieht aus, als wenn sie verschwunden wäre. Entweder ist sie entführt worden, davon gelaufen oder hat sich in Luft aufgelöst. Ich muss gestehen, dass man die letzte Option weitestgehend ausschließen kann. Immerhin besteht ihre Gabe im Gegensatz zu der von William nicht darin, sich unsichtbar zu machen. Weggelaufen ist sie wahrscheinlich auch nicht, weil sie nach Gadhas Aussage verletzt war. Insofern wurde sie wohl entführt. Das behauptet auch das Kind, das bei Alexander war.“
„Ein Kind?“, fragte Celia und rieb sich die Augen. „Was für ein Kind?“
Leonie lächelte breit, als sie merkte, dass ihre Geschichte die Aufmerksamkeit von Celia erregt hatte, und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie hatte das Mädchen nach der Zeremonie solange mit Spielen, Liedern und Geschichten aufgemuntert, bis diese ganz vergessen hatte, warum sie eigentlich so traurig gewesen war. Bei Greg hatte das nicht ganz so gut funktioniert, aber er musste zugeben, dass er Leonie für ihre unerschütterlich gute Laune bewunderte.
„Es ist ein Junge“, erklärte Leonie. „Sein Name ist Janish und er muss wohl der Bruder von Einar und Swana sein. Ich finde es ja komisch, dass die Outlaws alle so viele Kinder haben. Das kann doch wirklich nicht gesund sein. Die armen Frauen. Jedes Mal wieder diese Tortur Ich glaube, mir würden eins oder zwei schon reichen. Aber das muss wohl jeder selber wissen.“
„Wie alt ist Janish?“, fragte Celia mit großen Augen.
Abermals lächelte Leonie. Die Neugier war dem Kind deutlich anzumerken. Sie hatte in ihrem Leben noch nie andere warmblütige Kinder gesehen. Von den Outlaws hatte nur Swana ihre Tochter mitgebracht, und die war noch so jung, dass Celia unmöglich mit ihr spielen konnte. Die Müdigkeit von Celia schien wie fortgewischt, und sie konnte es ganz offensichtlich kaum erwarten, mehr über diesen fremden Jungen zu erfahren.
„Ich weiß nicht genau, wie alt er ist“, gab Leonie zu. „Ich schätze, sechs oder sieben. Älter ist er bestimmt nicht. Wobei ich, um ehrlich zu sein, auch sehr schlecht im Schätzen bin. Vielleicht ist er auch erst so alt wie du. Das würde mich allerdings sehr wundern, denn er ist schon etwas größer. Ich habe ihn aber auch nur ganz kurz gesehen, also …“
Sie unterbrach sich, als Celia aufsprang und sich in Windeseile die Schuhe anzog.
„Wo ist er?“, fragte sie.
„Wer? Janish?“, hakte Leonie verwundert nach. „Ich schätze mal bei den anderen Outlaws, aber … hey! Wo willst du hin?“
„Zu Janish“, erklärte Celia und war schneller verschwunden, als Leonie bis drei zählen konnte.
„Aber …“, begann Leonie, doch Greg hielt sie zurück.
„Lass sie doch gehen“, sagte er beschwichtigend. „Wir sollten froh sein, wenn es etwas gibt, das sie vom Tod ihrer Mutter ablenkt. Das kann nur gut sein im Moment. Immerhin hat Coal sich immer noch nicht wieder gefangen.“
Leonie nickte.
„Hast du schon gehört, dass er vorhatte, Menschenblut zu trinken?“, fragte sie. „Das hätte ich ihm wirklich nicht zugetraut. Er wirkte so ruhig und besonnen auf mich. Gar nicht wie ein Verrückter, der plötzlich sein Leben wegwirft.“
„Er ist auch nicht verrückt“, sagte Greg und machte sich ebenfalls daran, sich aufzusetzen. Er und Celia hatten auf dem Boden geschlafen, nur mit einer dünnen Decke geschützt. Etwas Besseres gab es hier unten leider nicht.
„Er ist nur verzweifelt …“, fügte Greg hinzu. „Und traurig.“
Als er den Kopf hängen ließ, setzte Leonie sich neben ihn und legte ihm eine ihrer kleinen Hände auf den Oberschenkel.
„Kopf hoch“, sagte sie. „Ich weiß, dass es für dich ganz schrecklich sein muss, was mit deiner Schwester passiert ist, und zusätzlich machst du dir sicherlich
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