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Nuhr, Dieter

Nuhr, Dieter

Titel: Nuhr, Dieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nuhr auf Sendung
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für Sie nach Aitutaki
gefahren, das liegt bei Rarotonga auf den Cook Islands, kurz vor dem Ende der
Erdscheibe, wo die Sonne im Meer versinkt, um in der Nacht die Unterwelt zu
durchwandern, um dann im großen Ostmeer wieder aufzutauchen. Dort habe ich mal
geguckt, wie es mit dem Lebensabend unter Palmen so aussieht.
    Und ich muss sagen: Die Südsee ist wirklich Wahnsinn. Da
gibt es Sonne, Sand und Meer. Jeden Tag. Zwischendurch gibt es auch mal Palmen.
Oder man isst oder trinkt etwas. Und gleich danach gibt es wieder wieder Sonne,
Sand und Meer. Nach ein paar Tagen wacht man morgens tiefenentspannt auf und
denkt: »Was hat das Leben wohl heute zu bieten? Könnte es Sonne, Sand und Meer
sein?« Und ganz tief im Inneren ahnt man bereits, dass Sonne, Sand und Meer
unausweichlich sind. Nach ein paar Jahren dann hat man einen Ruhepuls wie ein
Leguan. Man ist zum Südseeinsulaner mutiert und in der Lage, ein paar Tage ohne
Atmung und Herzschlag durchzuhalten - aber nicht ohne Sonne, Sand und Meer.
    Im Grunde ist eine solche Lebensweise vom Tod kaum noch zu
unterscheiden. Es ist kein großer Unterschied, ob man unter der Erde liegt oder
unter Palmen. Zugegeben: Unter der Erde wird man schnell blass, weil keine
Sonne an die Haut kommt. Aber ansonsten kommt es auf dasselbe raus. Und das ist
dann auch schon der einzige Grund, warum Überleben attraktiver als der Tod ist.
Man sieht einfach besser aus.
     
    Wahnsinn 4. Mai 2005
    Wahnsinn! Heute ist alles Wahnsinn! Und wissen Sie, was
der größte Wahnsinn ist? Wenn einer, sagen wir mal, Spitzensportler ist, und
er trainiert jahrelang, bis er endlich Weltmeister wird, und dann fragt man
ihn, was das für ein Gefühl sei, Weltmeister zu sein, dann antwortet der:
»Wahnsinn!« Das ist doch Wahnsinn!
    Da arbeitet einer jahrelang auf ein Ziel hin, um nach Erreichen
des Zieles festzustellen: Wahnsinn! Das ist wahnsinnig.
    Das Wort »Wahnsinn« brachte man ja früher nicht mit
Weltmeistern und Olympiasiegern in Verbindung, sondern mit Leuten, die sich in
Klopapier einwickelten und dann auf dem Dorfplatz gackernd im Kreis hüpften. So
ein Verhalten fällt heute gar nicht mehr auf, da denkt man: »Das ist sicher
wieder so eine Aktion von Globalisierungsgegnern im Dienste der Kapitalismuskritik.
Wahnsinn!«
    Nun ist das mit dem Wahnsinn wohl auch gar nicht pathologisch
gemeint. Die meisten Menschen sind nicht wahnsinnig, zumindest nicht, bevor
sie zum Therapeuten gehen. Der Wahnsinn tritt ja oft erst dann ein, wenn der
Therapeut zur Diagnose schreitet. Das war schon immer eine häufig gestellte
Frage im Rahmen der Psychologie: Wer ist hier eigentlich krank? Immerhin
studieren viele nur deshalb Psychologie, weil sie mit den anderen Gestörten
unter sich bleiben wollen. Doch selbst unter Psychologen soll es Gesunde geben,
eine Vorstellung, die für mich ziemlicher Wahnsinn ist.
    Es gibt allerdings einige zuverlässige Symptome, die auf
eine echte psychische Störung hinweisen. Wenn Sie beispielsweise glauben, ein
Frosch zu sein, sollten Sie einen Therapeuten aufsuchen. Bleiben Sie auf dem
Weg zur Praxis bitte auf dem Bürgersteig, und gehen Sie vor allem nicht durch
den Krötentunnel!
    Wenn Sie jedoch ständig fliegende Untertassen sehen, sind
vielleicht gar nicht Sie gestört, sondern Ihre Frau. Verlassen Sie doch einfach
die Küche und warten Sie ab, bis sie sich beruhigt hat.
    Und wenn Sie dann irgendwann wieder friedlich beieinandersitzen
- und sie sagt: »Ist doch alles wieder in Ordnung, oder?«, dann antworten Sie
am besten: »Ja, Wahnsinn!«
     
    Müntes
Kapitalismuskritik n. Mai 2005
    Um es gleich zu sagen: Ich verstehe nicht viel von
Wirtschaft. Das ist in Deutschland aber normal. Wir wissen nicht genau, woher
das Geld kommt, aber wir wissen immer, wessen Geld wir gerade gerne hätten.
    Wenn zu wenig Geld da ist, kritisieren wir gerne jene, die
es herstellen, also die, die wirtschaften. Fachmann ist da Franz Müntefering:
Unternehmer seien asozial, sie kauften, wo es billig sei und versuchten, die
besten Gewinne für sich rauszuschlagen. Mit anderen Worten: Die Unternehmer
benähmen sich, als wären sie ganz normale Verbraucher. Das ist natürlich ein
Skandal.
    Nicht nur Unternehmer zieht es ja dahin, wo es billiger
ist. Dieses Verhalten hat der Unternehmer vom Verbraucher gelernt. Der fährt
kilometerweit zum Discounter, weil es dort billiger ist. Und warum ist es dort
billiger? Weil er seinem Zulieferer die Preise drückt. Der wiederum muss dann
Arbeitsplätze abbauen, sofern

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