Nuerburghoelle
eingeladenen Gäste auf. Die richtigen Fans finden Sie da draußen, außerhalb der großen Tribünen in der grünen Hölle.« Der Mann, den Bahn als seinen Kollegen Lars vorgestellt hatte, redete sich geradezu in eine Begeisterung hinein. »Da draußen, und nur da draußen, da erleben Sie den wahren Mythos Nürburgring.«
Er werde sich darum kümmern, dass Böhnke zu einigen markanten Stellen komme, mischte sich Bahn ein. »Wir haben hier einen speziellen Fahrdienst für VIPs, der bringt Sie überall hin, wohin Sie auch wollen.« Er reichte Böhnke die Hand. »Für mich wird es jetzt ernst. Siggi rollt an die Box. Wünschen Sie mir viel Glück.«
Einer Bitte der hektischen Mechaniker nachkommend, hielt sich Böhnke am äußeren Rand der großen Garage auf. Es könne ihm anderenfalls passieren, dass er im Gewusel über den Haufen gerannt oder gar überfahren werde, hatte man ihn gewarnt.
Zügig, nach Böhnkes Ansicht viel zu schnell, kam der Mercedes auf die Box zugefahren. Im letzten Moment bremste der Fahrer abrupt, und sofort sprangen mehrere Mechaniker auf den Wagen zu.
Böhnke hatte Schwierigkeiten, in dem Rennwagen eine familienfreundliche, bequeme Limousine aus dem Hause Daimler-Benz wiederzuerkennen. Nur mit viel Fantasie ließ sich das Original ausmachen. Der Rennwagen mit der Nummer 472 vor ihm war nicht nur auf der Karosserie von Werbung überhäuft, er hatte im Inneren nichts, was an einen Personenwagen erinnerte, und verzichtete sogar auf das markante Wahrzeichen des Herstellers auf der Motorhaube. Stahlrohre verliefen quer im Innenraum des Gefährts, aus dem sich aus einer schmalen, nicht gerade bequem aussehenden Sitzschale der Fahrer schälte.
Viel konnte Böhnke von Siggi nicht erkennen. Der Mann war kleiner als Bahn. Er trug einen Rennoverall, der Bahns ähnelte, und einen Helm, der das Gesicht fast völlig verdeckte. Der Helm kam Böhnke überdimensioniert vor im Vergleich zur sonstigen Rennfahrermontur.
Siggi machte sich keine Mühe, den Helm abzustreifen. Er hatte das Visier hochgeklappt und redete auf Bahn ein, der unentwegt nickte. Dann kletterte der Journalist aus Düren, mit einem kameradschaftlichen Klaps auf die Schulter versehen, in das Fahrzeug. Siggi war noch nicht einmal in der Garage verschwunden, da hatte Bahn sich schon in der Boxengasse in die Spur eingefädelt und schoss auf der Rennstrecke auf die runde Mercedes-Tribüne zu.
Wenn das mal gut geht, dachte sich Böhnke beunruhigt, während er dem Wagen hinterherschaute. Er würde dem Fahrer beide Daumen drücken.
3.
Er sehe sehr nachdenklich aus, meinte der Kollege von Bahn, der sich als Lars Krupp vorstellte. Er hatte sich von hinten unbemerkt genähert und Böhnke angesprochen, der an der hüfthohen Betonwand stand, die die Boxengasse von der Rennstrecke trennte. Die Rennwagen schossen unentwegt an ihm vorbei. Permanent überholten große und schnellere Fahrzeuge die kleineren und langsameren, die den üblichen Straßenfahrzeugen noch eher ähnelten als die Geschosse auf vier Rädern.
Böhnke nickte und wandte sich Krupp zu. »Ist schon verdammt gefährlich und nicht unbedingt mein Ding. Haben Sie denn keine Angst, sich in das irre Getümmel zu begeben?« Er betrachtete den schlanken, mittelgroßen Mann Anfang oder Mitte 30.
Krupp trug auch den Rennoverall, hatte aber den Reißverschluss über der Brust heruntergezogen. Darunter zeigte sich die weiße Schutzwäsche. »Ein bisschen Risiko ist immer dabei«, antwortete der Journalist ruhig. »Nur wenn du tot bist, gehst du keins mehr ein. So ist halt das Leben.« Er verzog sein Gesicht zu einem lakonischen Grinsen. »Aber heute spielt wenigstens einmal das Wetter mit. Das ist doch auch etwas.«
Böhnke verstand nicht. Er hatte Temperatur und Sonnenschein als typisches Frühlingswetter angesehen mit dem normalen Abschlag von vier Grad, um die die Temperatur in der Eifel üblicherweise unter der in Aachen lag.
»Das Wetter ist außergewöhnlich gut für dieses Rennen. So gut war es lange nicht mehr. Vor drei Jahren gab es sogar Anfang Mai beim Start noch Schnee. Im vorletzten Jahr sind wir die meiste Zeit im Nebel unterwegs gewesen und im letzten Jahr wurde das Rennen sogar für ein paar Stunden unterbrochen, weil es wahre Wasserfälle vom Himmel regnete.«
»Dann haben Sie also schon mehrmals mitgemacht?«, unterbrach ihn Böhnke.
»Ja, es ist das vierte Mal, dass Siggi, Helmut und ich mitfahren. Bahns Motorsportfreund macht es möglich. Der Mann hat einen kleinen
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