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Nukleus

Nukleus

Titel: Nukleus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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hinaus begehrte Junggeselle?« Komplett verrückt, nur nicht für jemanden, der das durchgemacht hatte, was gerade erst hinter ihr lag. »Luxuriöse Suiten in verschwiegenen Hotels, falsche Namen im Gästebuch, Champagner und Kaviar danach auf parfümierten Seidenlaken … Woran sonst denkt wohl eine Frau, sobald sie nur einen kurzen Blick in diese dunklen Augen geworfen hat?«
    »Das klingt eher nach Doktor Schiwago «, ging Julian auf ihr Spiel ein.
    »Was redet ihr denn da?«, meldete sich die helle Stimme des Jungen in seinem Bett. »Ich habe euch doch noch gar nicht verzaubert! Ihr tut nur so.«
    Er hatte recht, dachte Ella, Julian hatte nur so getan, aber selbst wenn ich es gemerkt hätte, wäre es mir egal gewesen.
    »Wenn Sie keine Fragen mehr haben, möchte ich jetzt weiterlesen«, verkündete Jonas.
    »Wir haben verstanden«, sagte Auster. »Das bedeutet Abmarsch, oder?« Sie sah, wie er dem Jungen zuzwinkerte. Jonas nickte schwach und sagte: »Ich bin auch etwas müde. Sie können ja draußen mit meiner Freundin weiterreden, wenn Sie wollen.« Er sah Ella an, nicht mehr schielend wie vor dem Eingriff, sondern klar und direkt. »Sie müssen ihm von der verschwundenen Frau erzählen und den Drachenmännern, die sie mitgenommen haben.«
    »Was für eine verschwundene Frau?«, fragte Julian. »Was für Drachenmänner?«
    »Das erzähle ich Ihnen draußen«, sagte Ella.
    Julian schmunzelte. »Wie kommt es bloß, dass ich das Gefühl habe, hier wäre gerade eine Verschwörung gegen mich im Gang?«
    »Keine Ahnung«, Ella öffnete die Tür und winkte Jonas zum Abschied, »aber der Klinikpsychologe wird Ihnen vermutlich eine ganze Reihe von Antworten anbieten können.«
    Wie verrückt sie damals gewesen war, immer noch völlig überdreht, ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt von der Menschenjagd, die sie nur knapp überlebt hatte. Und Julian war darauf eingegangen, spontan, als wäre er genauso verrückt. Vielleicht hatte sie sich deswegen so schnell in ihn verliebt. Vielleicht wollte sie sich aber nach dem Tod von Max auch nur ganz schnell wieder an einen Mann verlieren, an irgendeinen.
    »Sie haben mir immer noch nicht gesagt, wer Sie sind«, stellte Julian fest, als sie draußen auf dem Gang waren.
    »Ella Bach«, antwortete sie. »Ich habe hier mal als Internistin gearbeitet …«
    Für einen Moment geriet er aus der Fassung. »Die Ella Bach, die vor einigen Wochen in allen Zeitungen war? Ja, natürlich … ich erinnere mich an Ihr Bild im Fernsehen. Sie wurden wegen Mordes gesucht, und irgendwann war alles vergeben und vergessen. Was genau ist denn damals passiert?«
    Ella versuchte zu lächeln; es blieb bei dem Versuch. »Man hat mir nahegelegt, mit niemand darüber zu reden.«
    »Ich weiß noch, Sie waren plötzlich verschwunden, wie vom Erdboden verschluckt.« Julian versuchte, den scherzenden Ton wiederzufinden. »Man munkelte, Sie hätten sich aus Versehen selbst im Bauch eines Patienten eingenäht.«
    »Gerüchte«, sagte Ella. »Es war kein Versehen, es war Absicht. Ich hatte mir ein paar Feinde zu viel gemacht und wollte unbemerkt den Beruf wechseln.«
    »Um was zu werden?«
    »Bauchredner.«
    Er lachte, aber nur kurz. »Jetzt fällt es mir wieder ein: Sie haben einen Spitznamen – Bleeding Heart , oder? Haben Sie nicht auch vor einigen Jahren bei einem Kunstfehlerprozess gegen einen Anästhesisten ausgesagt?«
    »Musste leider sein«, sagte sie. »Sie haben ein gutes Gedächtnis.«
    »Sagen Sie, Frau Kollegin, hätten Sie nicht Lust, mich heute Abend zu einem Empfang zu begleiten? Eine Fund-Raising-Party für den neuen Kliniktrakt? Der Oberbürgermeister ist da, ein paar Banker, Politiker und Wirtschaftsbosse, außerdem jede Menge Film- und Theaterleute.«
    Ella fand allmählich ihr Gleichgewicht wieder, gewann festen Boden unter den Füßen. »Ich würde mich da ziemlich unwohl fühlen, vor allem nach den letzten Wochen«, sagte sie. »Falls der liebe Gott irgendwann doch nochmal auf die Idee kommen sollte, mit Blitz und Donner ein Exempel zu statuieren, wäre ich lieber nicht in der Nähe von solchen Leuten.«
    »Wissen Sie nicht, dass Ihr lieber Gott sogar Sodom und Gomorrha wegen eines einzigen Gerechten verschont hätte? Und wir sind schon zu zweit.«
    »Ihre Bescheidenheit gefällt mir.«
    »Und mir gefällt alles an Ihnen«, gab Julian zurück. »Sie dürfen sich nur nicht umdrehen und zurückschauen, sonst erstarren Sie zur Salzsäule.«
    Und Ella war nicht stehen geblieben und hatte auch

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