Null & Nichtig (Daniel & Juliet - eine Liebesgeschichte (Teil 2)) (German Edition)
muss er schon mit hunderten Frauen geschlafen haben.«
»Ich bin jedenfalls gern mit ihm zusammen«, antwortete ich vage.
Katie drehte sich auf dem Sitz zu mir. »Miss Walles, nun weichen Sie mir mal nicht aus! Wir sitzen hier noch mindestens eine halbe Stunde nebeneinander im Wagen, da werde ich wohl das ein oder andere Geheimnis aus Ihnen herausquetschen.«
Ich seufzte. »Ich finde deine Fragen ziemlich intim.«
Doch Katie ließ nicht locker. »Ich wette, er ist gut ausgestattet, oder etwa nicht?«
Ich machte ein entsetztes Gesicht, hielt schließlich meine Hände einen guten halben Meter auseinander, um seine Größe zu verdeutlichen. Dann brachen wir beide in lautes Lachen aus.
Mr. Burton schaute angestrengt nach vorn und ignorierte uns vollkommen.
Doch noch immer hatte Katie das Thema nicht beendet. »Und wie steht es mit seiner Kondition? Treibt ihr es die ganze Nacht oder macht ihr zwischendurch auch mal `ne Pause?«
Ich verbarg mein rot glühendes Gesicht zwischen beiden Händen.
»Miss Walles, sagen Sie etwas!«
Katie gab einfach nicht auf und schließlich kapitulierte ich vor ihrer Neugier: »Ja, wir treiben es die ganze Nacht wie die Tiere! Er ist so brünstig, er lässt mich überhaupt nicht mehr schlafen.« Dann schwieg ich wieder und legte den Kopf auf die Knie, damit sie mein Gesicht nicht sah.
»Das habe ich mir schon gedacht. Darum siehst du so ausgezehrt aus! Lässt er dich auch manchmal oben liegen oder übernimmt er die ganze Arbeit lieber selbst?«
»Bitte, das geht wirklich zu weit, Katie. Ich will nicht mehr über Daniel sprechen, warum sprechen wir nicht lieber über dich? Wie kommt es, dass du mit zwei heißen Sportstudenten die Wohnung teilst? Ist dir ein Mann etwa nicht genug?«
Sie kicherte. »Nein, ich überlege gerade, wo ich Steve unterbringen soll, langsam wird meine Wohnung zu klein.«
»Trefft ihr euch alle zusammen oder habt ihr einen Stundenplan?«
Wir blödelten noch eine Weile weiter so herum, ich relaxte ein wenig und unsere Albernheiten ließen mich die Anspannung und das Herzklopfen vor der heutigen Premiere fast vergessen. Als wir vor dem Theater ankamen, waren wir beide bester Stimmung.
Kurz vor der Vorstellung erfasste mich dann doch das Lampenfieber. Auch nach hunderten Auftritten war es etwas Besonderes, zum allerersten Mal eine Vorführung zu geben. Und bei einer Solorolle konnte man seine eigene Unruhe schlecht überspielen, mit niemand anderem teilen.
Dies war der Moment, von dem ich immer geträumt hatte. Meine erste Hauptrolle! Die ganzen Anstrengungen der vergangenen Tage und Wochen, der Mord, selbst meine Beziehung mit Daniel – das alles war in diesem Moment unwichtig. Alles, was jetzt zählte, war dieser eine Auftritt.
Als sich die Bühnenbeleuchtung auf mich richtete, spannte ich konzentriert meinen Körper an. »Viel Glück! Ich weiß, du wirst es schaffen«, flüsterte mir Erik von der Seite zu. In meinem Gesicht erstrahlte ein Lächeln und obwohl es zur Rolle gehörte, war es doch ernst gemeint.
Die nächsten neunzig Minuten verliefen wie im Rausch. Meine gesamte Konzentration richtete sich einzig auf die jeweilige Szene, ich tanzte, sprang, drehte mich und rannte auf der Bühne, sang und schauspielerte und tat alles gleichzeitig. Dabei achtete ich nur auf meine eigene Darbietung, die Mittänzer und die Musik, alles andere um uns herum verschmolz zu einem grauen Nebel, war vollkommen unbedeutend und entzog sich fast schon meiner Wahrnehmung. Dabei verausgabte ich mich, wie noch nie zuvor in meinem Leben, nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Beim Abschlusssong, mit dem ich so lange gehadert hatte, standen mir die Tränen in den Augen.
Als sich der Vorhang schließlich senkte, konnte ich mich vor Entkräftung kaum noch auf den Beinen halten, meine Verfassung war wohl am ehesten mit Schlafwandeln zu vergleichen, ich bewegte mich wie im Traum, nahm meine Umgebung kaum noch wahr. Alles kam mir unwirklich und nebensächlich vor.
Schweißüberströmt, heiser und mit einem verstauchten Zeh verbeugte ich mich zum wiederholten Mal vor dem applaudierenden Publikum. In der ersten Reihe sah ich Daniel, er war aufgestanden und klatschte wie die meisten Zuschauer.
Ich schickte ihm einen Luftkuss hinüber und war sicher, er wusste, dass dieser Kuss nur ihm galt. In jenem Augenblick hätte ich nicht glücklicher sein können.
»Miss Walles, ein Foto bitte. Drehen Sie sich nach links!« Die Pressefotografen ließen mir noch immer keine Ruhe.
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