Nuke City
ging, welche die größeren Schabengeister bewacht hatten. Er näherte sich vorsichtig, seine Wahrnehmung immer noch auf den Astralraum gerichtet.
Sie lebten, irgendwie, pulsierten vor Energie und Essenz, aber es haftete ihnen eine unbeschreibliche Fremdartigkeit an. Einige der Auren, die von den eineinhalb Meter langen Dingern ausgingen, waren kühl und konstant, andere flackerten, als kämpften sie gegen einen unsichtbaren Gegner, und der Rest ließ Echos einer Dualität erkennen, als überlappten sich zwei Geister. Es schien so, als würden sie alle sehr langsam verblassen.
Kyle erreichte den ersten Haufen, wo sechs der Bündel scheinbar achtlos übereinandergestapelt waren, so daß das unterste praktisch unter den übrigen begraben war. Er berührte eines und spürte Kühle, eine rauhe Haut und ein schwaches Wispern aus Furcht, Sehnsucht und Verzweiflung von innen. Und irgend etwas war darin - es fuhr bei seiner Anwesenheit förmlich zusammen, schlug um sich, und der Eindruck wachsender Angst verstärkte sich. Der klare Umriß einer Hand, einer Kinderhand, zeichnete sich auf der Außenhülle ab, da sie von innen drückte.
Kyle erhob sich, und Galle und Entsetzen stiegen in ihm auf. Woodhouse trat schweigend neben ihn.
»Sind das... Kokons?« fragte er leise.
Kyle nickte, während sein Blick langsam durch den Keller und über Dutzende dieser Stapel wanderte. Es waren über hundert Kokons. Enthielt jeder ein menschliches Wesen?
»Jesus Christus«, murmelte jemand.
»Können wir irgend etwas tun?« sagte Woodhouse, der die Augen nicht von dem furchtbaren Anblick abwenden konnte.
»Ich weiß es nicht«, sagte Kyle. »Aber wir müssen es versuchen...«
17
Aber sie konnten nichts hin. Stunden später saß Kyle auf dem Boden an eine der Kellerwände gelehnt und trank abgestandenen Soykaf aus einem Plastikbecher. Das grellbunte Fast food-Logo schien ihn von der Seite des Bechers zu verspotten. Er sah zu, wie Woodhouse, ein weiterer Eagle-Magier, eine junge Frau, die mit der Verstärkung eingetroffen war, sowie ein paar Sanitäter versuchten, ein kaum zehn Jahre altes Mädchen vor dem schrecklichen Tod zu retten, der die meisten der Menschen in den Kokons zu ereilen schien, sobald sie daraus befreit wurden. Der körperliche Tod kam rasch, aber die geistigen Todesqualen schienen noch lange nach den letzten Zuckungen des Körpers durch den Astralraum zu hallen.
Einige überlebten, zumindest nach streng medizinischen Maßstäben. Eine Person nach der anderen, bewußtlos und abwesend wie Mitch Truman es gewesen war, wurde in Krankenwagen abtransportiert, um anderswo eingehender behandelt zu werden, doch niemand gab sich Hoffnungen hin, was ihre Genesungsaussichten betraf.
Das Mädchen, das in einen fast embryonisch anmutenden weißblauen Schleier gehüllt war, wehrte sich gegen die sanften Hände, die ihm zu helfen versuchten. Ein Schwall Schleim sprudelte aus seinem Mund und lief über Hals, Schultern und den entblößten Körper. Wie sie es auch bei allen anderen versucht hatten, bemühten sich die Magier, auch dieses Mädchen zu heilen, die biologische Reaktion aufzuhalten, die seinen Körper zusammenbrechen ließ.
Das Mädchen stieß noch einen letzten Seufzer aus und erschlaffte dann, wobei sein Körper alles an Flüssigkeiten ausschied, was er noch enthielt. Kyle wußte genau, daß dieses Mädchen nicht leben würde. Er war zu einem Experten in dieser Frage geworden. Es wurde völlig still, und die vier schoben das Mädchen wieder in den Kokon.
Woodhouse trat ein paar Schritte zurück. Die Muskeln seiner Arme zitterten von den Anstrengungen, denen er sich unterzog. Er warf Kyle einen Blick zu, aus dem hilflose Erschöpfung sprach.
»Wir können nichts tun«, sagte Kyle.
Woodhouse nickte, aber die Magierin drehte sich zu ihnen um und sagte: »Das stimmt. Hier können wir nichts für sie tun. Laßt sie uns wegbringen. Laßt sie uns irgendwohin bringen, wo wir...«
»Es würde nicht klappen«, sagte Kyle müde.
Die Magierin wurde wütend. »Wir sind hier einfach nicht darauf eingerichtet, ihnen zu helfen. Wir müssen...«
Kyle unterbrach sie wieder, diesmal dadurch, daß er aufstand. »Es liegt nicht an uns. Es liegt an ihnen. Sie sterben auch ohne unser Zutun.« Er zeigte auf einen Stapel Kokons in der hintersten Ecke. »Die sind bereits tot. Und wir haben sie nicht angerührt.«
Als Woodhouse Kyle bei seinen Bemühungen ablöste, die Opfer der Schabengeister wiederzubeleben, hatte Kyle
Weitere Kostenlose Bücher