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Nuhr, Dieter

Nuhr, Dieter

Titel: Nuhr, Dieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuhr auf Sendung
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werden. In manch einem Fall ist vielleicht das Gehirn tot,
aber die Leber tut es noch. Das ist zum Beispiel bei unserem Nachbar über uns
der Fall, seit 20 Jahren schon! Und er fühlt sich wohl dabei.
    Möglicherweise geht der Trend ohnehin zur aktiven Teilnahme
unserer Vorfahren am Leben. Sobald die kinderlose Generation erst einmal
weggestorben ist, wird schließlich fast keiner mehr da sein. Kinderlosigkeit
bedeutet ja auch im Alter vermehrt Einsamkeit. Da macht es Sinn, zu sagen:
Unter der Erde ist der Tote praktisch nutzlos. Aber fein restauriert in der
Sitzecke sähe er noch ganz gut aus.
    Ich will auch nicht liegen, wenn es mich mal von der Stange
haut. Aktives Totsein heißt, sich senkrecht beerdigen lassen. Aufrecht zum
Jüngsten Gericht! Auf Seelenwanderung mit Gore-Tex-Schuhen. Dead Men Walking
sozusagen.
    Das ist ein Riesenmarkt, der da auf seine Erschließung wartet.
Ich bin gespannt, wie sich das in Zukunft entwickeln wird. Wenn ich es noch
lebendig erlebe. Sonst eben tot. Hauptsache ich bin dabei!
     
    Aberglaube 16. Juli 2006
    Fast zwei Wochen nach der begeisternden Fußball-WM im
eigenen Land ist mir endlich klar geworden, warum wir nicht Weltmeister
geworden sind: Weil ich zehn Minuten vor Schluss gegen Italien zu den Nachbarn
rübergegangen bin. In dieser Zeit nämlich fiel das Gegentor. Solange ich bei
uns auf der Couch gesessen habe, ist nie was schiefgegangen. Da saß der Fehler!
    Überhaupt hat in diesem Punkt das ganze Land versagt. Die
Nachbarn haben immer Bier getrunken, im Halbfinale jedoch, da hatten sie Sekt
kalt gestellt. Das musste schief gehen. Das 1:0 gegen Polen ist ja auch nur gefallen, weil ich meine
Deutschlandmütze trug. Gut, die habe ich gegen Italien natürlich auch getragen.
Aber gegen Sekttrinken und fahrlässiges Verlassen der Couch hat die magische
Kraft meiner Mütze einfach nichts auszurichten vermocht.
    Was wohl für jeden unverkennbar war: Während der WM hat
sich Deutschland praktisch in ein Land von Abergläubischen verwandelt.
Vielleicht fehlte uns einfach ein guter Schamane oder Medizinmann. Deshalb
auch die Flagge. Wenn ich nicht gegen Schweden die Flagge rausgehängt hätte,
wären wir schon gegen Schweden baden gegangen. Und so addiert sich das im
ganzen Land. Es waren einfach zu viele Italiener in Deutschland, die
schließlich ebenfalls über magische Kräfte verfügten. Und ich habe vor dem
Halbfinale gegen Italien auch noch Pizza gegessen! Ich Idiot!
    Ein unverzeihlicher Fehler. Da kannst du noch so eine magische
Wahnsinnsmütze tragen, gegen das sträfliche Verlassen der Couch und das
Verputzen von Pizza hilft das nicht das Geringste. Vielleicht allerdings war
die Kraft der Mütze schon gegen Argentinien verbraucht. Vielleicht war das
Käppchen vom Elfmeterschießen völlig erschöpft. Man weiß es nicht. Nach so
einem Sieg im Elfmeterschießen kann ich ja nicht bloß auf Verdacht die Mütze
wechseln. Vielleicht habe ich sie auch falsch herum getragen. Ich wusste nicht
mehr: Flagge nach hinten oder nach vorn?
    Jedenfalls esse ich jetzt vier Jahre keine Pizza mehr.
2010, bei der WM, werde ich ganz sicher zwei Mützen aufsetzen und
vorsichtshalber auch nicht beim Franzosen essen. Vier Jahre halte ich das aus,
nichts Spanisches, nichts Südamerikanisches, nichts Englisches. Gut, Letzteres
kostet kaum Überwindung. Genau wie der Verzicht auf Holländisches. Vier Jahre
ohne Frikandelle sollte uns der Titel schon wert sein. Ich werde mich
ausschließlich von Bratwurst ernähren, von deutscher Bratwurst! Dann werde ich
mich mit zwei oder besser noch drei Mützen, festgeschweißt an der Couch, vier
Wochen lang nur mit Bier am Leben erhalten. Da bin ich am Ende sicher: Es kann
nichts mehr schiefgehen. Danach bin ich zwar Vollalkoholiker, fettgefressen
und gesundheitlich völlig am Ende, aber wir sind Weltmeister. Wir werden sehen
...
     
    Alttestamentarische Strafen 16. August 2006
    Wer wäre nicht unzufrieden mit der Regierung, mit dem
Leben, mit der Stromrechnung? Viele meinen ja: »Wir brauchten jetzt mal einen,
der mal alles anpackt, der alles mal richtig in den Griff bekommt.«
    Die Lösung wäre natürlich so eine Art Messias. Immerhin
gibt es viele Menschen da draußen, die glauben, sie würden einen passablen
Erlöser abgeben. Fahren Sie morgens mit der U-Bahn durch Köln! Da werden Sie einige
Gestalten treffen, die behaupten, sie könnten die gesammelten Probleme des
Universums in kürzester Zeit lösen, wenn man sie nur ranließe. Trotzdem enden
die meisten

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