Nuhr, Dieter
Afrikanische? Kann man überhaupt stolz auf seine Hautfarbe
sein? Hautfarbe an sich ist ja auch keine Leistung. Man kann ja nicht dafür.
Nehmen wir mal an, der Freund des Völkischen hätte eigentlich schwarz oder
grün-gelb gestreift geboren werden sollen und dann im Mutterbauch gekämpft und
trainiert, bis er weiß war. Dann würde ich das mit dem Stolz verstehen. Aber
meist ist der Depp ja schon Sohn eines Deppen, und dann ist die Hautfarbe eben
das Einzige, was zum Stolzsein übrig bleibt.
Aber wahrscheinlich sollte man da gar nicht mit zu viel
Logik herangehen, weil Logik ein funktionstüchtiges Gehirn voraussetzen würde. Und
wenn das Hirn funktionstüchtig ist, empfindet man keinen Stolz darauf, weiß zu
sein.
Vielleicht sollte man den Nazis ihren Stolz gar nicht nehmen.
Die haben ja sonst nichts. Man sollte einen großen Park bauen, natürlich mit
einem ganz hohen Jägerzäunchen drum, damit die nicht raus können. Und innerhalb
des Käfigs können die dann marschieren und befehlen. Und die Besucher des
Parks dürfen sich das Spektakel angucken. Das wäre mal etwas anderes, eine Art
Zoo für Menschenähnliche. Und wir könnten unseren Kindern sagen: »Wenn ihr doof
seid, kommt ihr da rein.« Das würde die junge Generation aufrütteln ...
Deutscher Fußball 10. April 2005
Als Fußballfan bin ich ja eigentlich für viele
vernunftbegabte Menschen aus der Gemeinschaft intelligenter Lebewesen ausgeschlossen.
Dabei ist man Fußballfan gar nicht freiwillig. Es handelt sich um einen
frühkindlichen Defekt.
Als Düsseldorfer hat man es da gut, hat man sich doch über
die Jahrzehnte an Niederlagen gewöhnt. Andere sind enttäuscht, wenn die
deutschen Vereine im Europapokal ausscheiden. Wir Düsseldorfer nicht. Wir
wissen: Das ist normal. Die Niederlage ist der Aggregatzustand, in dem wir
aufgewachsen sind.
Die Einzigen, die international mithalten, sind die
Bayern. Das muss man so sagen, ob man das nun gern hört oder nicht. Als die
Bayern gegen Arsenal gespielt haben, war ich mit ein paar Freunden aus München
in London. Für den deutschen Fußball war das bereits ein Lichtblick. Wobei
allerdings die Frage zu klären wäre, was »deutscher Fußball« eigentlich zu bedeuten
habe.
Immerhin befanden sich fünf deutsche Spieler auf dem
Platz, vier sogar bei den Bayern, sowie zwei Engländer - einer bei Bayern,
einer bei Arsenal. Das muss die Globalisierung sein. Ich jedenfalls habe die
englischen Fußballfans weitaus besser verstanden als die bayerischen. Der
neben mir sagte immer »Jawosammahammasdann?« und diesem Lautausstoß eine
Bedeutung abzuringen, war für mich weit schwieriger als die semantische Erschließung
eines herzhaften »Fuck you fucking Germans fuck!«.
Nach dem Spiel kamen die Engländer und gratulierten zum
Weiterkommen. Für mich zeigte sich darin ein enormer Sportsgeist. Ich habe
abgewiegelt und gesagt, dass ich gar nicht mitgespielt hätte. Warum, weiß ich
auch nicht. Ich gehe an sich gern kicken, und ich finde, es müssen auch
Schwächere mitmachen dürfen. Es erscheint mir bedauerlich, dass das Antidiskriminierungsgesetz
noch nicht durch ist, sonst hätte ich mich wahrscheinlich in Bayerns
Startaufstellung reinklagen können.
Mit diesem Gesetz werden wahrscheinlich schon in naher
Zukunft auch Beinlose und Scheintote auf internationalen Fußballplätzen
auflaufen, da sie nur aufgrund ihrer körperlichen Konstitution keineswegs vom
Weltklasse-Fußball ausgeschlossen werden dürfen. Dann sind endlich alle
gleich, und das einzig gesetzlich zugelassene Ergebnis ist ein Unentschieden.
Ein Sieg für die Demokratie.
Südsee 20. April 2005
Wenn es um die Rente geht, fragt man seinen Nächsten gern:
»Wie lang hast du noch?« Ich finde es ein bisschen komisch, weil sich die Frage
anhört, als beziehe sie sich nicht auf das Ende des Arbeitslebens, sondern des
Lebens schlechthin, ganz so, als würde man mit dem Arbeitsplatz auch gleich den
Löffel abgeben, was ja selten der Fall ist. Viele gehen in Rente und leben
danach noch monatelang weiter.
Den Ruhestand stellen sich viele großartig vor. Endlich
hat man mal nichts zu tun, sondern man hat Zeit. Die einzige Beschäftigung,
der man sich fortan hingibt, ist das Überleben. Mit anderen Worten: Für
Sachbearbeiter der örtlichen Verwaltung ist der Ruhestand im Grunde die
Fortsetzung des Arbeitslebens mit anderen Mitteln.
Viele träumen von einem beschaulichen Ruhestand mit Sonne,
Sand und Südsee. Ich habe das einmal vorgetestet und bin
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