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Nudeldicke Deern

Nudeldicke Deern

Titel: Nudeldicke Deern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Groener Anke
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eben empfänglich dafür sind, wenn man ihnen sagt, dass ihre Kinder quasi noch vor der Pubertät sterben und/oder elendig verfetten, wenn sie nicht endlich mehr Paprika essen.
    Ich glaube, genau dieses Argument macht es vielen von uns so schwer, sich für gutes Essen zu entscheiden. Keiner von uns isst freiwillig mehr Grünzeug, weil es angeblich gesund ist, genau wie niemand mit dem Rauchen aufhört, weil es ungesund ist. Ich glaube, die Menschen hören mit dem Rauchen auf, weil der Husten irgendwann nervt, weil die Klamotten stinken, weil es zu teuer ist oder weil man schwanger wird. Keiner denkt sich: «Oh, stimmt, Rauchen verursacht Krebs. Das habe ich wirklich nicht gewusst», und drückt die Kippe im Ascher aus. Genauso wenig fangen Leute an, Salat zu lieben, weil er gesund ist. Wir fangen an, Dinge zu tun, weil wir sie tun
möchten
, nicht weil wir müssen. Ich wollte irgendwann gutes Essen zu mir nehmen, weil es schmeckt, und nicht, weil ich damit vielleicht dünner oder gesünder werden würde. Und das wäre für mich auch ein viel besserer Ansatz für die ganzen Promi-Kochkurse: Kindern (und Erwachsenen) beizubringen, dass es schmeckt. Völlig egal, dass es zufällig auch noch besser für deinen Körper ist als der Glutamatklotz aus der Tiefkühltruhe.
     
    Zurück zu mir: Je weniger ich selber an mir rumgemäkelt habe, desto mehr habe ich mich in meinem Körper wohl gefühlt. Ich will nicht sagen, dass ich mich von heute auf morgen großartig fand. (Das wäre ja auch zu schön.) Ich konnte nicht von heute auf morgen abstellen, mir beim Klamottenkauf bei den Übergrößen alle Twix-Riegel vorzuwerfen, die ich jemals in meinem Leben gegessen habe. Ich konnte nicht von heute auf morgen damit aufhören, beim schnellen Seitenblick in ein spiegelndes Schaufenster zu denken, ach du Scheiße, bist du fett. Und ich konnte nicht von heute auf morgen damit aufhören, mir darüber Gedanken zu machen, was wohl der Rest der Welt von mir denkt. Das war allerdings netterweise das Erste, was weniger geworden ist. Ich habe mir selbst durch das gute, freudvolle Essen vermittelt, dass es mir gutgeht. Und wenn es mir gutgeht, ist es mir lustigerweise völlig egal, was der Rest der Welt von mir denkt. Vielleicht geht dir das ähnlich: Wenn man eine Laufmasche hat, glaubt man, sämtliche Menschen, die einem begegnen, gucken nur da hin. Wenn die Friseurin sich verschnitten hat, gucken alle nur auf meine Haare, wenn ich einen Pickel auf der Nase habe, gucken alle nur auf die Nase und so weiter und so fort. Der Körper hat so viele Stellen, mit denen man hadern kann, weswegen ich immer gedacht habe, alle gucken nur auf mich und meinen unperfekten Körper. Dabei habe ich natürlich völlig ignoriert, dass der Rest der Welt genauso selbstbezogen ist wie ich und wahrscheinlich das Gleiche denkt. Ich wiederhole mich gerne: BEKNACKT .
     
    Es gibt ein ganz einfaches Experiment, das dir diesen Blödsinn aus dem Schädel klopft. Setz dich in die nächste S-Bahn. Und anstatt in dein Buch zu schauen oder aus dem Fenster, guck mal in der Gegend rum. Guck wirklich mal intensiv, wer genau wie du in der Gegend rumguckt. Du wirst feststellen, dass es verdammt wenige Menschen sind. Denn den meisten Menschen bist du, tut mir leid, wenn ich das so hart und gleichzeitig so befreiend sagen muss: total egal. Warum sollte irgendjemand auf deinen Pickel gucken? Wahrscheinlich haben alle deine Mitpassagiere in der U-Bahn genug Probleme in ihrem eigenen Leben, an die sie denken – da ist ein Pickel auf einer wildfremden Nase aber so was von egal. Wenn du selber aufhörst, deinen Körper so wichtig zu nehmen, wirst du merken, dass du gleichzeitig aufhörst, die anderen so wichtig zu nehmen – die dich wahrscheinlich sowieso noch nie angeguckt oder verurteilt haben. Außer dämliche Frauen mit mieser Kinderstube in überfüllten Zügen.
    Und auch das Schreckgespenst Schaufenster oder Klamottenkauf lässt sich erledigen. Wenn ich jetzt an einem Schaufenster vorbeigehe, denke ich immer noch, Mann, bin ich fett, aber es ist nur eine Feststellung. Ja, ich bin fett. Na und? Dafür bin ich aber gerade auf dem Weg zu meinem tollen Job oder ins Kino oder ins Café, um Freunde zu treffen, und das ist viel wichtiger und vor allem spannender, als mich weiter mit einem Schaufenster auseinanderzusetzen. Mein Spiegelbild schockiert mich nicht mehr; es löst keine Minderwertigkeitsgefühle oder Selbsthass mehr aus. Es zeigt mich einfach nur, wie ich nun mal bin. Ganz

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