Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nuerburghoelle

Nuerburghoelle

Titel: Nuerburghoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
Vom Netzwerk:
dem oben liegenden Blatt geschrieben: ›Ich rufe Sie deswegen am Sonntag an.‹
    Das zweite Blatt ließ Böhnkes Atem stocken. Darauf stand nur: ›Bahn, fahr zur Hölle!‹

6.
    Er fühlte sich am Morgen schlapp. Trotz seines tiefen, ungestörten Schlafs kam er nicht auf die Beine. Die Energie, die er in den letzten Tagen besessen hatte, war verschwunden. Er hatte sich übernommen, schlicht zu viel gemacht, jetzt schickte ihm sein Körper die Rechnung – verfluchte Krankheit mit ihren unberechenbaren, nicht vorhersehbaren und nicht beherrschbaren Attacken. Den Sonntagsbrunch in der Gaststätte ›Zur alten Post‹, den die junge Wirtin, mit viel Skepsis beäugt, aber mit Erfolg eingeführt hatte, würde er trotz seiner Reservierung für zwei Personen nicht wahrnehmen.
    »Sag doch Bahn Bescheid«, schlug seine bessere Hälfte vor. »Er soll mit seiner besseren Hälfte zu uns in die Eifel kommen. Die können unsere Plätze beim Brunch gerne einnehmen.«
    Damit ersparte sich Böhnke nicht nur die Unannehmlichkeit, kurzfristig die Reservierung zu stornieren, sondern hatte auch die Gelegenheit, am Nachmittag, wenn er sich hoffentlich wieder etwas besser fühlte und zu Kräften gekommen war, im direkten Gespräch mit Bahn über dieses ominöse Schreiben zu reden.
    Er glaubte nicht, dass diese unangenehme Überraschung, die in der Nacht im Briefkasten gesteckt hatte, zu seinem maladen Zustand geführt hatte. Ein derartiger Drohbrief konnte ihn nicht schockieren. Dazu hatte er selbst schon zu viele dramatische, tatsächlich lebensgefährliche Situationen in seinem Berufsleben mitgemacht. Da löste diese Drohung gegen Bahn keine, seine innere Ruhe gefährdende Reaktion aus.
    Bahn nahm Böhnkes doppelte Einladung, die zum Brunch und die zum nachmittäglichen Gespräch gerne an. »Meine Frau wollte immer schon mal nach Huppenbroich«, behauptete er beim angekündigten Telefonat.
    Er habe, so meinte der Journalist, keine Ruhe gefunden und hätte sich von seiner Frau am Abend zu Böhnke aufgemacht, um ihm den Drohbrief zu geben. »Was meinen Sie dazu? Glauben Sie jetzt, dass der angebliche Rennunfall auf dem Nürburgring in Wirklichkeit ein Attentat auf mich war?«
    Böhnke wollte sich mit seiner Beurteilung Zeit lassen. »Kommen Sie zu uns, dann reden wir darüber«, antwortete er ausweichend. Er hatte sich noch einmal das Schreiben vorgenommen.
    War es tatsächlich ernst gemeint?
    »Denken Sie etwa, ich hätte mir aus Jux und Dollerei diese Drohung selbst ausgeheckt?« Bahn reagierte äußerst pikiert auf Böhnkes Bedenken.
    Seine gute Laune nach dem für ihn ausgesprochen gut schmeckenden Brunch war schnell verflogen. »Da muss ich doch tatsächlich von Düren aus durch die Welt fahren, um richtig gut essen zu können«, hatte er begeistert gesagt, als er mit seiner Frau im Hühnerstall erschien. Der Ort sei ja echt toll, hatte er gemeint. Sie hatten ihren Wagen auf dem Parkplatz hinter der Gaststätte stehen gelassen und waren zu Fuß zur Kapellenstraße gegangen.
    »Ich habe tatsächlich geglaubt, Sie hausen wirklich in einem Hühnerstall«, bekannte Gisela, die Gattin von Bahn, ehrlich. Die schlanke Enddreißigerin mit den langen, blonden Haaren erinnerte Böhnke sehr an Sabine, die Partnerin, oder sollte er besser sagen, die ehemalige Partnerin seines Aachener Freundes Tobias Grundler. Aber das war eine Sache zwischen Sabine und Tobias, in die er sich nicht einmischen würde.
    »Unsere Wohnung war ursprünglich auch ein Hühnerstall«, bestätigte Lieselotte. »Ich habe vor etlichen Jahren das Grundstück samt Stall geerbt. Wir haben uns daraus unser Feriendomizil und unseren Alterswohnsitz für die Zeit, wenn wir nicht mehr in Aachen arbeiten müssen, gezimmert.«
    ›Gezimmert‹ sei maßlos untertrieben, wie Gisela bewundernd sagte, während sie den Blick von der sonnenbeschienenen Terrasse in den Wohnbereich gleiten ließ, der von einem beeindruckenden Kachelofen geprägt wurde.
    »Alles Handarbeit«, meinte die Apothekerin stolz, »alles selbst gemacht.«
    »Sogar das Holz, das wir schlagen«, ergänzte Böhnke. »Wir haben ja ausreichend Buchen auf den Wiesen rund um unser Dorf. Wir haben jeden Winter genug zu tun, um unseren Brennstoffvorrat aufzufüllen.« Er zeigte auf die mächtigen Stapel der Buchenscheite, die an geschützten Stellen aufgeschichtet waren.
    Er biss sich auf die Lippe und ärgerte sich über seine negative Denkart. Wie lange, so war ihm durch den Kopf geschossen, wie lange würde er noch das

Weitere Kostenlose Bücher